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MELDUNG/1437: Schlachtschiff auf Schlingerkurs (SB)




Undurchsichtige Vertragsverhältnisse bei Golden Boy?

Die Umwälzung bei den Golden Boy Promotions, deren Tage als weltweit führendes Unternehmen des professionellen Boxgeschäfts gezählt sein dürften, bringt offenbar undurchsichtige Beschäftigungsverhältnisse ans Licht. Nachdem der langjährige Geschäftsführer Richard Schaefer die Firma im Streit um deren Geschäftspolitik mit dem Gründer und Hauptaktionär Oscar de la Hoya verlassen hat, wurde bekannt, daß viele der mehr als 50 Boxer, die offiziell bei der Promotion unter Vertrag stehen, gar keine Verträge unterschrieben haben. Wenngleich die genaue Zahl der vertraglich an Golden Boy gebundenen Boxer unklar ist, steht doch fest, daß die meisten mit dem Berater Al Haymon zusammenarbeiten, den man inzwischen wohl als Führungsfigur des gegnerischen Lagers bezeichnen muß.

In einer Erklärung ging Oscar de la Hoya nicht auf die Anzahl und Namen jener Akteure ein, die gar keine Verträge mit seinem Unternehmen haben. Statt dessen sprach er von einer Menge Boxer, die man zweifelsfrei vertraglich verpflichtet habe. Dazu gehörten beispielsweise Robert Guerrero oder Jesus Soto Karass, die beide an diesem Wochenende bei einer Veranstaltung in Carson in den Ring stiegen. Hinzu kämen natürlich Saul "Canelo" Alvarez, Leo Santa Cruz, Abner Mares und noch einige mehr. Daher habe man alle Hände voll zu tun, um Veranstaltungen zu planen und Kämpfe zu vereinbaren. Er habe seine Vision, die besten Kämpfe für die Fans auf die Beine zu stellen, mit der Gründung der Golden Boy Promotions umgesetzt und werde auch weiter daran arbeiten.

Alles gehe weiter, da man mit Vollgas in die Zukunft starte. Er freue sich auf die Großveranstaltung an diesem Wochenende mit dem Sender Showtime. Daneben habe man natürlich auch die Termine mit Fox, die es vorzubereiten gelte. Der Zeitplan sei prall gefüllt, da bereits am 12. Juli mit dem Kampf zwischen Saul Alvarez und Erislandy Lara die nächste spektakuläre Show anstehe. Gegenwärtig gehe es einfach darum, die losen Enden wieder zusammenzufügen und zeitnah neue Kämpfe anzukündigen. Er sei jedenfalls sehr gespannt auf die Zukunft von Golden Boy.

Während Oscar de la Hoya um Schadensbegrenzung bemüht ist und Vertrauensverlust abwenden will, schweigen die Boxer größtenteils, was ihre vertragliche Situation betrifft. Robert Guerrero verweigerte jedenfalls einen Kommentar, doch Jesus Soto Karass ließ immerhin durchblicken, daß sein Vertrag mit dem aktuellen Kampf ausläuft. [1]

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Absurde Unterschiede bei den Kampfbörsen

Die Kampfbörsen der Veranstaltung im kalifornischen Carson, bei der an diesem Wochenende diverse mehr oder minder namhafte Akteure unter der Regie des Senders Showtime in den Ring steigen, muten in mehreren Fällen nicht nachvollziehbar, wenn nicht gar absurd an. So streicht der 31jährige Weltergewichtler Robert Guerrero die bei weitem höchste Summe von einer Million Dollar ein, obwohl er über ein Jahr nicht mehr geboxt hat, keinen Titelkampf bestreitet und gegen den wenig bekannten Japaner Yoshihiro Kamegai antritt. In diesem Fall ist des Rätsels Lösung, daß Guerrero auf eine Klausel im Vertrag seines letztjährigen Kampfs gegen Floyd Mayweather zurückgreifen kann, die für seinen nächsten Auftritt eine Mindestsumme garantiert.

Diese ist außergewöhnlich hoch, zumal Guerrero von Mayweather regelrecht demontiert wurde und offensichtlich nicht in derselben Liga wie der Weltmeister oder dessen letzter Gegner Marcos Maidana boxt. Der Argentinier mußte sich zwar ebenfalls geschlagen geben, setzte Mayweather jedoch gehörig zu. Hinzu kommt noch, daß Kamegai mit mageren 75.000 Dollar abgespeist wird, wodurch Guerreros Million vollends aberwitzige Züge annimmt.

Die zweithöchste Börse der Veranstaltung erhält laut Dan Rafael vom Sender ESPN der Ukrainer Wassyl Lomatschenko, der 631.500 Dollar verdient, obwohl er erst seinen dritten Profikampf bestreitet und überdies den zweiten verloren hat. Damit nicht genug, darf er nach der Niederlage im Titelkampf gegen Orlando Salido im März schon wieder um die WBO-Weltmeisterschaft im Federgewicht boxen, bei der nun Gary Russell jun. sein Gegner ist, der 421.000 Dollar dafür bekommt. Lomatschenkos Pfund sind die beiden Goldmedaillen bei den Olympischen Spielen 2008 im Federgewicht und 2012 im Leichtgewicht, die ihm bei seinem Wechsel ins Profilager maßlos überzogene Vorschußlorbeeren und entsprechende Börsen einbrachten. [2]

Die Weltergewichtler Devon Alexander mit 450.000 Dollar und Jesus Soto Karass mit 150.000 Dollar liegen mehr oder weniger im Rahmen, doch die geringste Börse der Veranstaltung bekommt überraschenderweise Chad Dawson. Während er früher als Weltmeister der Verbände WBC und IBF im Halbschwergewicht über eine Million Dollar pro Kampf verdiente, sind es nun erschreckend dürftige 15.000 Dollar. Davon wurden ihm auch noch 20 Prozent abgezogen, weil er die vereinbarte Gewichtsgrenze überschritt, so daß er sich mit 12.000 Dollar begnügen muß, während sein 39 Jahre alter Aufbaugegner George Blades 20.000 Dollar bekommt.

Der 31jährige Chad Dawson hat bei seinem letzten Auftritt im Juni 2013 in Montreal gleich in der ersten Runde gegen den WBC-Weltmeister Adonis Stevenson verloren. Das war bereits die zweite vorzeitige Niederlage in Folge, da er neun Monate zuvor gegen den WBA-Weltmeister im Supermittelgewicht, Andre Ward, in der zehnten Runde den kürzeren gezogen hatte. Wenngleich Dawson, der sich einst fast schon auf gleicher Augenhöhe mit seinem Vorbild Floyd Mayweather wähnte, damit endgültig als US-Star demontiert war, muß man ihm doch zugute halten, daß er zeitweise der führende Akteur seiner Gewichtsklasse war und mit der Wahl Wards und Stevensons als Gegner den denkbar schwersten Weg eingeschlagen hat. Gleiches kann man von Robert Guerrero nicht behaupten, der selbst zu seiner Zeit als Weltmeister im Feder- und Superfedergewicht nie der herausragende Vertreter seines Limits war. Wenn Guerrero nun bei seinem Auftritt in Carson eine Million, Dawson hingegen nur 15.000 Dollar zuerkannt wurden, stellt das die Verhältnisse vollends auf den Kopf. [3]


Fußnoten:

[1] http://www.boxen-heute.de/artikel/6096-unklare-vertragsverhaeltnisseoscar-de-la-hoya-ueber-die-situation-bei-golden-boy-promotions.html

[2] http://www.boxingnews24.com/2014/06/purses-guerrero-1m-kamegai-75k-lomachenko-631500-russell-421k-alexander-450k/#more-178041

[3] http://www.boxingnews24.com/2014/06/dawson-comes-in-overweight-fined-20-of-purse-for-blades-fight/#more-178040

22. Juni 2014