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MELDUNG/1633: Ein fadenscheiniges Ablenkungsmanöver (SB)



Chavez schlägt Hopkins einen Kampf gegen Golowkin vor

Was auf den ersten Blick wie das Konzept eines reizvollen Miniturniers im Supermittelgewicht anmuten mag, erweist sich bei näherer Begutachtung als durchsichtiges Ablenkungsmanöver des Mexikaners Julio Cesar Chavez. Dieser will im Sommer mit Carl Froch in den Ring steigen und schlägt dem 50 Jahre alten Halbschwergewichtler Bernard Hopkins vor, sich im Vorprogramm mit Gennadi Golowkin zu messen, worauf dann im nächsten Schritt die Sieger gegeneinander antreten könnten.

Die aktuelle Vorgeschichte dieser Einlassung begann mit einer Äußerung des Briten Carl Froch, er habe kein Interesse an einem Kampf gegen Hopkins, weil er dabei nur verlieren könne. Besiege er den Amerikaner, würde man dies unter Verweis auf das Alter des Gegners herunterspielen. Ziehe er den kürzeren, folgte die Häme auf dem Fuß, er könne sich nicht einmal gegen einen 50jährigen durchsetzen. Diese Absage rief Hopkins auf den Plan, der erbost erwiderte, Froch sei ein Schwindler und versuche auf diese Weise zu vernebeln, daß er sich mit Chavez einen leichten Gegner ausgesucht habe. Das wiederum will der Mexikaner offenbar nicht unwidersprochen stehenlassen, weshalb er Hopkins das eingangs skizzierte Turnierformat vorschlägt.

Die Idee des früheren WBC-Weltmeisters im Mittelgewicht ist schon deshalb abwegig, weil Bernard Hopkins sein Gewicht erheblich reduzieren müßte, um gegen Golowkin zu kämpfen, der selbst für einen Mittelgewichtler relativ leicht ist. Auch wenn sich die beiden irgendwo in der Mitte träfen, stünde der 50jährige nach einem solchen Gewichtsverlust um so mehr auf verlorenem Posten. Der ungeschlagene Kasache gilt als bester Akteur seines Limits und ist mit einer Bilanz von 31 Siegen der Schrecken aller namhaften Konkurrenten, die ihm unter allerlei Vorwänden tunlichst aus dem Weg gehen. [1]

Gennadi Golowkin hat seit sieben Jahren alle Gegner vorzeitig besiegt und würde auch bei Hopkins kaum eine Ausnahme machen. Daß der US-Amerikaner seinem Alter Tribut zollen muß, wenn er auf einen Widersacher trifft, der ständig Druck machen und mit enormer Wirkung zuschlagen kann, erwies sich bei seiner unerwartet deutlichen Punktniederlage gegen Sergej Kowaljow im letzten November, dem er dabei die Titel der WBA und IBF überlassen mußte. Golowkin schlägt mit höherer Frequenz als der Russe und entfaltet dabei dieselbe Wucht, so daß nicht abzusehen ist, wie Hopkins solchen Angriffen standhalten sollte.

Was die Anregung des Mexikaners vollends als scheinheiliges Manöver entlarvt, ist der Umstand, daß er selber einen bereits angebahnten Kampf gegen Golowkin ausgeschlagen hat. Top Rank hatte seinerzeit großes Interesse an diesem Duell, doch Chavez ging nicht darauf ein, was Promoter Bob Arum als größte Dummheit geißelte, die sich je ein bei ihm unter Vertrag stehender Boxer geleistet habe. Wie man hinzufügen muß, waren die beiden schon damals mehr oder minder zerstritten, und diese Kontroverse wird inzwischen vor den Schranken des Gerichts ausgetragen.

Wenn Chavez nun vorschlägt, Hopkins könne doch gegen Golowkin antreten, fordert er den Amerikaner im Grunde auf, das zu erledigen, wovor er sich selbst gedrückt hat. Das wirft zwangsläufig die Frage auf, ob dem Mexikaner nicht klar sein müßte, wie ein solcher Winkelzug von seiten seiner Fangemeinde wahrgenommen wird, die ohnehin im Laufe seiner langen Inaktivität erheblich geschrumpft ist. Da er im Frühjahr unter der Regie seines Beraters Al Haymon einen Kampf bestreiten will, wogegen Bob Arum Sturm läuft, könnte Julio Cesar Chavez jeden erdenklichen Rückhalt gebrauchen. Den eigenen Ruf mit offensichtlichen Winkelzügen zu schädigen, ist in dieser Situation eine denkbar schlechte Wahl. [2]

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Hungerkur statt Trainingslager?

Das Duell zwischen Saul "Canelo" Alvarez und James Kirkland, das vermutlich am 2. Mai im Alamodome von San Antonio ausgetragen wird, steht aus mehreren Gründen unter einem schlechten Stern. Von der terminlichen Kampfansage an den populäreren Floyd Mayweather einmal abgesehen, drückt auch die Nachricht auf die Stimmung, der 30 Jahre alte Kirkland werde nicht von seiner langjährigen Trainerin Ann Wolfe vorbereitet. Warum statt dessen Gerald Tucker diese Aufgabe zufällt, ist nicht bekannt.

Als James Kirkland im Jahr 2011 nach Verbüßung einer zweijährigen Haftstrafe ohne Ann Wolfe in den Ring zurückkehrte, war er körperlich in derart schlechter Verfassung, daß ihn der Japaner Nobuhiro Ishiada in nur einer Runde besiegte. Als Kirkland daraufhin wieder mit seiner früheren Trainerin zusammenarbeitete, kehrte auch der Erfolg zurück. Wenngleich die Situation nach dem damaligen Gefängnisaufenthalt nicht ohne weiteres auf die aktuellen Verhältnisse zu übertragen ist, sticht doch eine Parallele ins Auge. Kirkland hat seit dem Sieg gegen Glen Tapia vor eineinhalb Jahren keinen Kampf mehr bestritten und währenddessen offenbar kräftig Gewicht zugelegt. Nach Aussage Dan Rafaels von ESPN muß der US-Amerikaner von geschätzten 90 kg auf etwa 70 kg herunterkommen, so daß seine Vorbereitung eher einer Hungerkur als einem regulären Trainingslager gleichen dürfte. [3]

Während man Ann Wolfe noch am ehesten zugetraut hätte, diese aussichtslos anmutende Klemme in den Griff zu bekommen, sieht die Sache nun düster für James Kirkland aus. Wie es scheint, wird er außer seinem noch immer recht guten Namen und einer beachtlichen Bilanz von 32 Siegen bei nur einer Niederlage wenig mitbringen, was Saul Alvarez fürchten muß. Das spricht sich natürlich herum und dürfte nicht dazu angetan an, dem Mexikaner Vorteile im Fernvergleich mit Floyd Mayweather zu verschaffen.


Fußnoten:

[1] http://deportes.univision.com/boxeo/article/2015-02-10/julio-cesar-chavez-jr-reto-a-bernard-hopkins.

[2] http://www.boxingnews24.com/2015/02/chavez-jr-challenges-hopkins-to-fight-golovkin-on-his-chavez-jr-froch-card/#more-188097

[3] http://www.boxingnews24.com/2015/02/kirkland-wont-be-trained-by-wolfe-for-canelo-alvarez-fight/#more-188126

12. Februar 2015


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