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MELDUNG/905: Einreiseverbot für Mike Tyson in Neuseeland (SB)




Lebenslange Bezichtigung nach wie vor virulent?

Der frühere Schwergewichtsweltmeister Mike Tyson wollte im November bei einer Wohltätigkeitsveranstaltung in Neuseeland auftreten. Er darf jedoch wegen seiner Vorstrafe nicht einreisen. Der mittlerweile 46jährige Tyson war 1992 zu sechs Jahren Haft verurteilt worden, weil er eine 18jährige vergewaltigt haben soll. Das Verfahren löste seinerzeit eine heute kaum noch bekannte Kontroverse aus, da zahlreiche Hinweise darauf hindeuteten, daß der Boxer Opfer einer Vorverurteilung geworden war.

Das neuseeländische Gesetz sieht vor, Personen mit einer mehr als fünfjährigen Gefängnisstrafe keine Einreiseerlaubnis zu gewähren. Die Einwanderungsbehörde zog ein bereits erteiltes Visum zurück. Wie es nun hieß, sei die Einreiseerlaubnis zunächst trotz großer Skepsis des Premierministers John Key erteilt worden. Nach Angaben der Immigrationsministerin Kate Wilkinson möchte der Sponsor der Veranstaltung "Day of the Champions" nicht länger mit einem Besuch Tysons in Verbindung gebracht werden.

"Wir sind eine Organisation, die mit und für Kinder arbeitet. Wir würden gegen unsere Prinzipien verstoßen, wenn Mr. Tyson teilnehmen würde", erklärte John O'Connell, Vorsitzender des Sponsors "Life Education Trust" [1]. Tysons Einreiseantrag sei von einem freiwilligen Mitarbeiter eines Kinderhilfswerks unterstützt worden, der ohne Rücksprache gehandelt habe, teilte die Stiftung mit. Ein Mann mit einer solchen Geschichte hätte von Anfang an kein Visum bekommen dürfen, erklärt Regierungschef John Key inzwischen.

Die bislang vorliegenden Berichte geben keinen fundiert zu nennenden Aufschluß darüber, wer in der Kette der Entscheidungen auf Grundlage welcher Kenntnisse und Befugnisse gehandelt hat. Daher steht vorerst der Verdacht im Raum, daß es sich bei dem Entzug des bereits erteilten Visums in gewissem Umfang um eine politische Entscheidung handelt. Den Vorgang auf den angeblichen Fehler eines noch dazu marginalen Mitarbeiters am unteren Ende der Entscheidungskette zurückzuführen kann nach bisherigem Kenntnisstand nicht überzeugen. Die Annahme, Mike Tyson sei einer lebenslangen Bezichtigung unterworfen, die zwei Jahrzehnte nach seiner Verurteilung noch immer greift, harrt unter diesen Umständen weiterhin ihrer Widerlegung.

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Gegner für Ricky Hattons Comeback gefunden

Daß man die Aussage eines prominenten Boxers, er habe seine Karriere beendet, nicht auf die Goldwaage legen darf, belegt das aktuelle Beispiel Ricky Hattons. Der Brite gehört zu den erfolgreichsten und populärsten Profiboxern seines Landes und war Weltmeister der WBA, IBF und IBO im Halbweltergewicht sowie der WBA im Weltergewicht. Er hat im Laufe seiner Karriere 45 Kämpfe gewonnen und nur zweimal verloren. Im Dezember 2007 unterlag er dem US-Amerikaner Floyd Mayweather jun. und im Mai 2009 Manny Pacquiao von den Philippinen. Berücksichtigt man, daß Mayweather und Pacquiao seit mehreren Jahren als die beiden weltbesten Boxer aller Gewichtsklassen gelten, kann man Hatton zweifellos attestieren, auf höchstem Niveau gekämpft und keine Herausforderung gescheut zu haben.

Nach seinem Rücktritt im Jahr 2010 blieb der Exweltmeister aus Manchester dem Boxsport verbunden. Er leitet nicht nur seine Firma Hatton Promotions eigenhändig, sondern steht auch als Trainer seinen Mann. Hatton hat unter anderem seinen Bruder Matthew, Ryan Rhodes, Anthony Crolla, Scott Quigg, Martin Murray, Denton Vassell, Joe Murray sowie Steve Foster jun. unter Vertrag und wurde 2010 zum europäischen Promoter des Jahres gekürt. Martin Murray ist dem deutschen Publikum als Gegner des früheren Superchampions der WBA im Mittelgewicht, Felix Sturm, bekannt. Auch Matthew Hatton und Ryan Rhodes kämpften um die Weltmeisterschaft, scheiterten jedoch beide an Saul Alvarez. Das ist keine Schande, gilt der junge und dennoch sehr erfahrene WBC-Champion im Halbmittelgewicht aus Mexiko doch als Kronprinz Floyd Mayweathers und Manny Pacquiaos, was den inoffiziellen, aber bedeutungsbefrachteten Rang des weltbesten Boxers betrifft.

Man kann nur mutmaßen, in welchem Ausmaß das Scheitern seiner erfolgreichsten Schützlinge an der Schwelle zum Weltmeistertitel dazu beigetragen haben mag, Ricky Hatton im Alter von 33 Jahren aus dem sportlichen Ruhestand zu locken. Sich den Gürtel des Champions noch einmal selbst umzulegen dürfte nur eines unter diversen Motiven des Briten sein, einigen erfolgreichen, aber sehr viel mehr desaströsen Beispielen zu folgen und den Rücktritt zu widerrufen. Hatton hat sich für das Comeback am 24. November in seiner Heimatstadt Manchester viel vorgenommen und keinen leichten Aufgalopp gewählt. Er trifft auf den früheren WBA-Weltmeister Viatscheslaw Sentschenko, der 32 Siege und nur eine Niederlage auf dem Konto hat.

Sowohl Hatton als auch Sentschenko haben ihren letzten Kampf verloren, Hatton gegen Manny Pacquiao, Sentschenko im April gegen Paulie Malignaggi. Zwar gehört Sentschenko zu den schwächsten Weltmeistern im Weltergewicht der letzten Jahre, doch zollt Hatton dem 35jährigen Ukrainer Respekt. Sentschenko habe gegen Malignaggi nur wegen einer Verletzung verloren, und dies sei der einzige Makel in seiner Bilanz. Nun wolle sich der Ukrainer rehabilitieren und sei schon aus diesem Grund ein gefährlicher Kontrahent, den man keinesfalls unterschätzen dürfe, kündigt der Brite einen hochklassigen Kampf an, in dem er sein nach wie vor vorhandenes Können auf den Prüfstein legen will.

Fußnote:

[1] http://www.welt.de/sport/article109601961/Einreiseverbot-fuer-Box-Champ-Mike-Tyson.html

3. Oktober 2012