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MELDUNG/1095: Moskauer Publikum konsterniert - Lebedew unterliegt Jones (SB)




Guillermo Jones holt sich überraschend den Titel zurück

Guillermo Jones aus Panama war seit 2008 WBA-Weltmeister im Cruisergewicht, hatte seinen Titel jedoch erst zweimal verteidigt. Unter normalen Umständen hätte ihm der Verband längst den Gürtel abgenommen und die Trophäe an einen Boxer weitergegeben, der in halbwegs regelmäßigen Abstanden in den Ring steigt. Daß Jones, der bei Promoter Don King unter Vertrag steht, trotzdem noch immer Champion war, hing wohl nicht zuletzt damit zusammen, daß der Weltverband WBA seinen Hauptsitz in Panama hat.

Am 27. Oktober 2012 sollte Guillermo Jones in Moskau gegen den Interimschampion Denis Lebedew antreten. Dieser hatte sich seinen Status 2011 durch einen Sieg über den in die Jahre gekommenen US-Amerikaner James Toney gesichert und den Titel einmal erfolgreich verteidigt. Don King hatte bei der Versteigerung der Austragungsrechte am Kampf zwischen Jones und Lebedew mit 712.000 Dollar fast doppelt so viel wie sein russischer Kollege Vlad Chrunow geboten. Da Jones aber nicht geneigt war, in der russischen Hauptstadt anzutreten, reiste sein Manager nach Panama, um sich dort mit dem Champion und Don King ins Benehmen zu setzen. Die Verhandlungen gestalteten sich dem Vernehmen nach zäh, doch konnte Chrunows Angaben zufolge ein Durchbruch erzielt werden. Er könne bestätigen, daß der Kampf in Moskau ausgetragen werde. Einen Termin nannte er freilich nicht.

Wenig später gab Jones bekannt, daß er seinen Titel am 27. Oktober in Venezuela freiwillig gegen den weithin unbekannten US-Amerikaner Andres Taylor aus den USA verteidigen wolle. Offenbar war das die Bedingung dafür, daß er zu einem späteren Zeitpunkt in Moskau gegen Lebedew antreten würde. Guillermo Jones sagte jedoch auch diesen Kampf ab, worauf die WBA endlich Konsequenzen zog und ihn zum "Champion im Wartestand" herunterstufte.

Denis Lebedew, der dadurch zum regulären Weltmeister der WBA im Cruisergewicht aufstieg, konnte diesen Titel im Dezember 2012 erstmals erfolgreich verteidigen. Der 33jährige Russe bezwang den zuvor ungeschlagenen Herausforderer Santander Silgado aus Kolumbien in vier Runden und verbesserte damit seine Bilanz auf 25 Siege und eine Niederlage, die er zwei Jahre zuvor umstritten gegen Marco Huck bezogen hatte.

Als es vor wenigen Tagen endlich zum Kampf zwischen Denis Lebedew und dem inzwischen 41jährigen Guillermo Jones in Moskau kam, schien letzterer auf verlorenem Posten zu stehen. Sowohl der Altersunterschied als auch die lange Kampfabstinenz des Herausforderers aus Panama stempelten Jones in den Prognosen zum Verlierer ab. In der ersten Runde boxte der Titelverteidiger aus der Distanz, was Jones jedoch nicht daran hinderte, einige Male seine Rechte ins Ziel zu bringen. Im nächsten Durchgang dominierte Lebedew das Geschehen und verpaßte dem Gegner etliche Treffer, der sie jedoch einfach wegsteckte und in der dritten Runde sogar schwere Uppercuts ohne ersichtliche Schwächung verdaute.

Der Russe machte auch zu Beginn der vierten Runde die bessere Figur, bis Jones kurz vor der Pause einige Schläge ins Ziel brachte, die eine Schwellung über dem rechten Auge des Champions herbeiführten. Als es Lebedew dann im fünften Durchgang ruhiger angehen ließ, um sich zu erholen, setzte sich der Herausforderer sofort in Szene. Lange hielt sich der Titelverteidiger aber nicht zurück und so landete er in der Folge weiter Treffer um Treffer, die seinen Vorsprung auf den Zetteln der Punktrichter anwachsen ließen. In Runde sieben mußte Jones schwere Schläge verkraften, die kaum ein anderer Cruisergewichtler überstanden hätte. Dennoch wankte der Herausforderer nicht und sorgte mit gelegentlichen Treffern dafür, daß Lebedews rechtes Auge nahezu zugeschwollen war.

Als Jones dann in der neunten Runde die Auslage wechselte, sah Lebedew die Linke des Gegners nicht mehr kommen und mußte zahlreiche Schläge einstecken. Überdies begann auch die andere Augenpartie des Russen zuzuschwellen, der nun in Bedrängnis geriet, zu klammern begann und den Herausforderer kurz vor der Pause sogar zu Boden riß. Jetzt gab Jones die Initiative nicht mehr ab und drang unablässig auf Lebedew ein, bis dieser schließlich in der elften Runde auf die Knie ging. Ringrichter Stanley Christodulu, der dem Russen bis zuletzt die Chance offengehalten hatte, wieder in den Kampf zurückzufinden, erklärte diesen nun für beendet. [1]

So mußte sich Denis Lebedew, der zum Zeitpunkt des Abbruchs nach Punkten in Führung lag, Guillermo Jones geschlagen geben, der sich damit den Titel zurückholte. Während für den Russen nun 25 Siege und zwei Niederlagen zu Buche stehen, hat sein Gegner aus Panama 39 Kämpfe gewonnen, drei verloren und zwei unentschieden beendet. Nach einem Augenblick konsternierten Schweigens spendete das Moskauer Publikum beiden Boxern den verdienten Beifall für einen hochklassigen und spektakulären Kampf. Für Jones war es der wohl wichtigste Sieg seiner Karriere, so daß nicht auszuschließen ist, daß er sie nach diesem Höhepunkt beendet. Sollte er jedoch beschließen, sie fortzusetzen, bleibt zu hoffen, daß nicht wieder eine lange Phase verschleppter Titelverteidigungen folgt, die den Gürtel der WBA auf Jahre blockiert.

Fußnote:

[1] http://www.boxen.de/news/jones-ringt-lebedev-in-spektakulaerer-ringschlacht-nieder-26582

20. Mai 2013