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MELDUNG/1783: Trostlose Revanche der Veteranen (SB)



"Sugar" Shane Mosley besiegt Ricardo Mayorga

Vor fast sieben Jahren hatten "Sugar" Shane Mosley und Ricardo Mayorga einander einen denkwürdigen Kampf geliefert, in dem der US-Amerikaner eine Sekunde vor Ende der zwölften Runde die Oberhand über den Kontrahenten aus Nicaragua behielt. Von dieser legendären Historie zu zehren und die Zuschauer im kalifornischen Inglewood wie auch beim Bezahlfernsehen mit einer Neuauflage zu ködern, erwies sich als denkbar schlechte Idee. Was die Kontrahenten boten, nahm die Züge eines Trauerspiels an, wirkten der 43jährige Mosley und sein zwei Jahre jüngerer Widersacher doch nur noch wie Schatten besserer Tage.

Shane Mosley, der auf dem Höhepunkt seiner Karriere Weltmeister in drei Gewichtsklassen geworden war, hatte nur einen seiner letzten sechs Kämpfe gewonnen und seit November 2013 nicht mehr im Ring gestanden. Er war Promoter seines Auftritts in Inglewood, der am selben Abend wie das spektakuläre Duell zwischen Leo Santa Cruz und Abner Mares im nur zehn Meilen entfernten Staples Center über die Bühne ging, das im Fokus des Publikumsinteresses stand. [1]

Schien Mosley bei seinem Comeback schon nicht in der allerbesten körperlichen Verfassung zu sein, so galt das um so mehr für Mayorga, dessen optischer Eindruck durch gravierende Konditionsmängel bestätigt wurde. Er ist in den letzten Jahren augenscheinlich wesentlich langsamer geworden, was es dem US-Amerikaner gestattete, seine Schläge fast nach Belieben an den Mann zu bringen. Mosley übernahm den Part des Angreifers und versetzte seinem Gegner Treffer an Kopf und Körper, während Mayorga, der wesentlich schwerer als ein Weltergewichtler wirkte, immer wieder auf Clownerien verfiel, die ihn die letzte verblieben Luft zu kosten schienen. [2]

In der zweiten Runde kam Mosley mit einer Rechten zum Kopf durch, die seinen Gegner in die Seile zurückweichen ließ. Mayorga mußte sich in der Folge weiterer Angriffe erwehren, hielt aber bis zur Pause durch. Im folgenden Durchgang stand er mit hängenden Armen da und forderte Mosley auf, ihn zu schlagen, was dieser denn auch mit beiden Händen tat, ohne damit eine ersichtliche Wirkung zu erzielen. Offenbar nahm Mayorga mit diesem befremdlichen Auftreten Anleihen an die Vergangenheit, hatte er doch in Kämpfen gegen Felix Trinidad und Vernon Forrest auf dieselbe Weise zu demonstrieren versucht, daß ihm der Gegner nichts anhaben kann.

In den folgenden beiden Runden dominierte Mosley noch deutlicher als zuvor und versetzte dem Kontrahenten, der inzwischen völlig ausgepumpt wirkte, jede Menge schwere Treffer. Zu Beginn des sechsten Durchgangs schöpfte Mayorga plötzlich neuen Mut und kam mit zwei schnell geschlagenen Rechten durch, die den US-Amerikaner quer durch den Ring und in die Seile taumeln ließen. Auf einmal schien sich das Blatt zu wenden, da Mosley nun weitere heftige Schläge einstecken mußte, bis er kurz vor Ende der Runde eine Linke zum Körper des Gegner schlug, die diesen zu Boden schickte. Daraufhin wurde der Kampf nach 2:59 Minuten des Durchgangs für beendet und Mosley zum vorzeitigen Sieger erklärt.

Mayorga, der mit einer möglichen Wende vor Augen ausgeschaltet worden war, gefiel das natürlich überhaupt nicht. Er reklamierte vergebens einen Tiefschlag, und wie die Zeitlupe zeigte, schien Mosleys Handschuh zur Hälfte die Gürtellinie getroffen, doch mit der anderen Hälfte darunter aufgeprallt zu sein. Die angemessene Entscheidung des Ringrichters wäre demnach wohl gewesen, Mosley wegen eines Tiefschlags zu ermahnen und den Kampf weiterlaufen zu lassen, zumal Mayorga gerade seine beste Runde abgeliefert hatte. So aber endete eine insgesamt eher trostlose Darbietung mit einem Erfolg Mosleys, der seine Bilanz auf 48 Siege, neun Niederlagen und ein Unentschieden ausbaute, während für Ricardo Mayorga nun 31 gewonnene und neun verlorene Kämpfe sowie ein unentschieden gewerteter Auftritt zu Buche stehen.

Für die Zuschauer, die in Erwartung einer sehenswerten Revanche der Veteranen teure Eintrittskarten gekauft oder 49,95 Dollar für die Fernsehübertragung gezahlt hatten, war der umstrittene Abbruch eines ohnehin wenig reizvollen Geschehens gewissermaßen ein Schlag ins Kontor. Daher wäre der Referee besser beraten gewesen, im Falle einer nicht mit Sicherheit zu treffenden Entscheidung eine Fortsetzung des Kampfs zu favorisieren.

Substantielle Anhaltspunkte, daß mit Shane Mosley doch noch einmal zu rechnen ist, bot dieser Auftritt trotz seines vorzeitigen Sieges nicht, da Ricardo Mayorga schlichtweg nicht in der Form antrat, wie man sie bei einem anspruchsvollen Kampf erwarten kann. Er war zu langsam und schlug fortgesetzt Löcher in die Luft, so daß er, von der sechsten Runde abgesehen, dem US-Amerikaner nicht gefährlich werden konnte. Hätte Mosley einem der führenden Weltergewichtler wie Amir Khan, Keith Thurman oder Timothy Bradley gegenübergestanden, wäre er frühzeitig in ernsthafte Schwierigkeiten geraten. Wenngleich es ihm gelang, gegen einen alternden Kontrahenten endlich wieder einmal einen Sieg einzufahren, zeigte er sich gegenüber seinen Auftritten vor zwei oder drei Jahren doch nicht wesentlich verbessert. Er wirkte nicht einmal so gut wie im Kampf gegen den Australier Anthony Mundine im Jahr 2013, obgleich schon damals ernsthafte Zweifel an seinem Vermögen laut geworden waren, es noch einmal mit den stärksten Kontrahenten seiner Gewichtsklasse aufnehmen zu können. [3]


Fußnoten:

[1] http://espn.go.com/boxing/story/_/id/13543812/sugar-shane-mosley-stops-ricardo-mayorga-6th-round-rematch

[2] http://www.boxingnews24.com/2015/08/mosley-vs-mayorga-early-results/#more-198349

[3] http://www.boxingnews24.com/2015/08/mosleys-win-over-mayorga-proves-nothing/#more-198446

31. August 2015


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