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MELDUNG/1795: Vorgeschmack auf einen fulminanten Schlagabtausch (SB)



Anthony Joshua und Dillian Whyte machen kurzen Prozeß

Der aufstrebende britische Schwergewichtler Anthony Joshua hat wie angekündigt kurzen Prozeß mit Gary Cornish gemacht. In der Londoner O2 Arena mußte der überforderte Schotte binnen 60 Sekunden erstmals zu Boden gehen. Er kam zwar wieder auf die Beine, wirkte aber derart angeschlagen, daß ein baldiges Ende abzusehen war. Joshua setzte sofort nach und trieb ihn in die Ecke, wo er ihn mit einem weiteren Treffer abermals auf die Bretter schickte. Obgleich sich Cornish auch diesmal wieder aufraffte, brach der Ringrichter den ungleichen Kampf nach 1:37 Minuten der ersten Runde ab. Damit blieb der 25jährige Favorit in vierzehn Profikämpfen ungeschlagen, die er ausnahmslos innerhalb weniger Runden gewonnen hat. Gary Cornish, der wie befürchtet bloßes Kanonenfutter abgab, mußte sich nach 22 Siegen erstmals geschlagen geben.

Promoter Eddie Hearn hatte seinem sorgsam gehegten Schwergewichtler wiederum einen drittklassigen Kontrahenten serviert, der noch schwächer als Joshuas letzter Gegner Kevin Johnson war. Dessen ungeachtet erfreut sich der 1,98 m große Brite beträchtlicher Popularität, zumal er nicht nur sämtliche Kämpfe rasch gewonnen hat, sondern auch außerhalb des Rings eine gute Figur macht. Seine Anhänger sehen in ihm bereits den künftigen Weltmeister, was man indessen nur als verfrüht bezeichnen kann, solange er mit keinem halbwegs gefährlichen Widersacher im Ring gestanden hat. Auch ist ungewiß, wie es um seine Nehmerqualitäten bestellt ist, die schlichtweg noch niemand geprüft hat - zumindest was das Profilager betrifft.

Zu Amateurzeiten landete er in einem Kampf gegen Dillian Whyte zweimal auf dem Boden. Diese Scharte möchte er am 12. Dezember auswetzen, wenn er wiederum in London zu einer späten Revanche erneut auf seinen Landsmann trifft. Das Datum stehe definitiv fest, versicherte Joshua nach seinem Auftritt. Da es bislang 1:0 für Whyte stehe, sei dies die Gelegenheit, die Bilanz auszugleichen, sich den britischen Titel zu sichern und danach die nächsten Schritte in Angriff zu nehmen. Auch Eddie Hearn ließ keinen Zweifel daran, daß er seinen Schützling endlich mit einem echten Prüfstein konfrontiert. Dieser Kampf werde zur Freude zahlloser Fans über die Bühne gehen, so der Promoter. [1]

Dillian Whyte, der im Vorprogramm in den Ring gestiegen war, brauchte etwas länger, um den erfahrenen Brian Minto auf die Bretter zu schicken. Kurz vor Ende der ersten Runde erzielte der 27jährige Brite den ersten Niederschlag, worauf sich sein Gegner in die Pause retten konnte. Im dritten Durchgang mußte der 40 Jahre alte und wesentlich kleinere US-Amerikaner schließlich die Segel streichen, als ihn der 1,93 m messende Whyte mit zwei Linken wiederum auf die Bretter schickte, wo er ausgezählt wurde. Während der Brite nun in 16 Auftritten ungeschlagen ist, stehen für den Veteranen 41 Siege und zehn Niederlagen zu Buche.

Whyte, der sich den vakanten internationalen Silbergürtel des WBC gesichert hatte, eröffnete nach seinem Erfolg, daß er mit einer Verletzung an der linken Schulter in den Kampf gegangen sei, die ihn erheblich eingeschränkt habe. Auf die Frage, ob er deswegen das Duell mit Joshua in Gefahr sehe, versicherte der Brite, er werde selbst mit einem Bein und einem Arm im Dezember antreten. Wenngleich er die Linke bevorzuge und von einem harten Kampf ausgehe, wolle er den Fans einen erstklassigen Auftritt bieten und sich den britischen Titel holen.

Obwohl Whyte einige Schwächen in der Deckung erkennen ließ, die Minto für diverse Treffer auszunutzen verstand, entfaltete der Brite doch eine hervorragende Offensive und revanchierte sich mit weit gefährlicheren Schlägen. Zwar kämpfte er wegen seiner Verletzung überwiegend mit der Rechten, doch schlug er auch rasante linke Haken, die seinem Gegner schließlich zum Verhängnis wurden. Da das Duell mit Joshua bereits in drei Monaten ansteht, bleibt Whyte jedoch so gut wie keine Zeit, die Schulter gründlich auszukurieren.

Trotz seiner Einschränkung machte der Brite einen sehr gefährlichen Eindruck und besiegte den Routinier schneller als die meisten früheren Gegner des US-Amerikaners. Tony Grano hatte ebenfalls drei, Chris Arreola vier und Joseph Parker im Juli 2014 sieben Runden gebraucht, was einen Eindruck vermittelt, welchen Dampf Whyte in den Fäusten hat. Anthony Joshua muß sich also vorsehen, und da beide Boxer keine ausgefeilten Techniker, sondern auf einen schnellen Niederschlag aus sind, steht ein fulminanter Aufeinanderprall zu erwarten.

Whyte attestierte Joshua eine gute Vorstellung, doch sei Cornish nicht mehr als ein Schlachtopfer gewesen. Er werde seinen Rivalen zu Boden schicken, da dieser stehenzubleiben und den Schlagabtausch zu suchen pflege. Darin sei er Joshua überlegen, zumal er nicht nur zuschlagen, sondern auch boxen könne. Sollte Dillian Whyte im Dezember wieder im Vollbesitz seiner Kräfte sein, geht er als Favorit in den Kampf mit seinem prominenteren Landsmann, da er beweglicher und dynamischer als der muskelbepackte und statisch agierende Anthony Joshua anzugreifen pflegt. [2]


Fußnoten:

[1] http://www.boxingnews24.com/2015/09/anthony-joshua-defeats-gary-cornish/#more-199053

[2] http://www.boxingnews24.com/2015/09/joshua-vs-cornish-early-results/#more-199029

16. September 2015


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