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MELDUNG/077: George Foreman beklagt Langeweile im Schwergewicht (SB)



Exweltmeister hält Chambers für chancenlos gegen Klitschko

Weltmeister Wladimir Klitschko geht heute abend im Düsseldorfer Stadion mit deutlichen Größen- und Gewichtsvorteilen in seine Titelverteidigung gegen den sechs Jahre jüngeren Eddie Chambers. Während der Champion der Verbände WBO, IBF und IBO beim Wiegen rund 32 Stunden vor dem Kampf 111 Kilo auf die Waage brachte, wog der 15 Zentimeter kleinere US-Herausforderer Chambers nur 95 Kilo. Der Ukrainer tritt mit einer Bilanz von 53 Siegen (47 K.o.) und drei Niederlagen an. Für seinen Gegner, der die Rangliste der WBO anführt und bei der IBF an Nummer drei notiert wird, stehen 34 Siege (18 K.o.) und eine Niederlage zu Buche.

Dennoch warnte Klitschkos Trainer Emanuel Steward eindringlich vor den Qualitäten des Herausforderers: "Wir haben vor Chambers großen Respekt. Ich denke, er ist besser als David Haye oder Alexander Powetkin, er ist der Beste, gegen den Wladimir je gekämpft hat", erklärte der 65jährige. "So viel Respekt hatten wir noch nie vor einem Gegner. Er ist sehr scharfsinnig und smart. Die einzigen, die ihm Probleme machen werden, sind die Klitschkos."

Unterdessen kündigte Eddie Chambers' Trainer Rob Murray etwas Außergewöhnliches für den Kampf gegen Wladimir Klitschko an: "Es wird etwas sehr, sehr Spezielles zu sehen geben", sagte Murray, der seinen Schützling für den komplettesten Boxer hält, mit dem er je gearbeitet hat, und von dessen Sieg er überzeugt ist: "Ich rechne damit, daß er komfortabel gewinnt."

Geht es hingegen nach dem ehemaligen Weltmeister George Foreman, ist Eddie Chambers derzeit vielleicht der beste Amerikaner, doch mit seiner Größe von 1,85 Meter und nur 95 Kilo Gewicht für heutige Verhältnisse körperlich zu unterlegen. Egal, wie schnelle Hände er habe, Klitschko werde ihn regelrecht erdrücken. Wie der 61jährige im Interview mit der Zeitung Die Welt grundsätzlich monierte, fehle dem Schwergewicht derzeit die harte Konkurrenzsituation früherer Jahre. Die Klitschkos seien zweifellos gute Boxer, die nicht nur eine imponierende Statur besäßen, sondern auch über eine erstklassige Ausbildung verfügten. Da es ihnen seit dem Rücktritt von Lennox Lewis jedoch an erstklassigen Gegnern fehle, sei der Königsklasse die Spannung abhanden gekommen. Die Klitschkos hätten so gut wie alle geschlagen, und ihre wenigen Niederlagen lägen Jahre zurück. In den vergangenen fünf Jahren hätten die beiden keinen ebenbürtigen Gegner mehr vor den Fäusten gehabt.

Ob Ray Austin oder Kirk Johnson, Lamon Brewster, Samuel Peter, Chris Arreola oder Larry Donald, Calvin Brock und Sultan Ibragimow - alle seien nach demselben Muster geschlagen nach Hause geschickt worden. Die Klitschkos machten ihre Sache perfekt, denn wer dem Gegner seinen Stil aufzwingt, gewinnt verdient. Auch Boxer wie der frühere Weltmeister Nikolai Walujew und der aktuelle WBA-Champion David Haye, die für viele Fans in Europa als attraktive Gegner gelten, haben nach Foremans Ansicht gegen die Ukrainer keine Chance, wenn man einmal von einem Zufallstreffer absieht.

Früher sei die Qualität im Schwergewicht insgesamt besser gewesen. Zwar waren Joe Frazier und Mike Tyson nicht größer als Chambers, doch absolute Ausnahmeerscheinungen, weil sie sich mit vielen guten Boxern messen mußten, von dem phantastischen Muhammad Ali ganz zu schweigen. Es habe immer Zeiten gegeben, in denen es auch im Schwergewicht nicht perfekt lief. Daher müsse man eben warten und mit dem zufrieden sein, was man vorfindet.

Für den Mangel an erstklassigen Schwergewichtlern in den USA gebe es viele Gründe. Um im Boxsport Erfolg zu haben, müsse man sich sehr lange quälen, ohne daß man deswegen zwangsläufig viel Geld verdienen könne. Wer über die körperlichen Voraussetzungen verfüge, spiele eher Basketball oder American Football oder gehe zum Wrestling. Abgesehen davon gebe es tausend Gründe, sich nicht zu quälen, so Foreman.

Er bedauere sehr, daß sein Freund Jermain Taylor beim Turnier der besten Supermittelgewichtler ausgestiegen ist. Ihm habe er mehr zugetraut, doch sei seine Niederlage gegen Arthur Abraham leider eindeutig gewesen. Abraham kenne er zwar zu wenig, um sich ein Urteil über ihn zu erlauben, doch scheine er ein Killer zu sein.

Darauf angesprochen, daß er selber ja auch ein Killer im Boxring gewesen, später Prediger geworden sei und heute erfolgreich Tischgrills mit dem Slogan "Schlag dein Fett k.o." verkaufe, erwiderte Foreman: "Alles hat seine Zeit. Wichtig ist, daß man das, was man macht, mit Freude erledigt."

20. März 2010