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MELDUNG/1989: Glanzlicht nicht länger unter dem Scheffel (SB)



Luis Ortiz mißt sich mit Alexander Ustinow

Luis Ortiz, vermutlich der weltbeste Akteur im Schwergewicht nach Deontay Wilder, gibt am 17. September im MGM Grand in Las Vegas eine weitere Kostprobe seines außergewöhnlichen Könnens. Der in 25 Kämpfen ungeschlagene Interimschampion der WBA trifft auf den Weißrussen Alexander Ustinow, der mit einer Bilanz von 33 Siegen und einer Niederlage derzeit an Nummer drei der WBA-Rangliste geführt wird. Das Duell der beiden imposanten Erscheinungen könnte kaum besser plaziert sein, da es im Vorprogramm des mexikanischen Superstars Saul "Canelo" Alvarez stattfindet, der noch nach einem geeigneten Gegner sucht. Ob die Veranstaltung vom Sender HBO im Pay-TV übertragen wird, hängt nicht zuletzt vom Bekanntheitsgrad des Kontrahenten ab.

Da die Golden Boy Promotions das MGM Grand mit einer Kapazität von 16.800 Sitzplätzen gebucht haben, steht zumindest fest, gegen wen der 25jährige Mexikaner nicht antreten wird. Handelte es sich um Gennadi Golowkin, käme vor allem das AT&T-Stadion in Arlington in Betracht, das 80.000 Zuschauer faßt. Da "Canelos" Promoter unterdessen mitgeteilt hat, daß man Alvarez erst im Herbst 2017 mit dem Kasachen in den Ring schicken werde, ist diese Option ohnehin vom Tisch. Sollte es zu einer Revanche gegen Miguel Cotto kommen, wird diese im New Yorker Madison Square Garden über die Bühne gehen, wo sich die riesige puertoricanische Fangemeinde am besten mobilisieren läßt. Wenngleich damit die beiden attraktivsten Optionen kein Thema mehr sind, wird Oscar de la Hoya mit Sicherheit alles daransetzen, für eine zugkräftige Alternative zu sorgen.

Für den 37jährigen Luis Ortiz eröffnet sich auf jeden Fall die Gelegenheit, Werbung in eigener Sache zu machen. Wie alle namhaften kubanischen Boxer hat auch er eine fundierte Ausbildung durchlaufen und im Amateurbereich eine erfolgreiche Laufbahn eingeschlagen. Wenngleich er es aufgrund prominenter Konkurrenz im eigenen Land nie in die Olympiamannschaft schaffte, ist seine Bilanz von 343 Siegen und 19 Niederlagen doch eindrucksvoll. Auch im Profilager ließ der in der Rechtsauslage boxende Kubaner nichts anbrennen und gab sämtlichen Gegnern das Nachsehen. Er ist schnell, technisch versiert und schlägt gewaltig zu, was jedoch lange Zeit kaum wahrgenommen wurde. Die geringe Beachtung dürfte sich nicht zuletzt dem Umstand verdankt haben, daß Ortiz wenig gefordert war und die Kontrahenten zumeist frühzeitig auf die Bretter schickte. Dies gab in Verbindung mit seiner massigen Physis vermutlich zur Fehleinschätzung Anlaß, dieser Schwergewichtler könne nichts weiter, als wuchtige Schläge ins Ziel zu bringen.

Das änderte sich fast über Nacht, als Ortiz mit Bryant Jennings seinen ersten prominenten Widersacher vor die Fäuste bekam. Wenngleich Jennings offenbar nicht das Zeug zum Weltmeister hat, verdarb er doch beispielsweise Wladimir Klitschko die erhoffte triumphale Rückkehr in die USA. Zwar gewann der Ukrainer am Ende verdient nach Punkten, doch war vom angekündigten Niederschlag weit und breit nichts zu sehen. Jennings verteidigte sich so geschickt und beweglich, daß ihn der Ukrainer mit seiner Rechten ausgesprochen selten traf und auch den gefährlichen linken Haken kaum anbringen konnte.

Als Luis Ortiz von Bryant Jennings endlich einmal gefordert war, glänzte er mit der besten Leistung seiner Profikarriere. Die Zuschauer trauten ihren Augen kaum, als der Kubaner immer wieder seine Kampfesweise variierte und Facetten seines Könnens ins Gefecht brachte, die man nie zuvor bei ihm entdeckt hatte. Nachdem Jennings in der siebten Runde die Segel gestrichen hatte, attestierte man Ortiz einen makellosen Auftritt und beschrieb ihn als eine Kombination aus Larry Holmes, Muhammad Ali und Riddick Bowe. In seinem letzten Kampf hat sich Ortiz am 5. März in Washington D.C. vorzeitig gegen den 44jährigen Tony Thompson durchgesetzt. Der erfahrene US-Amerikaner mußte in der ersten, dritten und sechsten Runde zu Boden gehen, wobei der letzte Niederschlag das Ende des Gefechts herbeiführte.

Der 39 Jahre alte Alexander Ustinow bezog die einzige Niederlage seiner Karriere durch den bei Sauerland unter Vertrag stehenden Bulgaren Kubrat Pulew, der ihn 2012 in einem Ausscheidungskampf besiegte. Seither hat der Weißrusse sechs Auftritte gewonnen und dabei David Tua, Ivica Perkovic, Travis Walker, Chauncy Welliver, Maurice Harris und Konstantin Airich in die Schranken gewiesen. Mit einer Größe von 2,02 m überragt er Ortiz zwar um neun Zentimeter, doch dürfte dieser Vorteil nicht ausreichen, um die boxerische Überlegenheit des Kubaners zu kompensieren. [1]


Fußnote:

[1] http://www.boxingnews24.com/2016/06/luis-ortiz-vs-alexander-ustinov-canelo-card-september-17/#more-212325

24. Juni 2016


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