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PROFI/579: Golowkins Geschenk - Sechs Runden Katz und Maus (SB)



Willie Monroe reiht sich in die Opfer Gennadi Golowkins ein

Vor mehr als 12.000 Zuschauern in Inglewood, Kalifornien, hat Gennadi Golowkin seine Titel im Mittelgewicht durch einen Sieg in der sechsten Runde über Willie Monroe erfolgreich verteidigt. Der 33 Jahre alte Kasache gab einmal mehr eine überzeugende und unterhaltsame Vorstellung, die das Publikum begeisterte und seine Führungsposition weit über diese Gewichtsklasse hinaus unterstrich. Golowkin blieb auch in seinem 33. Profikampf ungeschlagen und hat nun 20 Gegner in Folge vorzeitig besiegt, womit er die höchste K.o.-Quote aufweist, die je ein Weltmeister im Mittelgewicht erzielen konnte. Mit seiner vierzehnten erfolgreichen Titelverteidigung zog er in dieser Gewichtsklasse mit dem Argentinier Carlos Monzon gleich und hat in dieser Hinsicht nur noch Bernard Hopkins vor sich, der es seinerzeit auf 20 geschlagene Herausforderer brachte.

Der in der Rechtsauslage boxende Willie Monroe, für den nun 19 Siege und zwei Niederlagen zu Buche stehen, war zwar als klarer Außenseiter in den Ring gestiegen, hatte aber im Vorfeld angekündigt, er werde dem Weltmeister allergrößte Probleme bereiten, mit letztem Einsatz kämpfen und keinesfalls auf den Brettern landen. Wenngleich keine dieser Vorhersagen eingetroffen ist, kann man dem 28jährigen Herausforderer doch eine achtbare Vorstellung attestieren, zumal er zwischenzeitlich einige gute Szenen hatte. Wie sich jedoch herausstellte, kam Golowkin auch mit der wendigen Kampfesweise des US-Amerikaners ausgezeichnet zurecht und strafte alle Skeptiker Lügen, die ihm die Fähigkeit absprechen wollten, seine verheerende Schlagwirkung gegen Kontrahenten jedweden Stils durchzusetzen.

Bereits in der Anfangsphase kämpfte Monroe ums Überleben, da Golowkin Lücken in seiner Deckungsarbeit erkannte und umgehend ausnutzte. Der Herausforderer hielt seine rechte Führhand zu tief, wenn er einen Jab geschlagen hatte, und fing sich in der zweiten Runde einen trockenen linken Haken des Kasachen ein, der ihn zu Boden schickte. Monroe kam wieder auf die Beine, machte aber wenig später nach einer wuchtigen Rechten des Champions erneut Bekanntschaft mit den Brettern. Wenngleich der Außenseiter aus Rochester, New York, die Runde überstand, schien sich ein frühes Ende abzuzeichnen.

Monroe kam jedoch im folgenden Durchgang wesentlich besser zur Geltung, da er nun geschickter auswich und diverse Konter ins Ziel brachte. Golowkin wirkte in dieser Phase plötzlich zurückhaltend, schlug relativ wenig und blieb häufig in der Ringmitte vor dem Gegner stehen. Dasselbe Bild zeigte sich auch zu Anfang der vierten Runde, in der Monroe mit einer Kombination zum Zuge kam, die Golowkins Kopf zurückschnellen ließ. Im fünften Durchgang setzte sich der lebhafte Schlagabtausch fort, bei dem auch der Herausforderer auf seine Kosten kam. Wie sich jedoch immer deutlicher zeigte, schien der Kasache die Schläge des Gegners überhaupt nicht zu fürchten.

In der Pause wies Trainer Abel Sanchez seinen Schützling an, er solle Monroe nicht derart zur Entfaltung kommen lassen. Golowkin befolgte umgehend diesen Rat und boxte in der sechsten Runde wieder so, wie er die zweite beendet hatte. Er arbeitete vehement mit dem Jab, trieb den Herausforderer vor sich her und streckte ihn mit zwei Uppercuts und einem weitgezogenen Schwinger zum dritten Mal in diesem Kampf nieder. Ringrichter Jack Reiss zählte Monroe bis neun an, ehe dieser mühsam wieder auf die Beine kam und sich in die Seile lehnte. Da er die Frage des Referees, ob er weitermachen könne, jedoch entschieden verneinte, brach Reiss den Kampf an dieser Stelle ab. [1]

Das war eine weise Entscheidung, da Golowkin in den drei vorangegangenen Runden offenbar mit Monroe gespielt hatte, um ihn zu prüfen und dem Publikum eine kurzweilige Unterhaltung zu bieten. Als der Kasache wieder entschieden zur Sache ging, hatte der Herausforderer keine Chance mehr, sich zu behaupten, und wäre mit Sicherheit wenig später erneut auf den Brettern gelandet. Wie die Statistik von CompuBox belegte, hatte Golowkin zwar nicht ganz so häufig wie Monroe geschlagen, jedoch eine wesentlich höhere Trefferquote erzielt. Davon abgesehen konnte ihm der Herausforderer selbst mit seinen besten Schlägen nichts anhaben, während der Kasache des öfteren seine gefürchtete Schlagwirkung entfaltete.

Im anschließenden Interview mit Max Kellerman vom übertragenden Sender HBO bestätigte Gennadi Golowkin denn auch, daß er durchaus in der Lage gewesen wäre, Monroe frühzeitig auszuschalten. Es sei ihm jedoch darum gegangen, den Zuschauern ein Drama zu bieten, bei dem alle auf ihre Kosten kämen. Deshalb habe er den Herausforderer wieder in den Kampf kommen lassen, jedoch zu keiner Zeit die Kontrolle an ihn abgegeben. Er habe Monroe zunächst gezeigt, wer der Champion ist, und ihm dann eine Chance gelassen. Er fordere nun einen bedeutenden Kampf gegen einen der anderen Weltmeister im Mittelgewicht wie insbesondere Miguel Cotto oder gegen den Mexikaner Saul "Canelo" Alvarez. Danach werde er sich gern mit dem Supermittelgewichtler Andre Ward messen, für den er großen Respekt hege. [2]

Da ihm Cotto und Alvarez weiterhin aus dem Weg gehen werden, muß Golowkin entweder WBO-Champion Andy Lee oder den Sieger des Kampf um den vakanten IBF-Titel zwischen David Lemieux und Hassan N'Dam am 20. Juni aufs Korn nehmen. Wie Promoter Tom Loeffler dazu anmerkte, könne man Cotto und "Canelo" eben nicht zwingen, sich Golowkin zu stellen. Der Kasache wird von den namhaftesten Konkurrenten gemieden, da sich keiner von ihnen in die lange Liste seiner K.o.-Opfer einreihen will. Sollte Lemieux im Juni gewinnen, wird ihn sein Promoter Oscar de la Hoya mit Sicherheit von dem Kasachen fernhalten. Wie der Präsident der Golden Boy Promotions bereits unterstrichen hat, werde Saul Alvarez in den nächsten zwei Jahren nicht gegen Golowkin antreten. Ähnlich würde er wohl auch mit dem Kanadier verfahren, sollte dieser neuer IBF-Champion im Mittelgewicht werden. Daß Andy Lee das Risiko eingeht, sich den Gürtel von dem Kasachen abnehmen zu lassen, darf ebenfalls bezweifelt werden.

Willie Monroe kann sich bei Gennadi Golowkin dafür bedanken, daß er drei Runden lang sein Können demonstrieren durfte, das zwar nicht für den Kasachen ausreichte, wohl aber diversen anderen Gegnern beträchtliche Probleme bereiten sollte. Er kämpfte behende und mobil, schlug variabel und sorgt als Rechtsausleger ohnehin für unbequeme Distanzen. [3]

Verglichen mit Floyd Mayweather und Manny Pacquiao, die nach ihrem Duell Einkünfte von mehreren hundert Millionen Dollar untereinander aufteilen, muten die Börsen von Inglewood nachgerade bescheiden an. Während Golowkin als Superchampion der WBA und Weltmeister des kleinen Verbands IBO immerhin die Summe von 1,5 Millionen Dollar einstreichen kann, erhält Monroe weniger als 100.000 Dollar für seinen Auftritt. Saul "Canelo" Alvarez, der weder Weltmeister noch der beste Boxer im Halbmittelgewicht ist, bekam 3,5 Millionen für seinen Kampf gegen den als Kanonenfutter verpflichteten James Kirkland, was ebenfalls beweist, daß eine erfolgreiche Vermarktung von weit mehr als dem jeweiligen Können abhängt.

Gennadi Golowkin gilt nicht nur unter Experten längst als gefährlichster und spektakulärster Boxer der gesamten Gewichtsregion, braucht aber dennoch weithin wahrgenommene Kämpfe gegen namhafte Konkurrenten, um ein Massenpublikum zu erreichen, das wiederum entsprechende Umsätze garantiert. Der Puertoricaner Miguel Cotto und der Mexikaner "Canelo" Alvarez, die beide eine riesige Fangemeinde mobilisieren können, wären deshalb ideale Gegner für den Kasachen, der jedoch längst zu stark für sie geworden ist. Floyd Mayweather und Manny Pacquiao machten einen gewaltigen Sprung in der Gunst des Publikums, nachdem sie Oscar de la Hoya besiegt hatten. Gennadi Golowkin, der vor kurzem mit seiner Familie von Stuttgart nach Los Angeles umgezogen ist, muß sich weiter in Geduld üben und mit jenen Herausforderern vorlieb nehmen, sich sich trotz allem mit ihm in den Ring wagen. [4]


Fußnoten:

[1] http://www.boxingnews24.com/2015/05/golovkin-stops-monroe-in-six/#more-193254

[2] http://www.boxingnews24.com/2015/05/golovkin-vs-monroe-early-results/#more-193228

[3] http://www.boxingnews24.com/2015/05/golovkin-wants-lee-or-lemieux-ndam-winner-if-he-cant-get-canelo-or-coto/#more-193251

[4] http://www.boxingnews24.com/2015/05/golovkin-monroe-purses-ggg-1-5m-monroe-100k/#more-193231

17. Mai 2015


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