Schattenblick →INFOPOOL →SPORT → BOXEN

PORTRAIT/075: Promoter Klaus-Peter Kohl feiert 65. Geburtstag (SB)


Ein hanseatischer Kaufmann und Boxenthusiast


Der Hamburger Promoter Klaus-Peter Kohl feiert seinen 65. Geburtstag. In einem Vierteljahrhundert baute er die Universum Box-Promotion zu einem der beiden bedeutendsten deutschen Boxställe auf. Für Kohl gehören die Jahre zähen Aufbaus mit ihren Investitionen, kühn entworfenen Perspektiven und dem unablässigen Ringen um nationale wie internationale Anerkennung der Vergangenheit an. Längst wirft die kräftezehrende Diplomatie Gewinn ab, ist der wohlhabende hanseatische Kaufmann zum führenden Boxveranstalter Europas aufgestiegen. Der Familienvater könnte es ruhiger angehen lassen, wirft doch sein Boxstall beträchtlichen Gewinn ab. Kohl sei kreditwürdiger als der HSV, heißt es in Hamburger Wirtschaftskreisen. Er sei bei Banken über jeden Zweifel erhaben.

Doch Klaus-Peter Kohl denkt nicht daran, die Ernte jahrelanger Mühe zu vernachlässigen oder gar dem Boxsport, der ihm ans Herz gewachsen ist, den Rücken zu kehren. So fließen die Millionen zurück ins Geschäft, wo sich die Verhältnisse längst umgekehrt haben: Heute klopfen bedeutende Promoter wie Bob Arum, Cedric Kushner oder der Brite Frank Warren an, um mit Europas Nummer eins Verträge auszuhandeln.

An Großzügigkeit hat es Klaus-Peter Kohl nie gemangelt, ja sie dürfte ein maßgeblicher Schlüssel seines Erfolgs gewesen sein. Gegnerische Boxer und deren Manager wurden stets ausgezeichnet dotiert und betreut. Man erinnert sich an diese Gastfreundschaft und reibungslose Organisation und pflegt den Kontakt. Kohl ist sich bewußt, daß diese persönliche Beziehung ein entscheidender Mechanismus in der Branche ist, und insbesondere in den USA die direkte Verhandlung mit Entscheidungsträgern bevorzugt wird.

"Er ist der erfolgreichste deutsche Box-Promoter, noch vor Wilfried Sauerland", befindet Jean-Marcel Nartz, der einst für Sauerland gearbeitet hat und seit sechs Jahren für Kohl tätig ist. "Beide, Sauerland wie auch Kohl, haben das deutsche Berufsboxen in den 1980er Jahren vor dem Aussterben bewahrt", erklärt Nartz. Zwischen beiden Veranstaltern hat der technische Leiter einen prägnanten Unterschied ausgemacht: "Sauerland versucht Problemen aus dem Weg zu gehen, Kohl packt sie offensiv an." Seine Kämpfernatur half ihm auch, 1997 einen schweren Autounfall, bei dem er einen vierfachen Beckenbruch sowie weitere 22 Knochenbrüche davontrug und anschließend neun Tage im Koma lag, zu überleben. "Das Leben ist wie Boxen. Man muß Schläge verkraften können und geht auch mal zu Boden. Aber man muß immer wieder aufstehen", sagt Kohl.

Der gelernte Speditionskaufmann, der seine Millionen vor allem mit Imbiß-Gastronomie, Spielhallen und Immobilien gemacht und vermehrt hat, hatte stets eine besondere Affinität zum Boxen. Er begann als Zeitnehmer am Ring. Von 1984 bis 1987 war er als Vizepräsident und Präsident des Bundes Deutscher Berufsboxer ehrenamtlich aktiv, von 1987 bis 1990 war er Vizepräsident der Europäischen Box-Union. Um seine Passion mit Leben zu erfüllen, mußte er zunächst tief in die eigene Tasche greifen. So standen 150.000 Mark Verlust nach seiner ersten Boxveranstaltung am 24. Februar 1984 in der Alsterdorfer Sporthalle zu Buche.

Der Fall der Mauer 1989 läutete für das Profiboxen in Deutschland eine neue Ära ein. "Die Grenzöffnung war ein erster Schritt Richtung Europa", meint der Hamburger: "Entscheidend ist die Qualität der Boxer und nicht die Nationalität." Die Ostdeutschen Henry Maske und Axel Schulz brachten beim Kontrahenten Wilfried Sauerland und durch RTL den Sport in eine neue Dimension. Kohl hatte in dem eingebürgerten Polen Dariusz Michalczewski seinen ersten herausragenden Kämpfer und das Glück, daß der Privatsender Premiere dessen Auftritte übertragen wollte: "Dadurch konnte ich den Boxstall richtig aufbauen."

Markus Bott hieß 1993 sein erster Weltmeister. Dariusz Michalczewski, Graciano Rocchigiani, Vitali und Wladimir Klitschko, Regina Halmich, Felix Sturm und viele weitere erfolgreiche Akteure prägten das Boxunternehmen. 277 Profiveranstaltungen stehen bislang zu Buche, 23 männliche und neun weibliche Champions hat der Boxstall mittlerweile hervorgebracht. Derzeit stehen bei Universum und Spotlight 44 Boxer unter Vertrag, darunter zehn Weltmeister. Mit Fritz Sdunek und dessen Nachfolger Michael Timm verfügt Kohl über zwei international anerkannte Experten ihres Fachs, die an der Spitze eines Trainerteams unablässig Talente an die Weltspitze heranführen, die sich dort eindrucksvoll in Szene setzen.

Im Jahr 2002 kürte die renommierte Fachzeitschrift "The Ring" Universum zum weltweit erfolgreichsten Boxunternehmen. Zudem wurde Kohl in die "World Boxing Hall of Fame" in Los Angeles aufgenommen. Der Hamburger war der zweite Deutsche nach Max Schmeling, der Einzug in die Ruhmeshalle hielt, wobei der frühere Schwergewichtsweltmeister erst 1982 von einem Gremium internationaler Boxexperten auf diese Weise gewürdigt worden war. Wie der Generalmanager der "World Boxing Hall of Fame", Alex Camponovo, erklärte, habe sich Klaus-Peter Kohl diesen Platz mehr als verdient. In Europa sei er die Nummer eins und auch in Amerika inzwischen in aller Munde.

Anfang November 2002 sorgte der Universum Boxstall bei der 15. Convention der World Boxing Organisation (WBO) in Panama City für ungewöhnliches Aufsehen. Damals wurde das von Klaus-Peter Kohl seit fast zwei Jahrzehnten geführte Unternehmen mit den fünf wertvollsten Auszeichnungen des 1988 gegründeten Weltverbandes geehrt. Das hatte es seit Bestehen der WBO noch nicht gegeben.

Im April 2003 wurde Kohl in den Vereinigten Staaten von der "Boxing Writers Association of Amerika" (BWAA) zum "Manager des Jahres" gewählt. Er war damit der erste Europäer, dem man diesen Titel zusprach. "Ich habe schon viele Auszeichnungen bekommen, doch das ist meine wertvollste", sagte Kohl bei der Zeremonie.

Die Kasse klingelt, vor allem wenn Boxen im Fernsehen als Großereignis präsentiert wird. "Geld verdienen kann man nur mit Fernsehen", unterstreicht Klaus-Peter Kohl, der seit 2002 mit dem ZDF zusammenarbeitet. Der öffentlich-rechtliche Sender überträgt die Veranstaltungen des Hamburger Boxstalls zunächst bis 2010 und zahlt bis zu 20 Millionen Euro pro Jahr.

Kohl darf mit Fug und Recht als Prototyp eines gewieften hanseatischen Kaufmanns gelten. "Wenn er morgens etwas investiert, will er am Abend einen Gewinn sehen", meint Nartz. Kohl selbst behauptet von sich, ihn ziehe keiner über den Tisch. Davon können seine Boxer ein Lied singen. Ein Sturkopf sei er, wenn es um Verträge und Kampfbörsen geht, weiß Regina Halmich zu berichten. "Aber er ist auch kompromißbereit, wenn andere ihn überzeugen können", sagt Nartz und spricht respektvoll über das Temperament seines Chefs.

Während Kohl beruflich außerordentlich erfolgreich tätig ist, lebt er privat zurückgezogen und hat in dieser Hinsicht nie für Schlagzeilen gesorgt. Sein Familienleben gehe niemanden etwas an, erklärt er unumwunden. Mit Ehefrau Ute ist Kohl seit über 40 Jahren glücklich verheiratet, Tochter Gabi hat ihn inzwischen zum Großvater gemacht. Schwiegersohn Dietmar Poszwa ist in den Familienbetrieb eingestiegen und wird als Nachfolger ausgebildet. Er leitet das 2003 gegründete Tochterunternehmen Spotlight Box-Promotion und soll den ganzen Laden in zwei Jahren übernehmen. "Es wird anders laufen, aber nicht zwangsläufig schlechter", so Kohl. Das letzte Wort, so meinen viele, wird der Unternehmensgründer aber auch noch in 20 Jahren haben.

3. Mai 2009