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MELDUNG/2052: Felix Sturm legt seinen Titel nieder (SB)



Ein Ende der Karriere ist trotz widriger Umstände nicht geplant

Felix Sturm gibt den Titel des Superchampions der WBA im Supermittelgewicht nach sieben Monaten zurück und kommt damit einer möglichen Entscheidung des Verbands zuvor, ihm den Gürtel am grünen Tisch abzuerkennen, da er ihn auf absehbare Zeit nicht verteidigen kann. Damit wird der Weg frei, die tendentielle Stagnation zu beenden und die Konstellation an der Spitze dieser Gewichtsklasse neu auszukämpfen. Weltmeister beim WBC ist der in Las Vegas lebende Schwede Badou Jack, die IBF führt den Briten James DeGale als ihren Champion. Den Gürtel der WBO hatte sich der Mexikaner Gilberto Ramirez am 9. April in Las Vegas durch einen souveränen Sieg über Arthur Abraham gesichert. Der Berliner wollte sich bei seinem ersten Auftritt in der Spielerstadt in den USA einen Namen machen, doch scheiterte er aufgrund einer desolaten Vorstellung und verlor alle zwölf Runden.

Der Verband WBA führt bislang hinter dem Superchampion, dessen Titel nach Sturms Rücktritt vakant wird, noch einen regulären Weltmeister. Diesen Gürtel verteidigt Giovanni de Carolis am 5. November in Potsdam erneut gegen Tyron Zeuge, von dem er sich bei ihrem ersten Aufeinandertreffen am 16. Juli in Berlin unentschieden getrennt hatte. Der bei Sauerland Event unter Vertrag stehende 24jährige Boxer hatte den sieben Jahre älteren Italiener in der Max-Schmeling-Halle herausgefordert, jedoch den ersehnten Titelgewinn knapp verfehlt.

Wie Sturms Manager Roland Bebak mit Blick auf die aktuelle Entwicklung gegenüber dem Kölner "Express" erklärte, müsse sich Felix Operationen an beiden Ellbogengelenken unterziehen, die in Deutschland vorgenommen werden sollen. Da er in diesem Jahr nicht mehr kämpfen könne, gebe er den WBA-Titel aus eigener Entscheidung zurück. Sturm bestätigte dies und kündigte via Twitter an, er wolle im Mai oder Juni 2017 in den Ring zurückzukehren.

Zuletzt war ein Dopingverdacht gegen den fünfmaligen Weltmeister ins Feld geführt worden. Seit April läuft ein Dopingverfahren gegen den 37jährigen, bei dem nach seinem gewonnenen Titelkampf gegen den Russen Fjodor Tschudinow am 20. Februar in Oberhausen in der A-Probe die verbotene Substanz Hydroxy-Stanozolol festgestellt worden war. Nun wartet Sturm auf das Ergebnis der B-Probe, deren Öffnung nach Mitteilung der Kölner Staatsanwaltschaft am 12. Oktober erfolgen soll. Sturm, der seinen Wohnsitz mittlerweile nach Bosnien verlegt hat, muß danach mit Sanktionen rechnen.

Neben der Sportgerichtsbarkeit ist auch die deutsche Justiz zuständig, da ein Verstoß gegen das Anti-Doping-Gesetz im Sport eine Gefängnisstrafe von bis zu drei Jahren oder eine Geldstrafe nach sich ziehen kann. Das zugrundeliegende Gesetz ist seit Dezember 2015 im deutschen Strafrecht verankert. Auch das Team Fjodor Tschudinows droht mit einer Klage auf Schadensersatz. Man verlange Kompensation für die erheblichen Kosten, die entstanden seien, wie auch für die in dieser Zeit entgangenen Kämpfe, so Dimitri Luschnikow, Sportdirektor der Patriot-Promotion, für die Tschudinow antritt.

In sportlicher Hinsicht droht Sturm eine Sperre bis zu einem Jahr. "Die Strafe wäre aber im nächsten Jahr abgelaufen, weil sie vom Zeitpunkt des Vergehens an zählt", sagte Thomas Pütz, Präsident des Bundes Deutscher Berufsboxer (BDB). Ob Sturm bei seiner geplanten Wiederaufnahme der Karriere im kommenden Jahr mit einer deutschen oder einer bosnischen Lizenz antritt, ist offen. Der BDB kündigte an, ihn auch während des Trainings unter Beobachtung stellen zu wollen. [1]

Wie Pütz aktuell zu dem Sachverhalt erklärte, führe der BDB kein Verfahren gegen Felix Sturm durch, weil der deutsche Verband nie offiziell vom Dopingfall informiert worden sei. Daher gelte die Unschuldsvermutung: Man warte die Entscheidung der WBA ab. Selbst wenn diese eine einjährige Sperre verhängen sollte, könne Sturm 2017 wieder um einen Titel kämpfen. [2]

Auch Bebak glaubt nicht an ein Karriereende des fünfmaligen Champions und ist der Auffassung, daß Felix wieder um einen Titel boxen werde. Dafür seien viele Szenarien denkbar. "Er gibt seinen Titel freiwillig zurück. Warum nimmt ihm die WBA den Gürtel nicht weg?" Offenbar sehe auch der Verband viele Ungereimtheiten in diesem Fall, bezweifelt der Manager, daß mit der Dopingprobe alles korrekt gelaufen ist, weil das Ergebnis erst acht Wochen später bekanntgegeben wurde. [3]

Felix Sturm hatte im August sein Gym in Köln aufgelöst und sich in Bosnien niedergelassen, wo ein Großteil seiner Verwandten lebt. Die vier im Kölner Gym trainierenden Boxer, darunter Konni Konrad und Maurice Weber, wurden freigestellt. In Sarajevo läßt Sturm bosnischen Medienberichten zufolge eine Fabrik für die Produktion seines Energydrinks errichten.


Fußnoten:

[1] http://www1.wdr.de/sport/felix-sturm-102.html

[2] http://www.t-online.de/sport/boxen/id_79185868/boxen-felix-sturm-gibt-seinen-wba-guertel-zurueck.html

[3] http://www.wz.de/home/sport/boxen/weltmeister-sturm-verzichtet-auf-wba-guertel-1.2288593

6. Oktober 2016


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