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MELDUNG/2277: Halbweltergewicht - lebensgefährliche Dehydratisierung ... (SB)



Titelkampf zwischen Jose Ramirez und Danny O'Connor ausgefallen

Jose Ramirez hat den WBC-Titel im Halbweltergewicht nicht wie geplant in Fresno verteidigt, da sein Gegner Danny O'Connor vor dem offiziellen Wiegen wegen Dehydratisierung und Nierenversagen ins Krankenhaus gebracht werden mußte. Der 33jährige Herausforderer hatte auf der letzten Pressekonferenz am Donnerstag noch einen stabilen Eindruck gemacht, dann aber im Laufe des Freitags durch einen ausgiebigen Saunabesuch noch zwei Pfund loszuwerden versucht, die er über dem Limit lag. Dabei hatte sich seine körperliche Verfassung jedoch derart verschlechtert, daß sein Promoter Joe DeGuardia eine sofortige Klinikeinweisung veranlaßte. Nachdem dort die Infusion mit Flüssigkeit zunächst nicht anschlug, blieb der Boxer zur weiteren Behandlung über Nacht im Krankenhaus. [1]

Dieser Zwischenfall unterstreicht einmal mehr, welche gesundheitsgefährdenden Folgen ein forcierter Gewichtsabbau vor dem Kampf haben kann. Viele Akteure treten in Gewichtsklassen an, für die sie im Grunde zu schwer sind, und müssen deshalb mit extremen Mitteln abkochen. Einige Verbände schreiben bereits seit geraumer Zeit ein zweites Wiegen am Morgen des Kampftags vor, bei dem der Boxer eine festgelegte Marge, die etwas über dem Limit liegt, einhalten muß. Dies soll der verbreiteten Praxis entgegenwirken, zuerst massiv abzukochen und dann durch nächtliches Rehydratisieren wieder derart viel zuzulegen, daß man im Ring enorme körperliche Vorteile hat. Die Aufsichtsbehörden und Verbände sind dringend gefordert, endlich ein durchdachtes und allgemeinverbindliches Verfahren zu etablieren, das vor und nach dem offiziellen Wiegen weitere Gewichtskontrollen vorsieht. Nur auf diese Weise lassen sich mitunter lebensgefährliche dehydratisierende und oftmals erheblich wettbewerbsverzerrende rehydratisierende Maßnahmen wenn nicht ganz ausschließen, so doch zumindest eingrenzen.

Der 25 Jahre alte Weltmeister hatte sich den vakanten WBC-Gürtel durch einen einstimmigen Punktsieg über Amir Imam am 17. März gesichert. Zu seiner ersten Titelverteidigung kehrte er nach Hause zurück, da er im nahelegenen Avenal lebt. Für den in 22 Auftritten ungeschlagenen Ramirez war der geplante Hauptkampf der Veranstaltung, die Top Rank Boxing gemeinsam mit ESPN auf die Beine gestellt hatte, von besonderer Bedeutung. Er wollte sich seiner heimischen Fangemeinde nicht nur als neuer Champion vorstellen, sondern sie zugleich dazu aufrufen, die Bewegung für Einwanderung zu unterstützen, um ein Zeichen gegen die repressive Politik der Trump-Administration zu setzen. Auch wollte er nach der Trennung von seinem langjährigen Trainer Freddie Roach erstmals mit Robert Garcia in seiner Ecke antreten und dabei die Früchte ihrer Zusammenarbeit unter Beweis stellen. Um so größer war natürlich seine Enttäuschung, daß die zehnwöchige intensive Vorbereitung im Trainingslager umsonst gewesen war.

Danny O'Connor, ein Rechtsausleger aus Framingham, Massachusetts, für den 30 Siege und drei Niederlagen zu Buche stehen, versäumte den ersten Titelkampf seiner Karriere, in dem er vermutlich chancenlos gewesen wäre. Er hat bereits gegen Gabriel Bracero und Vivian Harris verloren, so daß er lediglich an Nummer 15 der WBC-Rangliste geführt wird. Daß er dennoch den Weltmeister herausfordern durfte, verdankte er Promoter Bob Arum, der Ramirez offensichtlich einen relativ leichten Gegner vorsetzen wollte. Da O'Connor nun aus dem Rennen ist, könnte sich Arum natürlich doch noch dazu durchringen, Jose Ramirez an der World Boxing Super Series teilnehmen zu lassen. Dort könnte er sich mit den besten Rivalen im Halbweltergewicht wie Regis Prograis, Josh Taylor oder Kiryl Relich messen.

Wahrscheinlich wird Bob Arum jedoch abermals einen Gegner vom Ende der Top 15 aussuchen und selbst Ryan Martin, Sergej Lipinets und Omar Figueroa aus dem Weg gehen. Vielleicht fällt ja die Wahl auf Viktor Postol, obgleich der zuletzt gegen Josh Taylor verloren hat. Der Ukrainer steht nämlich ebenfalls bei Top Rank unter Vertrag, und da Arum dafür bekannt ist, vorzugsweise seine eigenen Boxer gegeneinander antreten zu lassen, um die volle Kontrolle zu behalten, liegt diese Option nahe. [2]

Bob Arum, den nach 52 Jahren als Boxpromoter nichts mehr erschüttern kann, nahm die Situation im Galopp. Wenn so etwas passiere, sei das eine Schande, trage man doch die Verantwortung, die Sicherheit und Gesundheit der Boxer allem übrigen voranzustellen, so der 86jährige. Man werde Jose Ramirez baldmöglichst einen neuen Kampf verschaffen. Die Veranstaltung in Fresno fand dennoch statt, wobei die Weltergewichtler Egidijus Kavaliauskas und Juan Carlos Abreu ins Hauptprogramm aufrückten. Dabei setzte sich der nunmehr in 20 Auftritten ungeschlagene Litauer in einem Kampf über zehn Runden unspektakulär nach Punkten durch.


Fußnoten:

[1] www.espn.com/boxing/story/_/id/24021680/jose-ramirez-first-title-defense-canceled-danny-oconnor-hospitalized

[2] www.boxingnews24.com/2018/07/jose-ramirez-vs-danny-oconnor-cancelled/#more-266353

8. Juli 2018


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