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MELDUNG/2317: Weltergewicht - Goliath ist gewarnt ... (SB)



Kampf zwischen Errol Spence und Mikey Garcia nimmt Kontur an

Nach Angaben des für gewöhnlich gut unterrichteten Experten Lance Pugmire von der LA Times treffen Errol Spence und Mikey Garcia am 16. März im AT&T Stadium in Arlington in einem attraktiven und zweifellos hoch dotierten Prestigekampf aufeinander. Der 28jährige Spence ist in 24 Kämpfen unbesiegt, IBF-Weltmeister im Weltergewicht und gilt als bester Akteur dieser Gewichtsklasse. Ebenfalls unbezwungen ist der zwei Jahre ältere Garcia, der 39 Gegnern das Nachsehen gegeben hat und derzeit als WBC-Champion im Leichtgewicht firmiert. Wenngleich die Verträge noch nicht unterschrieben wie auch Ort und Termin nicht offiziell bestätigt sind, haben doch beide Boxer ihrem Interesse an diesem spektakulären Duell wiederholt Ausdruck verliehen. [1]

Sollte es Spence und Garcia gelingen, die riesige Arena mit ihren 100.000 Plätzen zu füllen, wäre dies ein außergewöhnlicher Erfolg. Der überaus populäre Saul "Canelo" Alvarez lockte im September 2016 bei seinem Sieg über den damaligen WBO-Weltmeister im Halbmittelgewicht, Liam Smith, 51.000 Menschen in dieses Stadion. Natürlich ist es riskant, von einer derart gewaltigen Kulisse auszugehen. Da Errol Spence jedoch in Texas geboren und aufgewachsen ist, dürfte Arlington ein idealer Austragungsort sein. Mikey Garcia ist zwar in Südkalifornien zu Hause, hat aber in den letzten Jahren gegen Ramon Martinez und Sergej Lipinets zweimal vor texanischem Publikum gekämpft.

Bei seinem letzten Auftritt machte Spence am 16. Juni in Frisco kurzen Prozeß mit dem Pflichtherausforderer Carlos Ocampo, der bereits in der ersten Runde die Segel streichen mußte. Die Veranstaltung war ausverkauft, obgleich es sich bei Ocampo um keinen namhaften Kontrahenten handelte. Der IBF-Champion hat in Texas inzwischen eine große Fangemeinde, so daß bei einem ebenfalls populären Gegner wie Garcia mit einem enormen Interesse des Publikums zu rechnen ist. Der Termin im März dürfte insofern günstig sein, da bislang zu dieser Zeit keine anderen bedeutenden Kämpfe anberaumt sind, mit denen Spence und Garcia in Konkurrenz um die Gunst des Publikums stünden. Anders hätte es sich im Dezember verhalten, der von spektakulären Duellen regelrecht überfrachtet ist.

Für Mikey Garcia wäre dies der erste Auftritt im Weltergewicht. Im vergangenen Jahr stieg er vorübergehend ins Halbweltergewicht auf, wo er zunächst Adrien Broner besiegte und dann Sergej Lipinets am 10. März in San Antonio als IBF-Weltmeister entthronte. Bald darauf legte er den Titel nieder, da er nicht gegen den Pflichtherausforderer Ivan Barantschik antreten wollte. Statt dessen kehrte er ins Leichtgewicht zurück, wo er nach wie vor WBC-Champion war. Erstmals in seiner Karriere im Weltergewicht zu boxen ist ein gewaltiger Sprung, zumal ihm Spence körperlich überlegen und mit einer enormen Schlagwirkung gesegnet ist. Der Texaner pflegt nach dem offiziellen Wiegen beträchtlich zuzulegen und wirkt dann von seinem äußeren Erscheinungsbild her wie ein leichter Halbmittelgewichtler, was es für Garcia um so schwieriger machen dürfte.

Mikey Garcia trat am 28. Juli vor einer großen Kulisse von 12.500 Zuschauern im Staples Center in Los Angeles gegen den IBF-Weltmeister Robert Easter an, der ihm den Titel überlassen mußte. Dank dieses Punktsiegs war Garcia Champion zweier Verbände im Leichtgewicht, bis der Verband auch hier auf den Plan trat und einen Kampf gegen den Pflichtherausforderer Richard Commey anordnete. Auch in diesem Fall zeigte Garcia der IBF die kalte Schulter und gab seinen Gürtel zurück, da ihm der Sinn nach bedeutenderen Auftritten wie jenem mit Errol Spence stand. Er möchte Weltmeister in der fünften Gewichtsklasse werden und geht dafür ein Wagnis ein, das ihm im wörtlichen wie übertragenen Sinn über den Kopf zu wachsen droht. Denn Spence ist mit 1,77 m nicht nur vier Zentimeter größer, sondern nicht minder talentiert und wegen seiner Schlagwirkung gefürchtet.

Der Texaner kann seine überlegene Reichweite ausspielen, ist massiver als Garcia gebaut und schlägt härter zu, so daß nun sämtliche Experten rätseln, wie in aller Welt der Kalifornier diesen Kampf gewinnen will. Schon der Halbweltergewichtler Lipinets setzte ihm derart zu, daß er hinterher schwer gezeichnet war, und dabei hatte man den Russen zuvor als schwächsten der vier Weltmeister in dieser Gewichtsklasse eingeschätzt. Wenngleich Mikey Garcia vermutlich versuchen wird, vor dem Kampf gegen Spence Gewicht zuzulegen, kann er ihn in dieser Hinsicht unmöglich erreichen. Zudem neigt der Texaner dazu, seine Gegner mit schweren Körpertreffern auszuschalten, wie er dies mit Chris Algieri, Kell Brook, Lamont Peterson und Carlos Ocampo getan hat. Hingegen war Garcia bei seinen Kämpfen im Halbweltergewicht gegen Broner und Lipinets weit davon entfernt, diese Kontrahenten mit der Wucht seiner Schläge zu beeindrucken. Wenngleich er daher sicher versuchen wird, sich von Spence möglichst wenig treffen zu lassen und ihm die Punkte abzunehmen, dürften schnelle Hände und Füße kaum ausreichen, um den Texaner in die Schranken zu weisen.

Da Mikey Garcia aufgrund der ungleichen Voraussetzungen als Außenseiter gilt, käme sein Sieg einer Sensation gleich. Umgekehrt wäre selbst ein vorzeitiger Erfolg für Errol Spence insofern kein Ruhmesblatt, als man ihm vorrechnen würde, einen tapferen, aber wesentlich kleineren Kontrahenten niedergemacht zu haben. Dennoch ist durchaus nachvollziehbar, warum der Texaner nicht gezögert hat, seinen Titel auf diese Weise zu verteidigen. Zum einen wird er dabei viel Geld verdienen, zum anderen ist Garcia so populär, daß Spence im Falle des Erfolgs seinen eigenen Bekanntheitsgrad beträchtlich aufwerten kann. Allerdings wäre eine Niederlage höchst peinlich und rufschädigend für ihn, während Garcia ungleich weniger zu verlieren hat, sofern er sich dabei achtbar schlägt.


Fußnote:

[1] www.boxingnews24.com/2018/11/errol-spence-vs-mikey-garcia-heading-to-att-stadium-on-march-16/

8. November 2018


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