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MELDUNG/088: Ruslan Tschagajew rüstet sich für den Australier Kali Meehan (SB)



Sieger des Schwergewichtsduells darf WBA-Weltmeister herausfordern

Der ehemalige WBA-Weltmeister im Schwergewicht, Ruslan Tschagajew aus dem Hamburger Universum-Boxstall, kehrt am 22. Mai nach fast einem Jahr Pause in den Ring zurück. In der Rostocker Stadthalle trifft der Usbeke auf den australischen ehemaligen WBO-Titelherausforderer Kali Meehan, der in der Rangliste der WBA einen Platz höher an zweiter Stelle geführt wird. Der Sieger dieses Kampfs wird der offizielle Herausforderer der WBA und hat das Recht, den Weltmeister innerhalb der nächsten zwölf Monate herauszufordern. Den Titel trägt derzeit der Brite David Haye, der im Dezember den Russen Nikolai Walujew aus dem Berliner Sauerland-Boxstall entthront hat und seinen Gürtel morgen in Manchester gegen den puertoricanischen Exweltmeister John Ruiz verteidigt.

Bei seinem letzten Auftritt mußte sich Tschagajew am 20. Juni 2009 in der Fußballarena des FC Schalke 04 Doppelweltmeister Wladimir Klitschko durch technischen K.o. geschlagen geben. Während der Usbeke von 27 Profikämpfen 25 gewonnen hat, bringt es Meehan auf 35 Siege in 38 Ringauftritten. Bei seinem einzigen Kampf um die Weltmeisterschaft verlor der Australier im Jahr 2004 umstritten gegen Lamon Brewster, dessen Vater später einräumte, daß eigentlich Meehan den Gürtel verdient habe. Nur einen Monat später trat Kali Meehan gegen Exweltmeister Hasim Rahman an, er ihn vorzeitig besiegte.

Universum-Chef Klaus-Peter Kohl könnte ein Erfolg Tschagajews nach diversen Rückschlägen seines Unternehmens, dem ein tiefgreifender Umbruch bevorsteht, einen Lichtblick bescheren. Kohl rechnet mit einem spannenden Kampf, da er für beide Akteure von beträchtlicher Bedeutung ist. Während dem Sieger die Chance winkt, noch einmal an der Spitze der lukrativen Königsklasse mitzumischen, dürfte der Verlierer wohl endgültig auf der Strecke bleiben. Ruslan habe seine Lehren aus der Niederlage gegen Klitschko gezogen, und da ihm hochgewachsene Gegner lägen, habe er das Zeug, sich ein erneutes Duell mit dem WBA-Champion zu sichern, meint der Promoter.

Wenngleich die Ranglisten der Verbände letzten Endes immer das Resultat mehr oder weniger willkürlicher Zuweisungen waren, existierten in der Vergangenheit doch zumindest gewisse feststehende Mechanismen, die den Auf- oder Abstieg in der Reihenfolge plausibel machten. In den letzten Jahren hat jedoch die Praxis um sich gegriffen, den allgemeinen Niedergang des Boxgeschäfts und insbesondere die Stagnation im Schwergewicht mit Arrangements zu kompensieren, die der Attraktivität bestimmter Akteure geschuldet waren oder zusätzliche Turnier- und Ausscheidungssituationen installierten.

Diese Verfahrensweise führt zwar dazu, daß die namhaftesten Akteure an der Spitze gehalten und miteinander in den Ring geschickt werden können, doch wird dadurch der Nachwuchs ausgebremst. So mündet der seit Jahren beklagte Mangel an jungen, aufstrebenden Konkurrenten in ein aus der Not geborenes Strohfeuer, in dem die verbliebenen Bestände an bekannten Boxern verheizt werden, bis sich das Publikum gelangweilt abwendet. David Haye ist in diesem Szenario insofern eine Ausnahme, als der ehemalige Champion dreier Verbände im Cruisergewicht nach seinem Aufstieg ins Schwergewicht sofort zu einem Titelaspiranten avancierte. Der Brite boxt spektakulär und belebt mit seinem Mundwerk das Vermarktungsgeschäft, was ausreichte, um sich nach seinen Pöbeleien gegen die Klitschkos und den beiden von ihm kurzfristig abgesagten Duellen mit den Ukrainern ersatzweise über Nikolai Walujew auf den Thron des WBA-Weltmeisters zu katapultieren.

Der Kampf zwischen dem 31jährigen Ruslan Tschagajew und Kali Meehan hat durchaus seinen Reiz, da beide in der Vergangenheit offensiv geboxt haben und für vorzeitige Siege gut waren. Allerdings liegt der letzte K.o.-Sieg des Usbeken beinahe vier Jahre zurück. Dieser war zwischen 2007 und 2009 Weltmeister der WBA, doch konnte er wegen einer Hepatitis-B-Infektion seinen Titel nicht gegen Nikolai Walujew verteidigen.

Der mittlerweile 40jährige Australier verfügt vermutlich nicht mehr über die erforderliche Schnelligkeit, um Tschagajew in die Enge zu treiben. Zudem sah sich Meehan nach sieben abgesagten Kämpfen und zwei Jahren ohne Ringauftritt in der zurückliegenden Zeit gezwungen, seinen Lebensunterhalt mit Hilfe verschiedener Erwerbstätigkeiten zu bestreiten, da er mit den versiegenden Einkünften aus dem Profiboxen nicht über die Runden kam. Sein usbekischer Gegner fand zwar kein Mittel, um Wladimir Klitschko zu besiegen, doch hatte er dabei durchaus gute Szenen, die Grund zur Annahme geben, daß er gegen den weniger versierten Meehan die Oberhand behalten wird.

2. April 2010