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PROFI/517: Unentschieden rettet Marco Huck den Titel (SB)




Ola Afolabi erst im Endspurt um den Sieg gebracht

Dank eines Unentschiedens gegen den Pflichtherausforderer Ola Afolabi bleibt Marco Huck Weltmeister der WBO im Cruisergewicht. Bei dem in der mit 5.500 Zuschauern ausverkauften Erfurter Messehalle ausgetragenen Kampf hatte der 27 Jahre alte Titelverteidiger erheblich mehr Probleme mit dem Briten als bei ihrem ersten Aufeinandertreffen im Jahr 2009, so daß es einer starken Schlußoffensive bedurfte, um den Gürtel nicht zu verlieren. Während für den Berliner nun 34 Siege, zwei Niederlagen sowie ein Unentschieden zu Buche stehen, weist die Bilanz Afolabis 19 gewonnene, zwei verlorene und vier unentschieden beendete Kämpfe auf.

Nach einem beiderseits verhaltenen Auftakt dominierte der Herausforderer durch seine größere Aktivität die zweite Runde. Im folgenden Durchgang setzte sich dann Huck mit mehreren Treffern in Szene, für die sich der Brite postwendend revanchierte. Trainer Ulli Wegner erkannte frühzeitig, daß seinem Schützling die Initiative zu entgleiten drohte, und forderte ihn energisch auf, aktiver zu Werke zu gehen und nichts zu verschenken. Dieser Ermahnung ungeachtet war es zunächst Afolabi, die mit Übersicht das Geschehen bestimmte, worauf Huck auch mit einem kraftraubenden Gewaltakt in der fünften Runde nicht die Oberhand gewinnen konnte.

Im nächsten Durchgang ließ der Schwung des Herausforderers nach, was Huck die Gelegenheit gab, einige Schläge ins Ziel zu bringen. Dann folgte eine turbulente siebte Runde, in der es zu einem heftigen Schlagabtausch kam, der die Zuschauer von den Sitzen riß. Kurz vor der Pause traf der Berliner mit einer Rechten und einem linken Haken, doch blutete er aus einer Rißwunde über dem linken Auge. Während der Brite weiter konditionell nachzulassen schien, konnte der Champion nun des öfteren gefährliche Treffer plazieren, und gegen Ende der neunten Runde mußte der Brite schwere Schläge hinnehmen, die er jedoch mit enormen Nehmerqualitäten verdaute. Unterdessen spornte Wegner seinen Schützling immer wieder energisch an, die Wende herbeizuführen.

Bei seiner Offensive hatte sich jedoch auch Huck derart verausgabt, daß er es in der zehnten Runde langsamer angehen lassen mußte. Afolabi erging es nicht besser, doch nutzte er den nachlassenden Druck des Weltmeisters zu vermehrten Angriffen in der elften Runde, bis er gegen Ende dieses Durchgangs erneut gefährliche Treffer verkraften mußte. Da beiden Boxern klar war, wie eng sie auf den Zetteln der Punktrichtern beieinander liegen mußten, gaben sie in der letzten Runde noch einmal alles und lieferten einander einen spektakulären Endspurt, in dem Huck die klareren Treffer anbringen konnte.

Das mit großer Spannung erwartete Ergebnis fiel denn auch denkbar knapp aus: Der ungarische Punktrichter Zoltan Enyedi hatte 115:113 zugunsten Hucks notiert, während sich die Zettel des Briten Paul Thomas und seines deutschen Kollegen Ingo Barrabas jeweils auf 114:114 summierten, so daß mehrheitlich ein Unentschieden daraus resultierte. Daß diese Wertung aus seiner Sicht dem Kampfverlauf gerecht wurde, zeigte die Reaktion von Afolabis Trainer Fritz Sdunek: "Wir können mit dem Ergebnis wohl alle leben. Vielleicht kommt es ja zu einem dritten Kampf. Ola sei lange überlegen gewesen, habe dann aber zeitweise das Boxen vergessen und sich von Marco überraschen lassen. Ulli Wegner war die Erleichterung anzumerken, als er seinerseits bestätigte, daß wohl beide Seiten mit einem Unentschieden zufrieden seien. Vor allem sei es ein spannender Kampf gewesen, in dem ihm allerdings boxerisch einiges nicht sehr gefallen habe.

Erschöpft zog Marco Huck die Bilanz, daß ihm Afolabi alles abverlangt habe und er körperlich sehr müde sei. Der Kampf gegen Alexander Powetkin habe doch viel Kraft gekostet. Er sei jedoch "ein echter Kämpfer und Krieger", weshalb er den Titel am Ende behalten habe. Berücksichtigt man, daß sich der Berliner vor kaum mehr als zwei Monaten mit dem russischen WBA-Champion im Schwergewicht gemessen und dabei nur knapp verloren hatte, war die Entscheidung, so kurze Zeit später gegen einen derart gefährlichen Herausforderer wie Ola Afolabi den Titel im Cruisergewicht zu verteidigen, sehr riskant. Huck hat diese Aufgabe mit einer fulminanten Schlußoffensive gerade noch gelöst, wobei man beiden Boxern eine bemerkenswerte kämpferische Leistung attestieren kann.

6.‍ ‍Mai 2012