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MELDUNG/221: Jean Pascal bleibt WBC-Champion im Halbschwergewicht (SB)



Kanadier gewinnt durch Abbruch in Runde elf gegen Chad Dawson

Weltmeister Jean Pascal hat den WBC-Titel im Halbschwergewicht zum dritten Mal erfolgreich verteidigt. Der Kanadier gewann in Montreal gegen Chad Dawson aus den USA durch Abbruch in der elften Runde. Dawson wurde wegen einer tiefen Rißwunde über dem Auge für kampfunfähig erklärt, wobei Pascal zu diesem Zeitpunkt klar nach Punkten führte (108:101, 106:103, 106:103). Während der Titelverteidiger seine Bilanz auf 26 Siege bei einer Niederlage verbesserte, mußte sich der favorisierte Herausforderer nach 29 gewonnenen Kämpfen erstmals in seiner Karriere geschlagen geben.

Gegen den in Rechtsauslage boxenden US-Amerikaner ging Pascal behende zu Werke, wobei er über lange Strecken dank seiner agilen Kampfesweise Vorteile für sich verbuchen konnte. Eng wurde es für Dawson in der siebten und achten Runde, als er schwere Treffer des in Haiti geborenen Champions einstecken mußte. Im neunten Durchgang stellte ihn Pascal in den Seilen, so daß ein Niederschlag in der Luft lag. Da der Favorit kaum noch nach Punkten gewinnen konnte, mußte er nun alles auf eine Karte setzen. In der elften Runde gelang es Dawson, den Kanadier heftig zu bedrängen, der daraufhin sein Heil im Infight suchte. In dieser Situation kam es zu dem bösen, aber offenbar unbeabsichtigten Kopfstoß, dessen Folgen den Ringarzt veranlaßten, den Kampf nicht mehr freizugeben.

In der ersten Erregung über die unerwartete Niederlage unter diesen ungewöhnlichen Umständen erklärte Chad Dawsons Promoter Gary Shaw erbost, er glaube nicht an einen unabsichtlichen Kopfstoß. Seines Erachtens sei diese Aktion Absicht gewesen. Pascals Ecke habe ihren Boxer angewiesen, die letzten beiden Runden davonzulaufen. Der Ringarzt hätte den Kampf fortsetzen müssen, bei dem so viel auf dem Spiel stand, da die Gürtel der Verbände WBC und IBO sowie der Titel des Ring Magazins vergeben wurden. Auch Dawson habe weiterkämpfen wollen. Die beiden Wertungen von jeweils 106:103 gingen seiner eigenen Zählung nach in Ordnung, während die dritte Wertung von 108:101 eine Schande sei, wetterte Shaw.

Wie Chad Dawson nach seiner Niederlage sagte, halte sich sein Ärger in Grenzen. Man habe im Vertrag eine Revanche vereinbart. Wenn Pascal Weltmeister bleiben wolle, müsse er sich noch einmal stellen. Das Team des Kanadiers bestätigte diese Klausel nicht ohne zu betonen, daß man zuvor aber einen anderen Kampf bestreiten werde. Im Gespräch ist der IBF-Champion im Supermittelgewicht, Lucien Bute, der ebenfalls in Kanada lebt.

Die Niederlage ist für den bis dahin ungeschlagenen Chad Dawson und sein Umfeld desaströs, da man diesen Boxer bereits zum künftigen Weltstar hochstilisiert hatte. Zugleich wurde bekannt, daß der US-Amerikaner mit beträchtlichen finanziellen Problemen zu kämpfen hat und darüber heftige Auseinandersetzungen mit seinem Manager Mike Crisco, seinem Promoter Gary Shaw sowie seinem Berater James Prince führt. Bei Crisco handelt es sich um einen Pfandhausbesitzer, der zehn Prozent aller Einnahmen für sich verbucht, was freilich nicht ungewöhnlich ist. Dawson will sich von dem Manager trennen und hat bereits einen Prozeß gegen ihn angestrengt. James Prince, der sein Geld vor allem mit der Produktion von Rap-Musik verdient, hatte früher Anteile an Floyd Mayweather jr., den Dawson verehrt. Promoter Gary Shaw lehnt Dawsons Umfeld von Managern, Beratern und Anwälten ab, mit denen er sich ständig herumschlagen muß, und würde die langfristige Vereinbarung am liebsten in einen Vertrag über eine bestimmte Anzahl von Kämpfen umwandeln. Der einzige Mensch, auf den Chad Dawson zur Zeit noch hört, dürfte sein Trainer Eddie Mustafa Muhammad sein, für den er extra von Connecticut nach Las Vegas umgezogen ist.

Chad Dawsons Hauptproblem scheint jedoch sein verschwenderischer Lebensstil zu sein, mit dem seine Einkünfte nicht Schritt halten können. Beim Kampf gegen Jean Pascal teilte man sich die Börse, die der Sender HBO in Kanada und den USA erwirtschaftete, wobei die beiden Boxer jeweils weniger als eine Million Dollar erhielten. Dem stehen bei Dawson immense Aufwendungen für Anwaltskosten und Prozesse gegenüber, vor allem aber teure Häuser, Autos und Luxusgüter wie Schmuck und Uhren. Wie aus seinem Umfeld verlautete, imitiere er den von ihm vergötterten Mayweather auch in seinem Lebensstil, was fatale Konsequenzen habe, da seine Vermögensverhältnisse ungleich bescheidener seien.

16. August 2010