Schattenblick →INFOPOOL →SPORT → BOXEN

MELDUNG/1394: ARD kündigt Ende der Zusammenarbeit mit Sauerland an (SB)




Zum Jahresende auslaufender Vertrag soll nicht verlängert werden

Für den Berliner Promoter Sauerland Event brechen offenbar magere Zeiten an, da der zum Jahresende auslaufende Vertrag mit dem Fernsehpartner ARD in dieser Form nicht verlängert wird. Der Sender begründet die Entscheidung mit "finanziell enger werdenden Perspektiven im Sportrechteetat". [1]

ARD-Programmdirektor Volker Herres zieht dennoch eine positive Bilanz der Kooperation mit Sauerland. "Wir blicken auf eine sehr gute langjährige Zusammenarbeit mit dem Sauerland-Boxstall zurück, für die ich mich herzlich bedanken möchte. Hervorragende Einschaltquoten, populäre Boxsportler sowie spannende und faire Kämpfe haben die gemeinsame Zeit geprägt. Doch bei zunehmend eingeschränkten finanziellen Rahmenbedingungen müssen wir uns in verschiedenen sportlichen Bereichen leider einschränken", so Herres. [2]

Gründe für das Ende der Kooperation sind zum einen die hohen Kosten, da der Berliner Promoter pro Jahr ca. 12 bis 15 Millionen Euro erhalten haben soll. Der Vertrag mit der ARD sah vor, daß der Boxstall mit seinen Kämpfern zehn Veranstaltungen im Jahr garantiert. Pro Samstagabend soll es je nach Anzahl der Titelkämpfe zwischen 1,2 und 1,5 Millionen Euro gegeben haben.

Die Einschaltquoten waren stabil bis gut. So erreichte der durchschnittliche Marktanteil der Kampfabende 2013 einen Wert von über 20 Prozent. Die Niederlage Abrahams gegen Robert Stieglitz im März 2013 sahen im Schnitt 4,2 Millionen Zuschauer. Die erfolgreiche Titelverteidigung Jürgen Brähmers gegen Enzo Maccarinelli Anfang April verfolgten 3,24 Millionen Zuschauer.

Hinter der von Herres angeführten Einschränkung verbirgt sich indessen kein absoluter Sparzwang, sondern eine Richtungsentscheidung. Der Sportrechteetat der ARD bewegt sich jährlich im dreistelligen Millionenbereich. Allein für die Rechte an der Fußball-Bundesliga wendet die ARD pro Saison geschätzte 108 Millionen Euro auf. [3]

In der seit Jahren geführten Kontroverse um das Profiboxen in der ARD geht es nicht nur um Finanzen. Angeführt von Ruth Hieronymi, Vorsitzende des WDR-Rundfunkrats, haben sich einige Rundfunkräte der ARD-Anstalten gegen eine weitere Zusammenarbeit ausgesprochen. "Das Ziel beim Profiboxen, den Gegner bis zur Wettkampfunfähigkeit zu schlagen, ist mit den Anforderungen des öffentlich-rechtlichen Rundfunks nicht zu vereinbaren", hatte Hieronymi kürzlich erklärt. Zudem fühlten sich andere Sportarten benachteiligt, die mit ihren Welt- und Europameisterschaften nicht mehr den Sprung ins Live-Programm der öffentlich-rechtlichen Anstalten schafften.

Im Streit um die Übertragung von Boxkämpfen bei der ARD stand die Zusammenarbeit mit Sauerland Event schon in der Vergangenheit auf Messers Schneide. So hatte die ARD im Jahr 2010 mit Sauerland einen Dreijahresvertrag abgeschlossen, der mit insgesamt 54 Millionen Euro dotiert sein sollte. Dagegen regte sich Widerstand bei den Rundfunkräten mehrerer Anstalten, allen voran das Gremium des WDR. Moniert wurde insbesondere die Höhe der Summe, wobei auch grundsätzliche Bedenken gegen die Präsentation des Boxsports geltend gemacht wurden. Die mit dem Berliner Promoter getroffene Vereinbarung erwies sich als anfechtbar, weil die ARD bei Vertragsschluß nicht die Zustimmung der Rundfunkräte der einzelnen Anstalten abgewartet hatte.

Im Juni 2011 zeichnete sich in der Kontroverse um die Fernsehrechte für "Boxen im Ersten" zwischen den ARD-Sendeanstalten und ihren Rundfunkräten schließlich ein Kompromiß ab. Nachverhandlungen führten zu der Vereinbarung, die Laufzeit zu verkürzen und die Gesamtkosten zu reduzieren. Wenngleich die Zusammenarbeit damit vorerst gesichert war, zeichnete sich doch das Ende der lukrativen Fernsehverträge mit den öffentlich-rechtlichen Sendern auch für Sauerland ab.

Möglicherweise gibt es für den Berliner Promoter aber noch einen Hoffnungsschimmer, da die Gremien der ARD-Landesrundfunkanstalten im Spätsommer beraten, ob es weiterhin Boxen auf dem Sender zu sehen gibt. "Wir haben Verständnis dafür, daß ein neuer Vertrag zu anderen Konditionen abgeschlossen werden muß", sagte Kalle Sauerland. "Wir werden in den kommenden Wochen und Monaten weitere Gespräche mit der ARD führen und sind zuversichtlich, daß wir eine für beide Seiten gute Lösung finden werden, um die sehr erfolgreiche Arbeit auch in 2015 fortsetzen zu können."

Sauerland ist seit einiger Zeit der größte Promoter Deutschlands und hat mit Marco Huck, Arthur Abraham und Jürgen Brähmer derzeit drei amtierende Weltmeister unter Vertrag. Sollte für die Boxer kein deutschsprachiger Sender gefunden werden, wird man sich bei Sauerland auf schwere Zeiten einstellen müssen. Das Schicksal des früheren Konkurrenten Universum aus Hamburg, der sich vom Auslaufen des millionenschweren Vertrags mit dem ZDF im Sommer 2010 nicht mehr erholte und in der Folge zusammenbrach, droht auch Sauerland Event, sollte der Vertrag mit der ARD nicht wenigstens auf niedrigerem finanziellen Niveau verlängert werden.


Fußnoten:

[1] http://www.boxen-heute.de/artikel/5886-vertrag-mit-ard-wird-nicht-verlaengertwie-geht-es-weiter-mit-sauerland.html

[2] http://www.spiegel.de/sport/sonst/boxen-ard-will-tv-vertrag-mit-sauerland-nicht-verlaengern-a-966622.html

[3] http://www.faz.net/aktuell/feuilleton/medien/boxen-im-fernsehen-ard-versetzt-sauerland-boxstall-den-k-o-12915443.html

30. April 2014