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MELDUNG/1753: In Ludwigsburg aufs Abstellgleis (SB)



David Price unterliegt Erkan Teper

Als David Price vom Sender ESPN zum Nachwuchstalent des Jahres 2012 gekürt wurde, schienen dem britischen Schwergewichtler alle Türen offenzustehen. Nachdem er dann 2013 seine Serie auf neun vorzeitig gewonnene Profikämpfe ausgebaut hatte, erklärte man ihn zum aussichtsreichsten Kandidaten auf der Insel neben Tyson Fury, der es zum Weltmeister bringen könne. Das Verhängnis nahm im Januar 2013 seinen Lauf, als man den Veteranen Tony Thompson nach Liverpool holte, wo er das bislang namhafteste Kanonenfutter des aufstrebenden Briten abgeben sollte. Ein rechter Haken zur Schläfe schickte Price auf die Bretter, von denen er sich nur mühsam erhob, um dann bereits in der zweiten Runde aus dem Kampf genommen zu werden. Um den vermeintlichen Ausrutscher vergessen zu machen, traf der Brite wenige Monate später in einer Revanche erneut auf Thompson, der wiederum in Liverpool antrat. Diesmal schien alles nach Plan zu laufen, zumal Price einen frühen Niederschlag erzielte. Der erfahrene US-Amerikaner fand jedoch in den Kampf zurück und bombardierte den Briten derart, daß sich dieser in der fünften Runde geschlagen geben mußte.

Von diesen beiden verheerenden Niederlagen hat sich David Price offenbar nie wieder erholt. Er wechselte zum Berliner Promoter Sauerland, der ihm in aller Ruhe einen zweiten Anlauf verschaffen wollte. Als sich dieser jedoch immer länger hinzog und der Brite weiterhin gegen schwache Gegner antrat, stand die Frage im Raum, was aus dem ehemals vielversprechenden Schwergewichtler geworden war. Um dessen Wiederauferstehung zu feiern, bot sich nun der vakante Titel des Europameisters an. Der 32jährige Price, für den 19 Siege und zwei Niederlagen zu Buche standen, traf in Ludwigsburg auf den ein Jahr älteren und in 14 Kämpfen ungeschlagenen Erkan Teper.

In einem von Beginn an überraschend einseitigen Kampf trieb Teper, trotz einer stattlichen Größe von 1,95 m immer noch sieben Zentimeter kleiner als sein Gegner, den Briten bereits in der ersten Runde durch den Ring und kam dabei immer wieder mit seinen Schlägen durch. Price konnte ihn mit seinem schwachen Jab ebensowenig bremsen wie durch häufiges Klammern, da er den Kontrahenten nicht zu fassen bekam. Teper schlug auch dann noch weiter, wenn er festgehalten wurde, und steckte alles problemlos weg, was der Brite aufzubieten hatte.

In der zweiten Runde war es um Price geschehen. Als ihn eine Rechte streifte, wendete er den Kopf ab, worauf ihn ein ebenso wuchtiger wie präziser linker Haken zum Kinn von den Beinen holte. Price stürzte bewußtlos zu Boden, wo er einige Augenblicke liegenblieb. [1] Wie sein Promoter Kalle Sauerland später mitteilte, sei der Brite bei guter Gesundheit. [2]

Der robuste und selbstsicher wirkende Erkan Teper machte in diesem Kampf eine so gute Figur, daß man von dem neuen Europameister noch manchen unterhaltsamen Auftritt erwarten darf. Teper hielt sich nicht mit taktischen Spielchen auf, sondern ging sofort offensiv zur Sache, wobei er beständig Druck machte und seine gefährliche Schlagwirkung unter Beweis stellte.

Hingegen hatte David Price vor dem Kampf nervös gewirkt und im Ring kein Mittel gefunden, die Angriffe seines Gegners zu bremsen. Nach dieser Niederlage dürfte klar sein, daß der Brite nie wieder auf jene Spur zurückkehrt, der er vor seinen Niederlagen gegen Tony Thompson zu folgen schien. Noch ist es zu früh für eine definitive Weichenstellung, und so ließ Sauerland natürlich offen, ob er den Briten auch künftig unter Vertrag halten will. Nach der dritten Niederlage in den letzten sieben Auftritten ist nicht abzusehen, daß Price irgendwann für einen Kampf um die Weltmeisterschaft in Frage kommt. Der Titel des Europameisters wäre wenigstens eine passable Zwischenetappe auf dem Weg zu bedeutenderen Aufgaben gewesen.

Hatten schon die beiden Niederlagen gegen Tony Thompson erhebliche Zweifel an der Befähigung des Briten, eines Tages in die Weltspitze vorzudringen, auf den Plan gerufen, so scheint das Scheitern an Erkan Teper eine Art Schlußstrich gezogen zu haben. Der Ahlener ist ein guter Schwergewichtler und würdiger Europameister, aber natürlich noch recht weit von den führenden Akteuren der Szene entfernt. Was er an Entwicklungsmöglichkeiten zu eröffnen scheint, läßt David Price vermissen.


Fußnoten:

[1] http://www.boxingnews24.com/2015/07/erkan-teper-destroys-david-price-in-2nd-round/#more-196319

[2] http://www.boxingnews24.com/2015/07/david-price-ok-after-ko-loss-to-teper-says-sauerland/#more-196331

18. Juli 2015


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