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MELDUNG/624: Auf der Suche nach Kanonenfutter für die Klitschkos (SB)



Gemeinsame Pressekonferenz mit Jean-Marc Mormeck in Paris

Auf einer gemeinsamen Pressekonferenz in Paris haben Wladimir Klitschko und Jean-Marc Mormeck Werbung für ihren Kampf gemacht, der am 10. Dezember in Düsseldorf über die Bühne geht. Der französische Herausforderer hat sich für seine Vorbereitung Kevin Rooney zur Unterstützung geholt, der zwischen 1985 und 1989 Mike Tyson zuerst als Co-Trainer und später als Cheftrainer betreut hat. Mormeck, der früher Weltmeister zweier Verbände im Cruisergewicht war, spekuliert darauf, daß der Ukrainer ein Glaskinn habe und nicht gern getroffen wird. Ob er Gelegenheit bekommt, diese Annahme zu überprüfen, darf jedoch bezweifelt werden. Der Franzose steigt als krasser Außenseiter in den Ring, und wenngleich ein Zufallstreffer nie auszuschließen ist, hat es Klitschko doch seit Jahren verstanden, sich solche Eventualitäten vom Leib zu halten.

Auch der hoch gehandelte David Haye konnte seine vollmundigen Ankündigungen nicht in die Tat umsetzten und mußte sich am Ende klar nach Punkten geschlagen geben. Mit dem inzwischen zurückgetretenen Briten hat auch Mormeck seine Erfahrungen gemacht. Zwar gelang es ihm seinerzeit, Haye in der vierten Runde auf die Bretter zu schicken, doch mußte er sich später vorzeitig geschlagen geben und dem Herausforderer seine beiden Gürtel überlassen. Sichtlich bemüht, seinen Gegner aufzuwerten, erinnerte Klitschko daran, daß es ihm selbst nicht gelungen sei, den Briten niederzuschlagen. Zweifellos nehme Mormeck den bevorstehenden Kampf sehr ernst, und sein Stil lasse sich mit dem Mike Tysons vergleichen, da er nie zurückweiche.

Im Unterschied zu David Haye, Tomasz Adamek und Jean-Marc Mormeck, die alle drei Weltmeister im Cruisergewicht waren, um schließlich ins Schwergewicht aufzusteigen und dort mehr oder minder für Furore zu sorgen, bis sie auf die Klitschkos trafen oder diese Erfahrung wie im Falle des Franzosen in Kürze machen, läßt Marco Huck seine herausfordernde Stimme vorerst noch aus dem niedrigeren Limit erschallen. Seine Ankündigung, er werde demnächst kommen und mit dem ukrainischen Brüderpaar aufräumen, hat ein Echo hervorgerufen.

Wladimir Klitschko hat dem 26 Jahre alten WBO-Champion im Cruisergewicht angeboten, ihn im Tiroler Trainingslager zu besuchen und als sein Sparringspartner Schwergewichtsluft zu schnuppern. Das war zwar nicht allzu ernst gemeint und eine Retourkutsche für Hucks jüngste Einlassung, die Leute hätten genug von den Klitschkos, die er aufmischen werde, doch zeichnet sich am Horizont eine nicht gänzlich auszuschließende Option ab. Wie der Manager der Ukrainer, Bernd Bönte, anregte, suche er für Vitali einen Gegner im Februar oder März. Sofern Huck akzeptiere, daß der Kampf von RTL übertragen wird, könne er sofort antreten.

Wer ernsthaft darüber nachdenkt, dürfte zu dem Schluß gelangen, daß dieser Kampf für Marco Huck viel zu früh käme. Wie Henry Maske als Experte der ARD kürzlich anmerkte, habe Huck derzeit keine Chance gegen die geballten Kräfte der Klitschkos. Man habe erlebt, wie es David Haye erging, der seines Erachtens höher als Marco Huck einzuschätzen sei. Zwar könne man dessen erfolgreichen Aufstieg ins Schwergewicht für die Zukunft nicht ausschließen, doch sei ungewiß, ob die Klitschkos dann überhaupt noch im Ring stünden. Auch Trainer Ulli Wegner und Promoter Kalle Sauerland haben Hucks Drang sofort gebremst und darauf verwiesen, daß im Cruisergewicht noch eine ganze Reihe namhafter Gegner auf ihn warteten.

Wenngleich auch Bernd Bönte davon ausgehen dürfte, daß er Marco Huck so schnell nicht als frisches Kanonenfutter bekommt, hat die Debatte um diese Möglichkeit zweifellos ihren medialen Reiz. Als Manager obliegt ihm nicht zuletzt die Aufgabe, die Langeweile der Ära Klitschko mit immer neuen Ingredienzen genußfähig aufzuwürzen.

27. Oktober 2011