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MELDUNG/1921: Die zweite Auflage kann nur besser werden (SB)



Wladimir Klitschko bekräftigt Revanche gegen Tyson Fury

Kursierende Zweifel an der Bereitschaft Wladimir Klitschkos, eine Revanche gegen seinen Bezwinger Tyson Fury auszutragen, hat der Ukrainer nun mit einer Kurzbotschaft per Twitter entkräftet. Wie er darin versichert, bereite er sich bei laufenden Verhandlungen auf den Rückkampf vor. Klitschko, der am 25. März seinen 40. Geburtstag feiert, möchte sich für die desolate Vorstellung bei der Niederlage im November in Düsseldorf gegen den Briten rehabilitieren, bei der er wie erstarrt vor dem Herausforderer verharrte und kaum ernsthaft zu schlagen wagte. Er verlor denn auch einstimmig nach Punkten (115:112, 116:111, 115:112), was freilich nicht bedeutet, daß Fury eine überzeugende Vorstellung geboten hätte.

Wenngleich damals etliche Kommentatoren und Teile der Zuschauerschaft der Auffassung waren, der Brite habe taktisch klug geboxt und den Kampf dominiert, kommt man bei nüchterner Einschätzung zu dem Schluß, daß Fury fast genauso schlecht wie sein Gegner gekämpft und nur mit Mühe gewonnen hat. Sollte Klitschko bei ihrem zweiten Aufeinandertreffen seine Möglichkeiten auch nur halbwegs ausschöpfen, würden die Gürtel postwendend erneut den Besitzer wechseln. Während er sich nämlich in Düsseldorf derart schwach präsentierte, daß er sich nur verbessern kann, dürfte Fury damals sein spärliches Repertoire restlos ausgespielt haben.

Der 2,06 große Brite fuchtelte mit seinen langen Armen herum und schlug jede Menge Löcher in die Luft, ohne bei seinen Treffern Wirkung zu erzielen. Hätte es der Ukrainer gewagt, entschieden auf den Gegner loszugehen und dabei einige dieser schwachen Schläge in Kauf zu nehmen, wäre Fury mit seinem Latein am Ende gewesen. Klitschkos über die Jahre perfektionierte Strategie, sich den Kontrahenten mit dem Jab vom Leib zu halten, keinesfalls getroffen zu werden und gegnerische Angriffe durch Klammern zu neutralisieren, lief gegen den körperlich überlegenen Widersacher ins Leere. Wenngleich dem Ukrainer die frühere Fähigkeit, mit der Rechten schnell und genau zu schlagen, weitgehend abhanden gekommen zu sein scheint, würde es wohl ausreichen, Fury ab und zu einen halbwegs wuchtigen Treffer zu versetzen. Um die Nehmerqualitäten des Briten ist es erfahrungsgemäß nicht allzu gut bestellt, so daß er Gefahr liefe, vom ersten Volltreffer von den Beinen geholt oder zumindest schwer in Mitleidenschaft gezogen zu werden.

Aktuelle Gerüchte, der Rückkampf könnte in Manchester vor 20.000 Zuschauern über die Bühne gehen, muten verwunderlich an. Warum sollte sich Klitschko darauf einlassen, wo er doch in Deutschland ein Stadion mit 50.000 Plätzen füllen kann? Sinn würde ein Auftritt in England nur bei überhöhten Eintrittspreisen machen, die den Unterschied im Fassungsvermögen der jeweiligen Arenen kompensieren. Fury ist dank seines Titelgewinns auf der Insel recht populär geworden, aber dem breiteren Publikum längst nicht derart ans Herz gewachsen, daß es seine Auftritte um jeden Preis vor Ort verfolgen wollte. [1]

Sollte sich Wladimir Klitschko bei der Revanche die Titel zurückholen, sähe er dennoch einer ungewissen Zukunft entgegen. Sein Nimbus ist gebrochen, seit seine anwachsenden Schwächen offenkundig geworden sind. Schon gegen Bryant Jennings gelang es ihm kaum, mit der Rechten schwere Treffer zu landen, so daß er den Kampf vor allem mit dem Jab nach Punkten gewann. Das reicht vielleicht noch bei schwächeren Gegnern aus, nicht jedoch im Kampf mit den namhaftesten Konkurrenten.

So wenig man sich daher einen Weltmeister Tyson Fury wünscht, der außer seiner imposanten Statur wenig nennenswerte Qualitäten ins Feld führen kann, so viele Fragezeichen stünden hinter einer erfolgreichen Wiederkehr Wladimir Klitschkos, der eine erneute Regentschaft allenfalls mit einigen Titelverteidigungen gegen limitierte Herausforderer strecken könnte. Die Zukunft gehört Deontay Wilder, der all das mitbringt, was man im Schwergewicht so lange vermißt hat: Er kämpft offensiv, bewegt sich behende, schlägt schnell zu und entfaltet dabei eine verheerende Wirkung, der sämtliche Gegner mit Ausnahme Bermane Stivernes bei dessen Titelverlust vorzeitig Tribut zollen mußten.

Zudem ist Wilder nicht auf den Mund gefallen und trägt auch außerhalb des Rings nach Kräften zur Vermarktung bei, was ihn nach einer jahrelangen Durststrecke vergeblich in Szene gesetzter US-amerikanischer Hoffnungsträger im Schwergewicht für die Branche und das Publikum nur um so attraktiver macht. Dem WBC-Weltmeister ist zumindest zuzutrauen, Zug um Zug alle Titel zusammenzuführen und die alleinige Führungsposition in der Königsklasse zu erobern.


Fußnote:

[1] http://www.boxingnews24.com/2016/03/klitschko-says-rematch-tyson-fury-still-happening/#more-206395

9. März 2016


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