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MELDUNG/2156: Doppelturnier nimmt mit Riesenschritten Gestalt an (SB)



Es winken insgesamt 50 Millionen Dollar Preisgeld

Das mit 50 Millionen Dollar Preisgeld dotierte Turnier namens "World Boxing Super Series" nimmt Gestalt an. Er habe viele große Events unter anderem mit Floyd Mayweather und Oscar de la Hoya veranstaltet, doch diese Serie übertreffe alles, bewirbt der Promoter Richard Schaefer das ambitionierte Vorhaben, das er gemeinsam mit seinem deutschen Kollegen Kalle Sauerland für die Schweizer Comosa AG organisiert. Dabei kämpfen jeweils acht Teilnehmer im Supermittelgewicht und Cruisergewicht paarweise gegeneinander, wobei der Sieger die nächste Runde erreicht. Die Viertelfinalkämpfe sollen im September und Oktober stattfinden, die Halbfinals sind für Januar und Februar 2018 geplant, die Sieger in beiden Gewichtsklassen werden im Mai 2018 gekürt. Diese können dann mehr als zehn Millionen Euro einstreichen und werden zudem mit der Muhammad-Ali-Trophy geehrt, einer Trophäe, die wie der Fifa WM-Pokal von dem inzwischen verstorbenen italienischen Bildhauer Silvio Gazzaniga entworfen wurde.

Das Cruisergewicht ist mit den vier amtierenden Weltmeistern der Verbände WBA, WBC, WBO und IBF sowie zwei früheren Titelträgern deutlich stärker besetzt als das Supermittelgewicht, in dem WBO-Champion Gilberto Ramirez aus Mexiko und der britische IBF-Weltmeister James DeGale fehlen. Von den deutschen Akteuren sind die ehemaligen Weltmeister Marco Huck, Arthur Abraham und Jürgen Brähmer mit von der Partie, wobei Sauerland auch den bei ihm unter Vertrag stehenden Briten George Groves ins Rennen schickt.

Die Paarungen des Viertelfinales wurden bei einer glamourös inszenierten Gala in Monaco bekanntgegeben. Dabei durften sich vier gesetzte Boxer in jeder der beiden Gewichtsklasse ihre Gegner unter den den vier verbliebenen Teilnehmern aussuchen. Der im Supermittelgewicht antretende Arthur Abraham muß sich am 15. Juli in der Londoner Wembley-Arena gegen den Briten Chris Eubank jun. durchsetzen, um sich für das Turnier zu qualifizieren. Da sich die beiden auf ihr bevorstehendes Duell vorbereiten, fehlten sie bei der Präsentation in Monaco. Dort wählte Chris Eubank sen. den Türken Avni Yildirim als Viertelfinalgegner seines Sohnes oder des Berliners aus.

Der von Ahmet Öner betreute und trainierte Yildirim hat sich zuletzt im Mai in Mexiko gegen den erfahrenen Marco Antonio Periban einstimmig nach Punkten durchgesetzt. Er blieb damit in 16 Kämpfen ungeschlagen, sicherte sich den internationalen Titel des WBC und wird nun Nummer zehn der WBC-Rangliste geführt. Vollmundig wie eh und je verkündete Öner, die Eubanks wüßten nicht, was sie sich da angetan hätten. Avni sei eine Kalaschnikow, der jüngere Eubank lediglich eine gut aussehende Wasserpistole. Dessen Vater lobte den Türken zunächst als einen Boxer, der nur die Offensive kenne und jederzeit für einen spektakulären Kampf gut sei. Sobald sich sein Sohn gegen Abraham durchgesetzt habe, werde er mit Yildirim genauso verfahren, stellte der ältere Eubank die Verhältnisse aus seiner Sicht klar.

Die schwerste Aufgabe der deutschen Teilnehmer steht Marco Huck ins Haus, der im Cruisergewicht von dem an Nummer eins gesetzten Oleksandr Ussyk ausgewählt wurde. Der Ukrainer hatte seine erfolgreiche Amateurlaufbahn mit dem Olympiasieg 2012 in London gekrönt und ist seit September 2016 WBO-Weltmeister im Cruisergewicht. Während Ussyk in zwölf Profikämpfen ungeschlagen ist, stehen für den erfahrenen Huck 40 Siege, vier Niederlagen sowie ein Unentschieden zu Buche. Da dieser lange Jahre WBO-Weltmeister war und den Titel zwischen 2009 und 2014 dreizehnmal verteidigt hat, steht gewissermaßen die Wachablösung auf dem Prüfstand. Marco Huck hat bei seinem letzten Auftritt im April den kürzeren gegen den ebenfalls für das Turnier gesetzten Letten Mairis Briedis gezogen.

Jürgen Brähmer, der im Supermittelgewicht an Nummer vier gesetzt war, scheint eine leichtere Aufgabe zugefallen zu sein. Der normalerweise im Halbschwergewicht kämpfende Schweriner kommt eine Gewichtsklasse herunter, um sich mit Rob Brant aus St. Paul in Minnesota zu messen. Der 26jährige US-Amerikaner ist zwar in 22 Auftritten ungeschlagen, wird aber mangels namhafter Gegner als vergleichsweise unerfahren eingeschätzt. Brähmer, der bislang 48 Kämpfe gewonnen und drei verloren hat, ist dennoch auf der Hut. Brant sei bei der Auswahl wohl deswegen übriggeblieben, weil man ihn für allzu gefährlich gehalten und deswegen gemieden habe, mutmaßt der Schweriner.

Der im Cruisergewicht an Nummer zwei gesetzte Russe Murat Gassijew durfte sich keinen Gegner auswählen, da er seinen IBF-Titel gegen den polnischen Pflichtherausforderer Krzysztof Wlodarczyk verteidigen muß. Auch dies ein Duell zweier Generationen: Hier der in 24 Kämpfen siegreiche Gassijew bei seiner ersten Titelverteidigung, dort der ehemalige Weltmeister aus Polen mit einer Bilanz von 53 Erfolgen, drei Niederlagen sowie einem Unentschieden. Der in 22 Kämpfen ungeschlagene und an Nummer drei gesetzte WBC-Champion Mairis Briedis wählte den ehemaligen Schwergewichtler Mike Perez als Gegner aus, für den 22 Siege, zwei Niederlagen und ein Unentschieden notiert sind. Der in Irland lebende Kubaner war nach einer langen Pause von mehr als zwei Jahren rund 19 Kilo leichter in den Ring zurückgekehrt, als er am 10. Juni mit einem K.o.-Sieg in der ersten Runde sein erfolgreiches Debüt im Cruisergewicht gab. Dort winkt ihm nun die Chance, bereits im zweiten Streich erstmals in seiner Karriere Weltmeister zu werden. Heiß hergehen wird es mit Sicherheit, wenn der an vierter Stelle gesetzte reguläre WBA-Weltmeister Yunier Dorticos, ein in Miami lebender Kubaner, auf den nicht minder kampfstarken Russen Dmitri Kudrijaschow trifft.

Im Supermittelgewicht hat sich WBA-Weltmeister George Groves seinen britischen Landsmann Jamie Cox ausgesucht, der ein alter Kumpel sei. Groves hatte sich am 27. Mai mit einem vorzeitigen Sieg über Fedor Chudinow den vakanten WBA-Titel gesichert, den er im Herbst erstmals verteidigen will. Der an Nummer zwei gesetzte Callum Smith hat sich für den Schweden Erik Skoglund entschieden, dessen Kampfesweise ihm entgegenkomme, so der Brite. [1]

Gemessen daran, daß die Pläne für dieses Doppelturnier im März erstmals öffentlich dargelegt wurden und zu diesem Zeitpunkt weder die letztendlichen Gewichtsklassen noch die Teilnehmer benannt werden konnten, hat das Vorhaben bemerkenswert rasche Fortschritte gemacht. Kalle Sauerland hatte seinerzeit das legendäre Super-Six-Turnier entworfen, das zwischen 2009 und 2012 vom US-Sender Showtime realisiert wurde. Nun steht ihm mit Richard Schaefer einer der kompetentesten Experten der Branche zur Seite. Der Schweizer hat zusammen mit Oscar de la Hoya die Golden Boy Promotions aufgebaut und sie fast im Alleingang an die Spitze der Branche geführt, bis er im Streit mit dem Gründer und Mehrheitseigner aus dem Unternehmen schied. Nach einer Karenzzeit von etwa zwei Jahren, die er dem Boxgeschäft fernblieb, ist Schaefer 2016 in die Branche zurückgekehrt und baut mit Ringstar Sports eine eigene Promotionsfirma auf. Unter dem Dach der Comosa AG, eines Schweizer Unternehmens mit Anteilshaltern aus dem Marketing (Highlight Event & Entertainment), dem Fernsehen (Modern Times Group) und dem Boxen (Team Sauerland) soll die mehrjährige Finanzierung des Doppelturniers gesichert sein. Das auch im Boxen beliebte, oftmals in kleinem Maßstab konzipierte, aber selten erfolgreich umgesetzte Turnierformat könnte mit dem Sportveranstalter Comosa im Rücken und unter der Regie des Promotergespanns durchaus ein unübersehbares Zeichen setzen.


Fußnote:

[1] http://www.espn.com/boxing/story/_/id/19929421/matchups-set-world-boxing-super-series-super-middleweight-cruiserweight-tournaments

14. Juli 2017


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