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MELDUNG/1602: Lockruf des vierten Gürtels (SB)




Verhandlungen zwischen Klitschko und Jennings gescheitert?

Die Verhandlungen zwischen Wladimir Klitschko und Bryant Jennings über einen geplanten Kampf am 25. April im New Yorker Barclays Center kommen offenbar nicht vom Fleck. Nach Angaben von Klitschkos Manager Bernd Bönte ist man derzeit weit von einer Übereinkunft entfernt. Jennings sei die erste Wahl gewesen, doch inzwischen lägen die Gespräche auf Eis. Als Gegner komme nun jeder in Frage, der zum genannten Termin antreten könne und von den Partnern HBO in den USA und RTL in Deutschland akzeptiert werde. Da in dieser kurzen Stellungnahme unerwähnt blieb, aus welchen Gründen keine Einigung erzielt werden konnte, ist das Feld der Spekulationen eröffnet.

Klitschkos Management hat immer noch Shannon Briggs in der Hinterhand, vor allem aber den Sieger des Titelkampfs zwischen WBC-Weltmeister Bermane Stiverne und Deontay Wilder, der am 17. Januar in Las Vegas über die Bühne geht. Zwangsläufig drängt sich der Verdacht auf, daß die Absicht, schnellstmöglich an den letzten der vier bedeutenden Gürtel zu kommen, nicht ganz unbeteiligt am mutmaßlichen Scheitern der Gespräche mit Jennings war.

Ein Vereinigungskampf der Weltmeister wäre wesentlich populärer und einträglicher als das Duell mit Bryant Jennings, da letzterer zwar ungeschlagen ist, aber aufgrund seiner geringeren Größe und mangelnden Schlagwirkung als krasser Außenseiter gegen den Ukrainer antreten würde. Zudem hat er keinen Namen, der den durchschnittlichen Boxfans in den USA geläufig wäre. Hingegen verspräche insbesondere ein Duell mit Deontay Wilder wesentlich attraktiver und einer der bedeutendsten Kämpfe Klitschkos seit seinem Sieg über den Briten David Haye vor vier Jahren zu werden.

Wilder ist sogar noch etwas größer als der Weltmeister, hat seine 32 Gegner ausnahmslos innerhalb der ersten vier Runden besiegt und kommt den Medien sehr entgegen, so daß er bei den Fans beliebt ist. Wenn jemand die langgehegte Hoffnung auf einen US-amerikanischen Weltmeister im Schwergewicht verkörpert, dann ist das nicht Bryant Jennings, Chris Arreola oder Mike Perez, sondern Deontay Wilder.

Hinzu kommt, daß Klitschko den zwei Meter großen Amerikaner gut kennt, seit dieser vor der Titelverteidigung gegen Mariusz Wach im Jahr 2012 sein wichtigster Sparringspartner war, um die 2,02 m des Polen zu simulieren. Wenngleich sich Wilder inzwischen erheblich verbessert hat, kann der Ukrainer sicher recht gut einschätzen, worauf er bei diesem Kontrahenten besonders achten muß. [1]

Wladimir Klitschko hat bei seinem letzten Auftritt am 15. November in Hamburg den Bulgaren Kubrat Pulew in der fünften Runde besiegt. Der Herausforderer aus dem Team Sauerland galt zu Recht als einer der gefährlichsten Kandidaten und hatte sich eine Taktik zurechtgelegt, die den Rhythmus des Weltmeisters aus mehrfach geschlagenem Jab und der dadurch vorgebahnten rechten Geraden erheblich störte. Der Ukrainer durchkreuzte diese Irritationen jedoch mit einer ungewöhnlich aggressiven Kampfesweise und nutzte die Lücke in der Deckung Pulews für seinen linken Haken, der den Gegner bereits in der ersten Runde auf die Bretter schickte und später endgültig zur Strecke brachte.

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Ramirez und Afolabi kämpfen um den Interimstitel

Der frühere WBO-Weltmeister Victor Emilio Ramirez bestreitet einen Kampf um den Interimstitel der IBF im Cruisergewicht gegen Ola Afolabi, dessen Sieger gegen den amtierenden Weltmeister Yoan Pablo Hernandez antreten soll. Während die Kontrahenten jeweils 21 Kämpfe gewonnen haben, stehen für Ramirez zwei und für Afolabi drei Niederlagen zu Buche, wobei der Brite zudem vier Unentschieden auf dem sportlichen Konto hat. Dieser wurde früher zeitweise von dem kürzlich verstorbenen Fritz Sdunek trainiert und dürfte den deutschen Fans recht gut bekannt sein, da er dreimal mit Marco Huck im Ring gestanden hat. Nach einer Niederlage 2009 und einem Unentschieden 2012 mußte er sich dem Weltmeister 2013 nach Punkten geschlagen geben.

Hernandez kuriert derzeit eine Verletzung am Ellbogen aus, wofür ihm die IBF eine Frist bis spätestens 6. August eingeräumt hat, innerhalb derer er sich Ramirez oder Afolabi stellen muß. Gelingt ihm das nicht, erkennt ihm der Verband den Titel wegen zu langer Untätigkeit ab. Ursprünglich sollte Afolabi bereits im Dezember gegen den gebürtigen Kubaner antreten, der jedoch wie schon mehrfach in der Vergangenheit durch die Verletzung am Auftritt gehindert wurde.

Der 30 Jahre alte Victor Emilio Ramirez setzte sich im Januar 2009 vorzeitig gegen Alexander Alexejew durch und wurde im Februar WBO-Weltmeister im Cruisergewicht. Bei seiner ersten Titelverteidigung besiegte er im Mai 2009 Ali Ismailov knapp nach Punkten und bereits im August mußte er den Gürtel an Marco Huck abtreten, der die Trophäe nun schon seit fünfeinhalb Jahren in seinem Besitz hat und deswegen inzwischen zum Superchampion befördert worden ist. Mit diesem Status ist insbesondere der Vorteil einer längeren Frist für eine Pflichtverteidigung des Titels verbunden.

Nach der Niederlage gegen Huck blieb Ramirez dem Ring vier Jahre lang fern und kehrte erst im Dezember 2013 mit einem Sieg über Thabiso Mogale zurück. Seither hat er sechs nicht allzu gefährliche Gegner besiegt und sich mit dieser Serie in die Position hochgearbeitet, gegen den 34jährigen Afolabi antreten zu dürfen. In der aktuellen IBF-Rangliste wird der Brite an Nummer 3 geführt, unmittelbar gefolgt von Ramirez. Ola Afolabi hat seit der Punktniederlage gegen Marco Huck im Juni 2013 lediglich zwei Kämpfe bestritten und beide gewonnen, wobei er im letzten Jahr nur einmal im Ring stand und sich dabei in der dritten Runde gegen Anthony Caputo Smith durchsetzte. [2]


Fußnoten:

[1] http://www.boxingnews24.com/2015/01/klitschko-jennings-negotiations-have-stalled/#more-186367

[2] http://www.boxingnews24.com/2015/01/ola-afolabi-vs-victor-emilio-ramirez-for-interim-ibf-cruiserweight-title/#more-186319

9. Januar 2015


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