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PROFI/600: Schlag auf Schlag (SB)



Andrzej Fonfara gewinnt turbulenten Kampf gegen Nathan Cleverly

In einem turbulenten Kampf des Halbschwergewichts hat der 27jährige Pole Andrzej Fonfara den ein Jahr älteren Waliser Nathan Cleverly in Chicago einstimmig nach Punkten besiegt (115:113, 116:112, 116:112). Gemeinsam stellten die Kontrahenten laut CompuBox mit insgesamt 2524 Schlägen und 936 Treffern einen neuen Rekord für diese Gewichtsklasse auf. Fonfara, der als Lokalmatador das Publikum auf seiner Seite hatte, wird in der WBC-Rangliste an Nummer zwei geführt und verbesserte seine Bilanz auf 28 Siege sowie drei Niederlagen. Für den früheren WBO-Weltmeister Cleverly stehen nun 29 gewonnene und drei verlorene Auftritte zu Buche.

Die Widersacher erinnerten insofern an Boxer alter Schule, als beide bei ihrem Schlagabtausch weitgehend auf die Defensive verzichteten und selten zum Körper gingen. Zur Freude der Zuschauer griffen sie einander Runde um Runde an, ohne daß es zu einem Niederschlag gekommen wäre. Daß Cleverly in hoher Frequenz schlagen würde, war zu erwarten, nicht jedoch die für ihn ungewöhnliche Taktik, den Kampf eng am Gegner zu suchen. Wenngleich ihm das erlaubte, mit beiden Fäusten Uppercuts zu schlagen, spielte seine Kampfesweise doch Fonfara in die Hände, der die größere Schlagwirkung aufbieten konnte. [1]

In den ersten drei Runden boxte der Waliser wie entfesselt, doch mußte er diesem hohen Anfangstempo in der Weise Tribut zollen, daß er zwar auch in der Folge häufig, aber offensichtlich mit nachlassender Wirkung schlug. Im vierten und fünften Durchgang ging Cleverly dazu über, auf seinen Gegner einzureden, ihn zum Angriff aufzufordern und seinen Arm wie einen Windmühlenflügel kreisen zu lassen, bevor er schlug. Das half ihm natürlich nicht weiter, zumal der Pole in der siebten Runde seine Nase malträtierte, die zu bluten und grotesk anzuschwellen begann.

Dessen ungeachtet stürmte der Waliser im achten Durchgang auf Fonfara los und trieb ihn in die Seile, um ihn dort mit einem Hagel von Schlägen einzudecken. Wenig später drehte der Lokalmatador den Spieß um und versetzte Cleverly wuchtige Treffer. So wogte das Geschehen lebhaft hin und her, nur unterbrochen vom Ringarzt, der in der zehnten Runde die verletzte Nase inspizierte, worauf er grünes Licht für die Fortsetzung des Kampfes gab. Obgleich der Waliser bis zum Schlußgong munter mitschlug, gingen doch die letzten beiden Runden klar an Fonfara.

In seiner anschließenden Stellungnahme sprach der Waliser von einem phantastischen Kampf, in dem die beiderseitigen Stile ausgezeichnet ineinander gegriffen hätten. Nach dem furiosen Auftakt und dessen unermüdlicher Fortsetzung überrasche ihn der Rekord abgefeuerter Schläge und erzielter Treffer nicht. Fonfara könne gewaltig zuschlagen und sei in dieser Hinsicht nicht weit hinter Sergej Kowaljow einzustufen. Dennoch sei er zuversichtlich gewesen, den Polen besiegen zu können, bis ihm die Verletzung an der Nase in die Quere gekommen sei. Fonfara würdigte die bemerkenswerten Nehmerqualitäten Cleverlys, der ein großartiger Kämpfer sei und jede Menge Schläge eingesteckt habe, ohne nachzugeben. Offenbar habe der Waliser bis zum Schluß an seinen Sieg geglaubt. Für diese außergewöhnliche Leistung zolle er ihm Respekt. [2]

Andrzej Fonfara hatte 2014 eine beachtliche Leistung geboten, als er den amtierenden WBC-Weltmeister Adonis Stevenson aus Kanada auf die Bretter schickte, am Ende jedoch nach Punkten verlor. Seither hat er, den jüngsten Sieg gegen Cleverly eingerechnet, drei Kämpfe in Folge gewonnen und sich wieder einen Platz unter den führenden Titelaspiranten gesichert.

Der Waliser war nach der verheerenden Niederlage gegen den Russen Sergej Kowaljow, die ihn den WBO-Titel kostete, ins Cruisergewicht aufgestiegen, wo er vier Kämpfe bestritt. Da er angesichts seiner relativ geringen Schlagwirkung dort keine Zukunft sah, kehrte er wieder ins angestammte Halbschwergewicht zurück. Mit einer Bilanz von drei gewonnenen und ebenso vielen verlorenen Auftritten in den letzten zwei Jahren sieht es nicht rosig aus, was die Fortsetzung seiner Karriere betrifft. Er hat seit 2011 keinen namhaften Kontrahenten mehr besiegt und kann mit guten, geschweige denn den besten Akteuren seiner Gewichtsklasse wie Sergej Kowaljow, Adonis Stevenson und Artur Beterbijew, nicht mithalten.


Fußnoten:

[1] http://espn.go.com/boxing/story/_/id/13905859/andrzej-fonfara-defeats-nathan-cleverly-unanimous-decision-premier-boxing-champions-main-event

[2] http://www.boxingnews24.com/2015/10/fonfara-defeats-cleverly-in-thrilling-war/#more-200701

19. Oktober 2015


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