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PROFI/469: Henry Maske siegt mit boxerischer Meisterleistung (SB)


Kein Spektakel für die Ränge, dafür Boxkunst auf hohem Niveau


Mit einer boxerischen Meisterleistung hat Henry Maske nach zehn Jahren Pause die Revanche gegen Virgil Hill klar nach Punkten gewonnen. Während der US-Amerikaner dem Auge des Betrachters Mobilität vorgaukelte, war ihm Maske hochaktiv fortwährend voraus und nahm ihm den Raum, wirksame Angriffe vorzutragen. Was nach außen hin unscheinbar aussah, war weder passiv abwartend, noch konditionell oder taktisch eingeschränkt, sondern im Verhältnis der beiderseitigen Gesamtbewegungen kürzer und direkter als das ausladendere Aktionsmuster Virgil Hills. Dieser versuchte unter wachsendem Aufwand, um die von seinem Gegner dominierte Innenbahn außen herum zum Zuge zu kommen, was ihm im Laufe des Kampfs immer weniger gelang.

Maske blieb in seiner seitlichen Positionierung in Anteilen außerhalb der Reichweite Hills, wobei er in beiden Beinen genügend Bewegungsfreiheit aufrechterhielt, um gegebenfalls zurückzuweichen, ohne sich zu überstrecken oder den Platz zu räumen und den US- Amerikaner dadurch nachstoßen zu lassen. Zugleich ließ er sich auch nicht dazu hinreißen, nach vorn zu stürzen oder den Vorteil seiner langen Arme in voller Streckung zu binden und damit preiszugeben.

Mit einer an Sturheit grenzendem Beharrlichkeit trug Maske sein Konzept durch und machte das beste aus seinen körperlichen Vorteilen, während Hill nicht über die Qualitäten eines gefährlichen Infighters verfügte, der dicht am Mann dem Gegner seine Reichweite aufzwingt. Nun erwies sich nicht nur, daß der Amerikaner durchaus ein paßförmiger Gegner war, sondern Maske auch in der Weise aus ihrer ersten Begegnung vor zehn Jahren gelernt hatte, daß er konsequenter denn je auf die von ihm im Laufe einer langen Karriere erarbeitete Kampfesweise zurückkam, ohne sich von den Manövern Hills oder der Reaktion des Publikums aus dem Konzept bringen zu lassen.

In diesem Ringen um die Besetzung ständig wechselnder Angriffsvektoren wirkte Maske in den ersten Runden sehr besorgt, da Hill des öfteren mit Körpertreffern zum Zuge kam. Während aber der US-Amerikaner den Eindruck zu erwecken versuchte, er dominiere seinen Gegner und bereite entscheidende Angriffe vor, zeichnete sich doch ab, daß diese gestreckten Vorstöße unter tiefem Abtauchen, gefolgt von einem sofortigen Zurückweichen kein Zeichen von Überlegenheit waren. Maske boxte außerordentlich dizipliniert und nahm seine sichere Deckung nicht herunter, wobei Hill auch nicht gut beraten war, in diesem frühen Stadium mit Angriffen zum Körper Wirkung erzielen zu wollen.

Virgil Hill ist ohnehin ein Boxer, dessen Stärke nicht massive Angriffe sind. Er bevorzugt es vielmehr, einen angreifenden Gegner mit irritierenden Aktionen zu stören und aus dem Gewühl seiner Ausweichbewegungen heraus mit häufig unkonventionell ausgeführten Schlägen zu punkten. Mit Maske stand ihm ein Gegner gegenüber, der ihm die Voraussetzungen für seine Kampfesweise nicht bot. Zudem hatte sich Hill den Schuh angezogen, athletisch überlegen, boxerisch nicht eingerostet und von bedeutend gefährlicherer Schlagwirkung zu sein. Damit übernahm er einen Part, der ihm im Grunde nicht lag und überdies zwang, einen Überaufwand zu produzieren, der letzten Endes zu seinen Lasten ging.

Als die Kontrahenten im Eifer des Gefechts in der achten Runde mit den Köpfen zusammenstießen und Virgil Hill eine blutende Rißwunde über dem linken Auge davontrug, war dies sicher im ersten Moment ein Schock und in der Folge eine Beeinträchtigung. Entscheidend für die nun immer deutlicher in Erscheinung tretende Dominanz Maskes war dieser Unfall jedoch nicht, da Hill schon zuvor mit seinem Latein am Ende war. Immer häufiger stand er ratlos pendelnd vor seinem Gegner und verfügte nicht mehr über die Konditionsstärke, eine Frische zumindest vorzutäuschen, die ihm der sparsamer und effektiver boxende Maske längst geraubt hatte. Die Ecke des Amerikaners riet zu weiteren Angriffen zum Körper, als sei dieses Mittel nicht längst fehlgeschlagen, und forderte schließlich einen Niederschlag, da anders nicht mehr zu gewinnen sei.

Das war indessen Ausdruck fehlender Mittel und Möglichkeiten, Maske in Schwierigkeiten zu bringen, der nun immer häufiger schnelle Angriffe vortrug und sehenswerte Kombinationen schlug. Obwohl dieser die Oberhand gewonnen hatte, ließ er sich nicht zu Attacken hinreißen, die das Muster seiner Vorgehensweise gesprengt hätten. Weder stürzte er sich blindlings auf Hill, um ihn womöglich vorzeitig auszuschalten, noch setzte er auf einen Hagel geschleuderter Fäuste, um Zufallstreffer zu landen.

Was im Grunde für beide Boxer galt, praktizierte Maske mit überlegener Konsequenz und Effizienz: Hier ging es nicht um einen Niederschlag, sondern die Neutralisierung der gegnerischen Aktionen im Zusammenhang der beiderseitigen Bewegungsweisen. Virgil Hill scheiterte beim Versuch, in Maskes Muster einzubrechen, der ihm beständig das entscheidende Quentchen voraus war und sich in keiner Phase des Kampfs dazu verleiten ließ, diesen völlig ausreichenden Vorsprung der Perspektive eines Riesenschritts zu opfern.

1. April 2007