Schattenblick →INFOPOOL →SPORT → BOXEN

PROFI/551: Solider Auftritt Brähmers gegen überforderten Bolonti (SB)




Schweriner bleibt WBA-Weltmeister im Halbschwergewicht

Jürgen Brähmer hat den Titel der WBA im Halbschwergewicht zum zweiten Mal erfolgreich verteidigt. Vor rund 3800 Zuschauern in der Schweriner Sport- und Kongreßhalle dominierte der Lokalmatador den Argentinier Roberto Feliciano Bolonti und gewann über zwölf Runden einstimmig nach Punkten (118:109, 119:108, 119:108). Während der 35jährige Weltmeister seine Bilanz auf 44 Siege und zwei Niederlagen verbesserte, stehen für seinen Gegner nun 35 gewonnene und drei verlorene Auftritte zu Buche.

Der Schützling Trainer Karsten Röwers aus dem Berliner Sauerland-Team hat den Gürtel des regulären WBA-Weltmeisters seit Dezember vergangenen Jahres in seinem Besitz. Er diktierte von Beginn an das Geschehen im Ring, da sich der Herausforderer hinter seiner Deckung verschanzte, zurückwich und bei seinen sporadischen Angriffen nur selten die passende Distanz fand. Da Brähmer ein Konterboxer ist, lag ihm diese Kampfesweise im Grunde nicht. Er mußte die Initiative ergreifen, Druck machen und Akzente setzen, was ihm vor allem mit seinem präzise geschlagenen Jab gelang. [1]

Der Weltmeister kam in der Anfangsphase immer wieder mit beiden Händen durch, wobei er auch etliche Körpertreffer anbringen konnte. Seinem Gegner mangelte es offensichtlich an Ideen, wie er an den Schweriner herankommen sollte. In der dritten Runde kam der Weltmeister mit ersten Wirkungstreffern zum Kopf Bolontis durch, denen er stets ein, zwei Schläge zum Körper folgen ließ. Wie sich deutlich abzeichnete, verfügte der Argentinier nicht über die technischen Möglichkeiten, dem Champion Paroli zu bieten.

Erst im fünften Durchgang wurde der Herausforderer etwas aktiver und konnte insbesondere in der Halbdistanz wie auch im Infight punkten. Das lag allerdings auch daran, daß Brähmer ungeduldig geworden war und es mit der Brechstange versuchte, was Karsten Röwer in der Pause denn auch monierte. In der Folge besann sich der Schweriner wieder auf seine Stärken und dominierte den Kampf aus der Distanz.

Da Bolonti kleiner und Brähmer insgesamt körperlich unterlegen war, mußte er zwangsläufig nahe an den Gegner heranrücken, um seine Schläge ins Ziel zu bringen. Der Schweriner klammerte in solchen Situationen sofort, und da er vom Ringrichter nicht ermahnt wurde, unterband er auf diese Weise die meisten Angriffe des Herausforderers. Zwar versuchte Bolonti, sich zu wehren, und ging beherzt in den Mann, doch holte er sich dabei in der siebten Runde eine blutige Nase. Sichtlich frustriert rannte sich der Argentinier immer wieder fest und begann zu schlagen, während er gehalten wurde, wofür ihn der Referee nach mehreren Ermahnungen schließlich im achten Durchgang mit einem Punktabzug bestrafte, während er dem fortgesetzt klammernden Champion keinen Einhalt gebot. [2]

Damit lag der Herausforderer in der Wertung inzwischen so weit zurück, daß nur noch ein Glückstreffer das Blatt wenden konnte. Der Argentinier bäumte sich in der Schlußphase noch einmal auf, ging in die Offensive und traf Brähmer nun häufiger. In der letzten Runde setzte der ehemalige Gefängniswärter aus Buenos Aires schließlich alles auf eine Karte. Brähmer ließ sich in den verbliebenen drei Minuten auf den offenen Schlagabtausch ein, in dem der Herausforderer Treffer um Treffer landen konnte. Nach einer wuchtigen Linken zum Kopf, die offenbar Wirkung bei Brähmer hinterließ, begann dieser nach dem Trennkommando des Ringrichter sofort zu klammern. So sorgte das Finale noch einmal für Spannung, die man zuvor über weite Strecken vermißt hatte, was freilich nichts an Brähmers klarem Sieg änderte.

Wie der Titelverteidiger im anschließenden Interview mit der ARD einräumte, habe er es am Ende noch einmal spannend gemacht. Ein Risiko habe jedoch zu keiner Zeit bestanden, versicherte der Weltmeister. Er habe seine taktische Marschroute voll durchgezogen und keine Gefahr aufkommen lassen. Brähmer kenne inzwischen seine Stärken und Schwächen, so daß seine Auftritte fast mühelos wirkten, und werde von Kampf zu Kampf besser, lobte Promoter Kalle Sauerland seinen Boxer.

Jürgen Brähmer hat mit einem soliden Auftritt seinen Gürtel souverän verteidigt, wobei man nicht vergessen darf, daß sein Gegner an Nummer vierzehn der WBA-Rangliste stand und nicht besser war, als man es aufgrund dieser Plazierung erwarten durfte. An der Spitze der Gewichtsklasse warten sehr viel gefährlichere Gegner auf den Schweriner.

Bei der Pressekonferenz stand natürlich auch die Frage nach den Zukunftsplänen des erfolgreichen Titelverteidigers im Raum. Dazu teilte Sauerland mit, daß die Verhandlungen mit Bernard Hopkins angelaufen, doch durch die Trennung des langjährigen Geschäftsführers Richard Schaefer von den Golden Boy Promotions unterbrochen worden seien. Man sei jedoch zuversichtlich, die Gespräche in Kürze fortsetzen zu können.

Ob Bernard Hopkins überhaupt Interesse an Brähmers Gürtel hat, ist ungewiß. Der Schweriner firmiert lediglich als regulärer Weltmeister der WBA, die den bereits 49 Jahre alten legendären US-Amerikaner seit dessen Sieg gegen den Kasachen Beibut Schumenow als Superchampion führt. Hopkins, der zudem IBF-Weltmeister ist, plant einen Kampf gegen den Kanadier Adonis Stevenson, um ihm den WBC-Titel abzunehmen und danach möglicherweise seine Karriere im Alter von 50 Jahren zu beenden. Sauerland müßte schon mit einer hohen Börse winken, um Hopkins davon zu überzeugen, sich zuvor mit Jürgen Brähmer zu befassen, der in den USA weithin unbekannt ist.


Fußnoten:

[1] http://www.boxen.com/news-archiv/newsdetails/article/braehmer-weiter-weltmeister/23.html

[2] http://www.boxingnews24.com/2014/06/juergen-braehmer-decisions-roberto-bolonti/#more-177483

8. Juni 2014