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MELDUNG/1405: US-Sender HBO signalisiert Interesse an Marco Huck (SB)




Lichtblick in düsteren Zeiten für Sauerland?

Begreift man Ökonomie als den Versuch, Perspektiven zu eröffnen, um Anleihen auf künftige Profite zu nehmen, tanzt folgende Meldung keineswegs aus der Reihe. Marco Hucks Promoter Sauerland-Event verhandelt offenbar mit dem amerikanischen Sender HBO, den WBO-Weltmeister im Cruisergewicht künftig auch in den USA zu präsentieren. Nach einer Zusammenkunft in einem Hamburger Restaurant, an der Marco Huck, Kalle Sauerland und HBO-Sportpräsident Ken Hershman teilnahmen, wurde letzterer mit der Stellungnahme zitiert, er sei ein großer Fan dieses Boxers. Man führe Gespräche mit seinem Promoter, um Kämpfe des Cruisergewichtlers bei HBO zu übertragen. Dank seines mitreißenden Boxstils könne Huck ein Star in den USA werden. [1]

Das Interesse des Senders dürfte darauf zurückzuführen sein, daß er sich im erbitterten Konkurrenzkampf mit Showtime verstärkt international ausrichten möchte. Im Cruisergewicht ist HBO seit jeher recht dünn aufgestellt, so daß Huck eine Lücke füllen könnte. Auf lange Sicht will man ihn aber wohl im Schwergewicht plazieren, wo er sich im Februar 2012 bei seinem bislang einzigen Ausflug in die Königsklasse gegen Alexander Powetkin beachtlich geschlagen und nur umstritten nach Punkten verloren hat. Der Aufstieg ins Schwergewicht fiele in eine Zeit, in der auch die amerikanischen Zuschauer langsam wieder Interesse an dieser Gewichtsklasse finden. Bermane Stiverne, der zwar in Haiti geboren wurde und kanadischer Staatsbürger ist, aber in den USA lebt und trainiert, hat am vergangenen Wochenende im Kampf gegen Chris Arreola den vakanten WBC-Titel gewonnen. Als Pflichtherausforderer des neuen Weltmeisters steht Deontay Wilder Gewehr bei Fuß, um nach Jahren der Abstinenz endlich wieder einen Schwergewichtsgürtel in die USA zu holen.

Kalle Sauerland bestätigte die Pläne, Huck später im Schwergewicht antreten zu lassen. Zuvor soll jedoch die Siegesserie im Cruisergewicht weiter ausgebaut werden. Man wolle interessante Kämpfe in diesem Limit veranstalten und einige davon auch in den USA präsentieren. Bei HBO kämpfen zu dürfen sei wohl ein Traum jedes Boxers.

Marco Huck, der 37 Siege, zwei Niederlagen sowie ein Unentschieden vorzuweisen hat, gehört seit mehreren Jahren zu den weltbesten Akteuren des Cruisergewichts. Seit er im August 2009 den Argentinier Victor Ramirez nach Punkten besiegt und den WBO-Titel gewonnen hat, konnte er diesen Gürtel zwölfmal erfolgreich verteidigen. Nach dem Kampf gegen den Russen Alexander Powetkin, der damals ebenfalls bei Sauerland unter Vertrag stand, hat der 29jährige gebürtige Serbe gegen den Briten Ola Afolabi einmal unentschieden geboxt und bei der Revanche gewonnen sowie Firat Arslan zweimal besiegt, dem er bei seinem letzten Auftritt im Januar in der sechsten Runde das Nachsehen gab.

Da der Berliner in den ersten Duellen mit Afolabi und Arslan vom Bonus des Weltmeisters gezehrt hatte, stellte er sich in beiden Fällen zum Rückkampf, um Vorwürfe aus dem Feld zu schlagen, seine Regentschaft lebe von der Gunst der Punktrichter. Obgleich er sich unter der strengen Anleitung Trainer Ulli Wegners in taktischer und technischer Hinsicht kontinuierlich verbessert hat, ist seine eigentliche Stärke doch die rückhaltlose Entschlossenheit und Fähigkeit, einen Kampf durch fulminante Attacken aus dem Feuer zu reißen. Damit begeistert er das deutsche Publikum und gestaltet seine Auftritte so attraktiv, daß er sich auch in den USA einen Namen machen könnte.

Wenngleich HBO seine jahrelange Vormachtstellung an den Rivalen Showtime abtreten mußte, ist der traditionsreiche US-Bezahlsender nach wie vor eine begehrte Bühne für namhafte amerikanische Boxer und ausländische Kandidaten, die auf dem lukrativen Markt Fuß fassen wollen. Für Sauerland ist das Interesse an Marco Huck eine gute Nachricht, die der deutsche Promoter bitter nötig hat. Der zum Jahresende auslaufende Fernsehvertrag mit der ARD soll aufgrund von Budgetkürzungen und internen Widerständen im Sender nicht verlängert werden. Im Spätsommer dürfte auf einem Treffen der ARD-Landesrundfunkanstalten die endgültige Entscheidung fallen, bei der Sauerland im günstigsten Fall mit reduzierten Geldern und einer relativ kurzfristigen Vertragsverlängerung davonkommen könnte.

Zum einen fühlen sich andere Sportarten benachteiligt, die selbst mit ihren Saisonhöhepunkten nicht mehr im Live-Programm der öffentlich-rechtlichen Anstalten vertreten sind. Zum anderen geht es in der seit Jahren geführten Kontroverse um das Profiboxen in der ARD nicht nur um die Finanzen. Angeführt von Ruth Hieronymi, der Vorsitzenden des WDR-Rundfunkrats, haben sich einige Rundfunkräte der ARD-Anstalten gegen eine weitere Zusammenarbeit ausgesprochen, da das Profiboxen ihrer Ansicht nach mit den Anforderungen des öffentlich-rechtlichen Rundfunks nicht zu vereinbaren ist. Sollte diese Fraktion endgültig die Oberhand behalten, sieht nach dem Zusammenbruch des Hamburger Universum-Boxstalls infolge des Ausstiegs des ZDF auch Sauerland-Event schweren Zeiten entgegen. Der Berliner Promoter streckt angesichts dieser Ungewißheit seine Fühler nach anderen Sendern aus, die den Rückzug der ARD zumindest teilweise kompensieren könnten.


Fußnote:

[1] http://www.boxen-heute.de/artikel/5961-geruechtemarco-huck-bald-bei-hbo.html

14. Mai 2014