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PROFI/536: Geldmaschine Floyd Mayweather lektioniert Saul Alvarez (SB)




Konterboxen vom Feinsten - Junger Mexikaner frustriert

In einem der bedeutendsten Kämpfe des Jahres hat sich Floyd Mayweather jun. gegen den Mexikaner Saul "Canelo" Alvarez in Las Vegas klar nach Punkten durchgesetzt. Der 36jährige US-Amerikaner blieb auch in seinem 45. Profikampf ungeschlagen, während für seinen erst 23 Jahre alten Gegner nun 42 Siege, eine Niederlage sowie ein Unentschieden zu Buche stehen. Mayweather ist damit WBC-Weltmeister im Weltergewicht sowie Superchampion der WBA und Weltmeister des WBC im Halbmittelgewicht. Alvarez, der als Weltmeister der Verbände WBA und WBC im höheren Limit angetreten war, verlor die beiden Gürtel. Floyd Mayweather, der seit mehreren Jahren als weltbester Boxer aller Gewichtsklassen eingeschätzt wird, unterstrich einmal mehr seine unübertroffenen Qualitäten als Konterboxer und ließ den angriffslustigen Mexikaner, der seine Nachfolge auf dem Gipfel der Branche antreten wollte, nicht zur Entfaltung kommen. Wenngleich der Kampf über weite Strecken recht ausgeglichen verlief, kann man doch von einer Lehrstunde für Alvarez sprechen, der sein Bestes gab, doch Mayweather einfach nicht zu fassen bekam.

Beide Boxer begannen zurückhaltend, wobei der Mexikaner einmal mit einem linken Haken durchkam. Auch in der zweiten Runde waren die Kontrahenten vor allem auf Konter aus, so daß nichts Spektakuläres zu verzeichnen war. Im dritten Durchgang arbeitete Alvarez fleißig mit seinem Jab, während der US-Amerikaner einige Male seine Rechte ins Ziel brachte. In der Folge zeichnete sich dann immer deutlicher ab, daß Mayweather dank seiner gefährlichen Konter langsam aber sicher die Oberhand gewann. Hielt sich Alvarez zurück, kam er nicht zum Zuge, erhöhte er jedoch seinen Angriffsdruck, spielte er seinem Gegner in die Hände, der sich ihm fortgesetzt entzog und dennoch seine Treffer plazieren konnte.

Von der Mitte des Kampfes an wirkte der Mexikaner zunehmend frustriert und schlug nun des öfteren ins Leere, da Mayweather einfach zu beweglich für ihn war. Als dieser immer wieder mit seinen schnellen Schlägen durchkam, verlegte sich Alvarez darauf, an den Seilen stehenzubleiben und seinen Gegner zu locken. Nachdem ihm auch diese Vorgehensweise nichts eingebracht hatte, kam der Mexikaner wieder darauf zurück, häufiger zum Körper zu schlagen. Mayweather ließ sich jedoch nur selten treffen, und da Alvarez seinen Jab inzwischen vollends vernachlässigte, dominierte Mayweather in der Schlußphase das Geschehen. Das letzte Aufbäumen des Mexikaners in der zwölften Runde ließ Mayweather dank seiner enormen Wendigkeit auf engem Raum wirkungslos verpuffen.

Wenngleich man die Trefferstatistik nicht überbewerten sollte, verdeutlicht sie doch in der Tendenz die Überlegenheit des US-Amerikaners, der demnach 46 Prozent seiner Schläge ins Ziel brachte, während Alvarez nur auf 22 Prozent kam. So schien der Sieg Mayweathers schon vor dem Auszählen der Punktzettel festzustehen, was jedoch die Punktrichterin C.J. Ross nicht daran hinderte, wie schon des öfteren in der Vergangenheit mit ihrer Wertung von 114:114 ein nicht nachvollziehbares Resultat abzugeben. Ihre Kollegen Dave Moretti (116:112) und Craig Metcalfe (117:111) machten hingegen einen kompetenteren Eindruck und stellten damit ein Ergebnis sicher, das dem Kampfverlauf angemessen war.[1]

Wie Floyd Mayweather im anschließenden Interview mit dem übertragenden Sender Showtime sagte, sei Alvarez ein junger und starker Champion, der mit Sicherheit auf die Siegerstraße zurückkehren werde. Was seine eigene Leistung betreffe, habe er mit seinem Vater und Trainer eine brillante Strategie erarbeitet und umgesetzt. Nach 17 Jahren im Boxgeschäft habe er noch immer nicht nachgelassen und sei froh über die Vorstellung, die zu geben er imstande gewesen sei.

Saul Alvarez würdigte nach seiner ersten Profiniederlage den Gegner als erfahrenen und sehr intelligenten Boxer, der einfach nicht zu erwischen sei. Deshalb sei auch sein eigener Gewichtsvorteil nie zum Tragen gekommen und die Frustration im Laufe des Kampfes angewachsen. Dies sei eine lehrreiche Erfahrung für ihn, die ihm sage, daß er sich auf seinen nächsten Kampf noch besser vorbereiten müsse.

Die 16.500 Zuschauer in der MGM Grand Arena in Las Vegas waren auf ihre Kosten gekommen, hatten sie doch Boxkunst auf denkbar hohem Niveau miterlebt. Mayweather, im vergangenen Jahr zum weltweit bestverdienenden Sportler aufgestiegen, erhielt dank eines Vertrags mit dem Sender Showtime, der für sechs Kämpfe insgesamt 200 Millionen Dollar zahlt, die gewaltige Garantiebörse von 41,5 Millionen Dollar. Sein dreizehn Jahre jüngerer Gegner konnte sechs Millionen Dollar mit nach Hause nehmen. Wenige Stunden nach Bekanntgabe des Kampfs war die Halle bereits ausverkauft gewesen, noch bevor die Zeitungen den Termin abdrucken konnten. Die beiden Boxer hatten im Vorfeld ihres Duells eine neuntägige Werbetour absolviert, um möglichst viele Boxfans für den 75 Dollar teuren Kampf im Bezahlfernsehen zu gewinnen.

Floyd Mayweather wurde beim Einmarsch von den Showstars Justin Bieber und Lil Wayne flankiert, im Publikum saßen diverse Prominente wie Jack Nicholson, LL Cool J, Denzel Washington, Magic Johnson und Michael Phelps. Mayweather ist nicht nur ein überragender Boxer, mit dessen bestechenden Leistungen im Ring sein Verhalten außerhalb desselben nicht im mindesten Schritt halten kann, sondern zugleich eine feste Größe im US-amerikanischen Showgeschäft. Sein selbstgewählter Beiname "Money", der die alte Bezeichnung "Pretty Boy" weitgehend abgelöst hat, wird dort keineswegs als Zeichen selbstgefälliger Überheblichkeit und uneingeschränkten Profitstrebens mit Skepsis aufgenommen, sondern im Gegenteil als Prädikat allseits anerkannten und angestrebten Erfolgs hofiert. "Es geht ums Gewinnen, darum, der Beste aller Zeiten zu sein", unterstrich Mayweather, wie innig bei ihm sportlicher und finanzieller Erfolg verquickt sind. "Der Beste muß das meiste Geld bekommen", erhob auch Alvarez den Konkurrenzkampf zugunsten der allerwenigsten und folglich auf Kosten der allermeisten zur einzig gültigen Maxime. Das ist natürlich ein zeitgenössisches Trauerspiel historischer Amnesie und bedingungsloser Glorifizierung der gesellschaftlichen Verhältnisse, welches das Lebenswerk des "Größten aller Zeiten" bedenkenlos in den Schmutz tritt.

Fußnote:

[1] http://www.boxen.de/news/mayweather-erteilt-alvarez-lehrstunde-und-vereinigt-titel-im-halbmittelgewicht-28970

15. September 2013