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MELDUNG/1448: Stunde der Wahrheit für den Briten Kell Brook (SB)




Hoffnung auf ein Wunder wird gegen Shawn Porter nicht reichen

Am 16. August verteidigt Shawn Porter im südkalifornischen Carson den IBF-Titel im Weltergewicht gegen den Briten Kell Brook. Das Duell ist der Hauptkampf einer Veranstaltung des Senders Showtime, in deren Rahmen auch die Revanche zwischen IBF-Champion Sakio Bika und Andre Dirrell im Supermittelgewicht ausgetragen wird. Brooks Promoter Eddie Hearn kündigt zuversichtlich an, daß der Weltmeister keine zwölf Runden überstehen werde. Sein Boxer sei einfach zu stark für den unbesiegten US-Amerikaner. Im Lager des Champions sieht man die Sache natürlich ganz anders. Porters Vater und Trainer Ken versicherte, daß Brook die zwölfte Runde nicht erleben werde. Shawn sei ein unglaublicher Kämpfer, der auch über 15 Runden gehen könne. Man werde dem Briten ein böses Erwachen bescheren. [1]

Shawn Porter hat 25 Siege sowie ein Unentschieden vorzuweisen. Am 7. Dezember 2013 kämpfte er in Brooklyn um die Weltmeisterschaft der IBF und bezwang dabei den Titelträger Devon Alexander einstimmig nach Punkten. Bei seiner ersten Titelverteidigung am 19. April 2014 in Washington D.C. besiegte er den New Yorker Paulie Malignaggi durch technischen K.o. in der vierten Runde.

Ezekiel "Kell" Brook ist in 32 Profikämpfen ungeschlagen, doch weist die Liste seiner Gegner deutlich weniger prominente Namen als die Porters auf. In Ausscheidungskämpfen besiegte der Brite Carson Jones knapp nach Punkten und Hector Saldivia durch technischen K.o. in der dritten Runde. Im Juli 2013 setzte er sich in einem Rückkampf gegen Carson Jones in der achten Runde durch und im Oktober besiegte er Wjatscheslaw Sentschenko im vierten Durchgang.

Wenn Eddie Hearn den ersten bedeutenden Titelgewinn in der bereits zehn Jahre währenden Karriere seines Schützlings in Aussicht stellt und Porter die erste Niederlage prophezeit, begründet er dies mit der physischen Stärke des Herausforderers. Führt man sich jedoch die letzten beiden Auftritte des Briten vor Augen, so fielen dessen Siege nicht sonderlich beeindruckend aus. Brook ließ eine flüssige Beinarbeit vermissen und bot Alvaro Robles ein leicht zu treffendes Ziel, der seine Schläge fast nach Belieben plazieren konnte. Wäre Robles nicht körperlich klar unterlegen gewesen, so daß seine Treffer keine Wirkung hinterließen, hätte der Brite einen schweren Stand gehabt. Gegen Sentschenko stolperte er zeitweise angeschlagen durch den Ring, bis er sich dann doch frühzeitig aus der Affäre ziehen konnte.

Wie Eddie Hearn einräumen muß, sei auch Porter von beeindruckender Statur und habe Paulie Malignaggi regelrecht überrollt. Jetzt sei jedoch Kell Brooks Zeit gekommen, der noch etliche Gänge zulegen und auf höherem Niveau boxen könne. Sein Schützling sei körperlich und mental in hervorragender Verfassung, wogegen der Titelverteidiger kein Mittel finden werde. Wenngleich man von einer solchen Bewerbung des Kampfs und des eigenen Boxers ohnehin keine substantiellen Aussagen erwarten kann, fällt doch auf, wie nebulös der britische Promoter die angeblichen Vorzüge des Herausforderers anpreist.

Zieht man zudem in Betracht, daß Hearn erst vor wenigen Wochen seinen Schützling Brian Rose mit nahezu identischen Worten in den Himmel gehoben hat, der dann bei seiner vorzeitigen Niederlage gegen Demetrius Andrade von Anfang bis Ende auf verlorenem Posten stand, muß man auch für Brook Schlimmes befürchten. Von seinem Promoter als praktisch unbesiegbar angekündigt, war Rose im Ring seinem Gegner hilflos ausgeliefert, der ungehindert schalten und walten konnte. Wenngleich Kell Brook schon ein anderes Kaliber als Brian Rose ist, dürfte doch Skepsis angesagt sein, was die euphorische Einschätzung Eddie Hearns' betrifft.

Da Brook während seiner gesamten Laufbahn fast immer vor heimischem Publikum gekämpft hat, erwartet ihn in Kalifornien ein ungewohnter Auftritt im Territorium des Gegners, der das Publikum hinter sich versammeln wird. Obgleich die britische Fangemeinde als hartgesotten gilt und weite Reisen nicht scheut, kann der Herausforderer doch nicht damit rechnen, von einem erheblichen Teil der Zuschauerschaft angefeuert zu werden.

Brook hat vorwiegend gegen Boxer wie Matthew Hatton, Alvaro Robles, Hector Saldivia und Wjatscheslaw Sentschenko gekämpft, die allenfalls der zweiten, wenn nicht gar dritten Garnitur zugerechnet werden. Er hat diese Gegner zwar besiegt, dabei jedoch technische Überlegenheit weitgehend vermissen lassen. Gegen Shawn Porter anzutreten, ist ein großer Sprung für den Briten, der ins Auge gehen dürfte, sollte der Weltmeister denselben variablen Angriffsdruck wie zuletzt gegen Brian Rose entfalten. Da es Kell Brook an Erfahrung mit hochklassigen Kontrahenten fehlt, könnte sich die Strategie seines Promoters, ihn jahrelang mit Kanonenfutter zu bedienen, um seine Bilanz sauberzuhalten, im entscheidenden Augenblick als verhängnisvoll erweisen. [2]


Fußnoten:

[1] http://www.boxen-heute.de/artikel/6138-beide-seiten-sind-sich-sicheres-wird-keine-12-runden-geben.html

[2] http://www.boxingnews24.com/2014/07/hearn-i-cant-see-porter-lasting-12-rounds-with-brook/#more-178507

6. Juli 2014