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MELDUNG/2268: Schwergewicht - letzte Hürde vor dem Ziel ... (SB)



Ausscheidungskampf zwischen Kubrat Pulew und Dillian Whyte

Die Versteigerung der Austragungsrechte am Kampf zwischen Kubrat Pulew und Dillian Whyte im Schwergewicht ist um eine Woche auf den 24. Mai verschoben worden. Der Sieger wird neuer Pflichtherausforderer des Weltmeisters Anthony Joshua beim Verband IBF. Auf dem Papier sehen die beiderseitigen Bilanzen recht ähnlich aus. Der 37jährige Bulgare hat 25 Auftritte gewonnen und einen verloren, während sein acht Jahre jüngerer britischer Gegner mit 23 Siegen und einer Niederlage aufwarten kann. Die Verlegung des Termins wird dahingehend interpretiert, daß die Promoter Nisse Sauerland und Eddie Hearn kurz vor einer Einigung stehen und binnen weniger Tage die Verträge unterschriftsreif haben werden.

Sollte sich Whyte durchsetzen, könnte er nach 2015 zum zweiten Mal die Gelegenheit bekommen, sich mit Joshua zu messen und dabei weit mehr Geld als mit jedem anderen Kontrahenten zu verdienen. Damals sah es anfangs sehr gut für ihn aus, konnte er den Favoriten doch mit einem Volltreffer in der zweiten Runde schwer erschüttern. Dabei zog er sich jedoch eine Verletzung an der linken Schulter zu, die ihn seiner gefährlichsten Waffe beraubte und de facto zu einem einarmigen Boxer machte, der sich schließlich in der siebten Runde geschlagen geben mußte. Nach einer Operation am Schultergelenk schien es geraume Zeit so, als könne er seinen linken Arm nie wieder so wirkungsvoll wie vor der Verletzung gebrauchen. Inzwischen ist von dieser Einschränkung aber kaum noch etwas zu sehen. Er brennt jedenfalls auf eine Revanche, wobei seine Börse so hoch ausfallen würde, daß er sogar eine erneute Niederlage verschmerzen könnte.

Zugleich steht ihm derzeit die Möglichkeit offen, sich mit Luiz Ortiz zu messen und im Falle des Sieges Pflichtherausforderer beim Verband WBC zu werden, doch kann er dieser Option offenbar sehr viel weniger abgewinnen als dem Weg über Pulew. Deshalb kursieren Mutmaßungen in der Fangemeinde, er habe Angst vor dem Kubaner, wozu freilich auch aller Anlaß besteht. Ortiz, den viele aus Altersgründen bereits abgeschrieben hatten, lieferte dem WBC-Weltmeister Deontay Wilder einen hochklassigen Kampf und hatte ihn am Rande eines Niederschlags, bevor er selbst vorzeitig die Segel streichen mußte. In dieser Verfassung brächte er Dillian Whyte in der Tat in allerhöchste Gefahr.

Wie dieser erklärt hat, sei er zum Kampf mit Ortiz bereit, sofern ihm Wilder unmittelbar darauf eine Titelchance garantiere. Der WBC-Champion ist jedoch gerade dabei, ein Duell mit Anthony Joshua auszuhandeln. Sollten diese Gespräche im Sande verlaufen, könnte Wilder gegen Dominic Breazeale antreten, den Pflichtherausforderer beim WBC. Dillian Whyte spielt hingegen in den Plänen des US-Amerikaners keine große Rolle. Insofern wäre der Weg über Ortiz nicht nur gefährlich, sondern vermutlich auch unergiebig für den Briten.

Seit der Niederlage gegen Joshua vor drei Jahren hat Dillian Whyte seiner Karriere die Sporen gegeben und sieben Auftritte in Folge gewonnen. Allerdings gehörten seine Gegner eher nicht der ersten Garnitur an. Seit 2016 hat er Ivica Bacurin, David Allen, Ian Lewison, Dereck Chisora, Malcolm Tann, Robert Helenius und Lucas Browne besiegt. Helenius und Browne wirken auf den ersten Blick wie statthafte Widersacher auf hohem Niveau, doch dieser Eindruck trügt. Der Finne ist deutlich schwächer als in früheren Jahren und hat vorzeitig gegen Johann Duhaupas verloren, der 39 Jahre alte Australier trat in schlechter körperlicher Verfassung gegen ihn an. So gesehen war Whytes einziger anspruchsvoller Gegner Dereck Chisora, gegen den er 2016 knapp nach Punkten die Oberhand behielt. Nach diesem furiosen Gefecht der beiden Briten sahen viele Fans und Experten in Chisora den Sieger, weil er härter getroffen und Whyte dreimal an den Rand eines Niederschlags gebracht hatte.

Dillian Whytes höchster Trumpf ist sein Promoter Eddie Hearn, was ihm einen Vorteil gegenüber anderen Kandidaten seines Niveaus verschafft. Dank Hearn ist er nur noch einen Schritt vom Titelkampf gegen Joshua entfernt, der ebenfalls bei Matchroom Boxing unter Vertrag steht. Allerdings muß er erst einmal an Kubrat Pulew vorbeikommen, der ihm an Erfahrung überlegen ist und einen erstklassigen Jab schlägt. Da der Kampf höchstwahrscheinlich auf britischem Boden ausgetragen wird, muß der Bulgare damit rechnen, daß die Punktrichter im Zweifelsfall zu Gunsten seines Gegners werten.

Seit der Niederlage gegen Wladimir Klitschko im Jahr 2014 hat Pulew fünf Kämpfe gewonnen, darunter auch gegen Dereck Chisora. Obgleich er durchweg die bessere Figur gemacht hatte, sah ein Punktrichter seinen britischen Kontrahenten damals in Front, so daß lediglich ein knapper Punktsieg dabei heraussprang. Wie Pulew nun auf seiner Webseite schreibt, sei Dillian Whyte ein perfekter Gegner für ihn. Es wäre dem Bulgaren zu wünschen, am Ende doch noch eine Gelegenheit zu bekommen, sich mit Anthony Joshua zu messen. Im vergangenen Jahr war ihr Kampf vereinbart und anberaumt, als der Bulgare zwei Wochen vor dem Termin aufgrund einer Schulterverletzung absagen mußte. Für ihn sprang Carlos Takam ein, den Eddie Hearn als Reserve bereitgehalten hatte, um den Kampf sicherzustellen. Am 28. Oktober behielt Anthony Joshua vor einer riesigen Kulisse in Cardiff die Oberhand und schickte den Herausforderer in der zehnten Runde geschlagen auf die Bretter. Takam gab eine gute Vorstellung, war aber körperlich derart unterlegen, daß er dem Weltmeister nichts anhaben konnte. [1]


Fußnote:

[1] www.boxingnews24.com/2018/05/dillian-whyte-vs-kubrat-pulev-purse-bid/#more-263449

19. Mai 2018


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