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MELDUNG/2121: David Haye wirft die Flinte nicht ins Korn (SB)



Rückkehr in den Ring noch vor Ablauf des Jahres?

David Haye will noch vor Ablauf des Jahres in den Ring zurückkehren und überdies seine Karriere mit einem erneuten Titelgewinn krönen. Der Brite war in der Vergangenheit Champion zweier Verbände im Cruisergewicht und später Weltmeister der WBA im Schwergewicht. Kürzlich mußte sich der 36jährige in der Londoner O2 Arena seinem Landsmann Tony Bellew geschlagen geben, da er sich in der sechsten Runde eine Verletzung an der rechten Achillessehne zugezogen hatte. Wenngleich er sich danach kaum mehr vom Fleck bewegen konnte, brauchte sein Gegner aus Liverpool noch bis zum elften Durchgang, um den Kampf zu seinen Gunsten zu entscheiden. Und selbst dann war es eher die Schwäche Hayes als ein regelrechter Niederschlag, der zum Sturz durch die Seile führte, worauf sein Trainer Shane McGuigan das Handtuch zum Zeichen der Aufgabe warf.

Natürlich kann Haye, für den 28 Siege und drei Niederlagen zu Buche stehen, vorerst keine Angaben dazu machen, wann er noch einmal einen Titelkampf zu bekommen hofft. Er hat sich einer Operation unterzogen und muß zunächst mit einer längeren Rekonvaleszenz rechnen, ehe er das Training wieder aufnehmen kann. Noch vor Ende des Jahres den nächsten Kampf zu bestreiten, könnte sich als eine zu optimistische Perspektive erweisen. Nachdem er sich 2013 eine schwere Schulterverletzung zugezogen hatte, dauerte es drei Jahre, bis er sich im Ring zurückmeldete. So lange wird es diesmal wohl nicht dauern, doch geht man nach einem Riß der Achillessehne für gewöhnlich von mindestens neun Monaten aus, bevor ein Sportler wieder Wettkämpfe bestreiten kann. Und da Haye bereits eine strapaziöse Karriere absolviert hat und nicht mehr der Allerjüngste ist, läßt sich derzeit keine seriöse Prognose stellen.

Wie der Brite per Instagram mitteilte, sei er jedenfalls fest entschlossen, allen Widrigkeiten zum Trotz einen neuen Anlauf zu nehmen. Er habe seines Erachtens unter Beweis gestellt, daß er sich trotz einer langen Unterbrechung seiner Karriere wieder in Form bringen könne. Wenngleich man die weitere Entwicklung abwarten müsse, werde er doch alles Menschenmögliche unternehmen, um wieder Tritt zu fassen.

Mit Sicherheit wäre Haye gut beraten, nichts zu überstürzen, da ihn eine erneute Verletzung aussichtslos zurückwerfen könnte. Am besten wäre es wohl, das Jahr ausschließlich zur Rehabilitation zu nutzen und erst 2018 in den Ring zurückzukehren. Wenngleich ein verlorenes Jahr endlos und deprimierend anmuten mag, gilt das auf ähnliche Weise auch für Tony Bellew, der seinen Sieg mit einer Verletzung an der Hand bezahlt hat, die ihn wohl fünf bis sechs Monate außer Gefecht setzt. Daher ist nicht restlos auszuschließen, daß die beiden zu einer Revanche aufeinandertreffen, sobald sie wieder auf dem Damm sind.

Realistischerweise muß man allerdings davon ausgehen, daß Bellew zwar einen Rückkampf im Munde geführt hat, aber einen hochdotierten Titelkampf gegen Anthony Joshua (IBF), Deontay Wilder (WBC) oder Joseph Parker (WBO) allemal vorziehen würde, sofern sich die Gelegenheit dazu böte. Daß er eine derartige Chance bekommt, ist nicht einmal abwegig, da die Konkurrenz in ihm eine leichte Beute sieht. Selbst Dillian Whyte hat sich dafür ins Gespräch gebracht, Bellew auf den Boden boxerischer Tatsachen herunterzuholen.

Die Liverpooler ist zwar nach wie vor WBC-Weltmeister im Cruisergewicht, aber auch in diesem Limit keinesfalls der beste Akteur. Mindestens ein halbes Dutzend Konkurrenten sind stärker einzuschätzen, was um so mehr im Schwergewicht gilt, in dem Bellew erstmals angetreten ist. Im Grunde genommen hätte David Haye den Kampf allein mit seinem Jab gewonnen, wäre ihm nicht die schwere Verletzung in die Quere gekommen. Und obwohl er danach praktisch aus dem Stand weiterkämpfen mußte, waren seine Treffer gefährlicher als die Tony Bellews, der den offenen Schlagabtausch mied. Statt dessen sprang er vor und zurück, wohl wissend, daß ihm Haye nicht folgen konnte.

Die unglückliche Niederlage hat natürlich einen dicken Strich durch David Hayes Titelträume gemacht. Im Falle eines Sieges wäre er wohl in den Ranglisten weiter nach vorn gerückt, obgleich Bellew nominell noch ein Cruisergewichtler ist. Jetzt wird Haye wahrscheinlich zurückgestuft, was die Weltmeister davon entbindet, ihn womöglich von einem der Verbände als Pflichtherausforderer zugewiesen zu bekommen. Anthony Joshua und sein Promoter Eddie Hearn haben bislang kein Interesse an einem Kampf gegen ihn erkennen lassen, woran sich wohl auch künftig kaum etwas ändern wird. Möglicherweise wäre Deontay Wilder bereit, seinen WBC-Titel freiwillig gegen den Briten zu verteidigen, doch könnte sich das frühestens Mitte nächsten Jahres abspielen. [1]

Selbst wenn der Genesungsprozeß zügig verlaufen sollte und Haye tatsächlich noch in diesem Jahr wieder einsatzbereit ist, müßte er vernünftigerweise zunächst einige Aufbaukämpfe absolvieren, um seine körperliche Verfassung zu prüfen und sich in Schwung zu bringen. So sehr dem unterhaltsamen Briten zu wünschen wäre, daß er bald wieder auf die Beine kommt, wird man wohl erst 2018 erfahren, ob der "Hayemaker" die Konkurrenz noch immer das Fürchten lehrt.


Fußnote:

[1] http://www.boxingnews24.com/2017/03/david-haye-will-heavyweight-champion/#more-230261

18. März 2017


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