Schattenblick →INFOPOOL →SPORT → FAKTEN

GESCHICHTE/171: Im November 1949 konstituierten sich vier weitere Bundesfachverbände (DOSB)


DOSB-Presse Nr. 44 / 27. Oktober 2009
Der Artikel- und Informationsdienst des Deutschen Olympischen Sportbundes (DOSB)

Die Zahl der bundesdeutschen Spitzenverbände wuchs
Im November 1949 konstituierten sich vier weitere Bundesfachverbände

Von Friedrich Mevert


Zu den bereits in den früheren Monaten des "Jahrs des Aufbruchs" auch im sportlichen Bereich gegründeten sechs bundesdeutschen Sportfachverbänden kamen im November 1949 mit dem Deutschen Leichtathletik-Verband (12.11.), dem Deutschen Segler-Verband, dem Deutschen Fechter-Bund und dem Deutschen Motorsport-Verband (alle 27.11.) vier weitere Spitzenverbände hinzu, die - außer den Motorsportlern - als olympische Fachverbände bereits durch ihre Repräsentanten an der Gründung des Nationalen Olympischen Komitees am 24. September des Jahres in Bonn mitgewirkt hatten.


Die Leichtathletik als olympische Kernsportart

Die Leichtathletik ist eine der ältesten Sportarten überhaupt, da Laufen, Springen und Werfen zu den Urformen der menschlichen Bewegung gehören und frühzeitig auch in wettkampfmäßigen Formen ausgeübt wurden. Schon bei den Olympischen Spielen der Antike standen die leichtathletischen Wettbewerbe im Mittelpunkt des Geschehens. Als Ursprungsland der modernen Leichtathletik gilt Großbritannien, von wo aus auch erste Anstöße nach Deutschland übergriffen.

So führte der auch als Fußballpionier bekannte Braunschweiger Prof. Konrad Koch nach seinen Studien in England 1872 mit dem MTV Braunschweig die erste Leichtathletikveranstaltung in Deutschland durch. In den folgenden Jahren gibt es die ersten Vereins- und Verbandsgründungen und finden auch die ersten Meisterschaften - noch nach englischen Maßen - statt, bevor mit der Gründung der "Deutschen Sportbehörde für Athletik" am 29./30. Januar 1898 in Berlin durch Vereine aus Berlin, Braunschweig, Frankfurt, Hamburg, Hannover, Leipzig und Stuttgart die erste Dachorganisation gebildet wird, der sich bis zum Jahresende bereits 33 Vereine anschließen. Am 24./25. September 1898 werden in Hamburg die ersten Deutschen Meisterschaften über 100, 200 und 1.500 Meter ausgetragen.

Im Rahmen der weiteren Entwicklung ist das Jahr 1908 von besonderer Bedeutung, denn hier wird Carl Diem als Nachfolger von Georg Demmler zum Vorsitzenden des Verbandes gewählt, der eine neue Satzung beschließt und auch seinen Namen in "Deutsche Sportbehörde für Leichtathletik" umwandelt. An weiteren wichtigen Daten sind zu nennen: die Jahre 1913 mit der Gründung des Weltverbandes IAAF in Berlin, 1916 mit ersten Frauenwettkämpfen in der Öffentlichkeit, 1921 mit dem ersten Länderkampf gegen die Schweiz in Basel und 1931 mit der erstmaligen Beteiligung der Deutschen Turnerschaft, die bis dahin eigene Meisterschaften durchgeführt hatte, an den Deutschen Meisterschaften in der Leichtathletik.

1933 wird die "Deutsche Sportbehörde" nach der nationalsozialistischen Machtübernahme zunächst in "Deutscher Leichtathletik-Verband" umbenannt und zwei Jahre später nach der zwangsweisen Auflösung der deutschen Turn- und Sportverbände in das "Fachamt Leichtathletik" im Deutschen Reichsausschuss für Leibesübungen (DRL), später NSRL, umgewandelt.

Nach dem Zusammenbruch des Dritten Reiches wurde bereits 1946 auf der Landesebene und in den damaligen Westzonen mit der Neugründung von Fachverbänden begonnen. Nach der Zwischenstufe des Deutschen Leichtathletik-Ausschusses (DLA) erfolgte am 12. November 1949 in München die Neugründung des Deutschen Leichtathletik-Verbandes. Zum 1. Vorsitzenden wurde der früher international erfolgreiche Mittelstreckler Dr. Max Danz und zum Geschäftsführer Karl Beuermann gewählt und als Sitz der Geschäftsstelle Kassel bestimmt. Nach Dr. Danz übernahm 1970 in Saarbrücken der bisherige Jugendwart Dr. August Kirsch das Amt des DLVVorsitzenden. Dr. Danz wurde mit dem Ehrenvorsitz des Verbandes ausgezeichnet. 1973 wurde Heiner Henze Nachfolger von Karl Beuermann als Generalsekretär und die DLV-Geschäftsstelle von Kassel nach Darmstadt verlegt, wo sie bis heute ihren Sitz hat.

Der DLV ist über seine Rechtsvorgänger Gründungsmitglied der International Amateur Athletic Federation (IAAF), seit 1915 - in die er nach dem Krieg am 23.8.1950 wieder aufgenommen wurde - und der European Athletic Association (EAA), seit 1970.

Meilensteine in der Entwicklung der bundesdeutschen Leichtathletik in der Nachkriegszeit sind die Stiftung des Rudolf-Harbig-Preises für vorbildliche Athleten (1950), die Herausgabe des Jahrbuchs der Leichtathletik (1953), die Einführung von Deutschen Hallenmeisterschaften (1954), die Einbeziehung des Volkslaufs als Breitensportangebot (1965), die Durchführung der ersten Europäischen Hallenspiele (1966 in Dortmund) sowie die Einführung des DLV-Mehrkampfabzeichens (1968) und des Volkslaufabzeichens (1970).


Die Segler als einer der ältesten deutschen Sportverbände

Wenn auch das Fahren mit Schiffen schon aus den vorchristlichen Jahrhunderten bekannt ist, so lässt sich dennoch schwer belegen, wann aus dem Segeln mit Booten eine sportliche Betätigung wurde, die über den Transportzweck hinausging. Auf jeden Fall dürfte sich auch das Segeln als Sport in England, dem "Mutterland des Sports", entwickelt haben, ist doch von der britischen Insel die erste Regatta auf der Themse aus dem Jahr 1661 überliefert. In Irland wurde 1720 der erste Segelverein der Welt gegründet, während in Deutschland die erste Regatta erst 1850 auf der Alster gesegelt wurde.

Segelvereine bestanden in Deutschland schon seit den 40er Jahren des 19. Jahrhunderts. Zur Gründung des Deutschen Segler-Verbandes durch zwölf Vereine aus allen Teilen des damaligen Deutschen Reichs kam es am 3. März 1888 in Hamburg. Hauptaufgabe der neuen Dachorganisation war es damals, für Yachten unterschiedlicher Größe Vermessungs- und Ausgleichsformeln zu finden und verbindliche Wettfahrtregeln festzulegen; eine Aufgabe, die bis heute geblieben ist.

Der DSV hatte sich bereits zu seiner Gründungszeit mit vielen Klagen, vor allem der Berufsfischer zu befassen, wurde dann aber in den folgenden Jahrzehnten immer mehr zum Sprecher nicht nur der Regattasegler, sondern auch der Fahrtensegler, der Eis- und Landsegler und der wachsenden Schar der Jollenbesitzer. Schon 1900 nahm die deutsche Yacht "Aschenbrödel" an den Segelwettbewerben bei den Olympischen Spielen von Paris teil; die offizielle olympische Beteiligung des DSV begann 1912 in Stockholm. In der Star-Klasse wurde 1936 vor Kiel das erste olympische Gold von den deutschen Seglern Dr. Peter Bischoff und Hans Joachim Weise gewonnen.

Der Deutsche Segler-Verband war 1907 Gründungsmitglied der "International Yacht Racing Union" (IYRU) und wurde nach dem 2. Weltkrieg am 8. November 1951 in diesen internationalen Dachverband wieder aufgenommen. War Segeln mehr als andere Sportarten über lange Zeit ein Sport vor allem von Privilegierten, so ist es heute durchaus ein Volkssport geworden. Diese Entwicklung wurde sicher auch deshalb möglich, weil es mit dem Aufkommen der Kunststoffbauweise gelang, preisgünstige und trotzdem seetüchtige Boote zu konstruieren. Der Deutsche Segler-Verband wurde nach dem Zusammenbruch des Dritten Reiches am 26./27. November 1949 in Flensburg wiederbegründet und hat seinen Sitz in Berlin. Zum Gründungspräsidenten wurde Carl Georg Ewers gewählt, der dieses Amt bis 1956 wahrnahm. Die DSVGeschäftsstelle befindet sich in Hamburg.


Vom kriegerischen Duell zum sportlichen Zweikampf

Hervorgegangen aus dem kriegerischen Duell mit dem Schwert zählt das Fechten - neben Boxen und Ringen - zu den ältesten Disziplinen des sportlichen Zweikampfes überhaupt. Mit der Erfindung des Schießpulvers verlor das Fechten aber seine Bedeutung als kriegerische Waffe, und erste Fechtgesellschaften mit sportlichen Zielen entstanden im 15. Jahrhundert in Italien. Von Italien aus setzten sich im Mittelalter einheitliche Regeln durch; auch wurden an Stelle der Kriegswerkzeuge wie Hellebarde, Dolch und Spieß später Degen und Florett als sportliche Waffen eingeführt. Während in anderen Erdteilen (Asien, Afrika) noch heute das Fechten mit blanken Waffen oder Stöcken (z. B. Kendo in Japan) zu den überlieferten Sportarten gehört, ist die Entwicklung des modernen sportlichen Fechtens vor allem den italienischen und französischen Fechtschulen zu verdanken.

In Deutschland war es Friedrich Ludwig Jahn, der mit seinem Freund Friesen dem Sportfechten innerhalb der Turnerschaft den Weg zu ebnen versuchte, wenn auch nicht mit großem Erfolg. 1862 wurde mit dem Fecht-Klub Hannover der älteste deutsche Verein gegründet. Weitere Vereinsgründungen folgten in Offenbach, Mainz und Frankfurt. Doch erst 1911 kam es zur Gründung des Deutschen Fechterbundes, nachdem früheren Verbandsgründungen kein langes Leben beschieden war.

Am 17. Dezember 1911 wurde im "Frankfurter Hof" in Frankfurt der Gründungsakt vollzogen und ein Ausschuss gewählt, der ein Grundgesetz ausarbeiten sollte. Diesem Ausschuss gehörte auch der spätere erste Vorsitzende J. Erckrath-de Bary (Offenbach) an, der den Verband bis 1926 führte und dann zum Ehrenpräsidenten gewählt wurde. In den Jahren nach dem Ersten Weltkrieg brillierte vor allem ein deutscher Fechter: Der spätere DFB-Präsident Erwin Casmir (Frankfurt) gewann von 1923 bis 1928 alle deutschen Meistertitel auf Florett, Säbel und Degen und behauptete sich bei den Olympischen Spielen von Amsterdam, Los Angeles und Berlin als einer der weltbesten Fechter. Gleiches gilt bei den Damen für Helene Meyer. Doch der Zweite Weltkrieg unterbrach die Entwicklung des deutschen Fechtsports in der Breite und in der Spitze.

Nach dem Zusammenbruch des Dritten Reiches gelang bereits am 27. November 1949 - trotz des noch bestehenden Verbots der britischen Militärregierung - in Bonn die Wiedergründung des Deutschen Fechterbundes. Zum Präsidenten wurde einstimmig Erwin Casmir gewählt, der bereits von 1934 bis 1937 dieses oberste Führungsamt innegehabt hatte. Nach schweren Aufbaujahren stellten sich nach und nach die Erfolge ein, die ihren ersten Höhepunkt im Olympiasieg von Heidi Schmid 1960 in Rom fanden.

Noch heute zählt der Deutsche Fechter-Bund zu den international erfolgreichsten deutschen Sportverbänden. Die DFB-Nationalmannschaften der Damen und Herren gehören auf allen Waffen zu den führenden Teams der Welt und haben zahlreiche Olympiasiege und Welttitel erkämpft. Sitz des DFB ist Bonn, wo sich auch eines der drei Bundesleistungszentren befindet. Bekannter nicht nur in Fechterkreisen ist allerdings die Medaillenschmiede in Tauberbischofsheim. Im November 1986 kam es zu einem besonderen Führungswechsel an der Spitze des DFB. Einstimmig wählten die Delegierten beim Fechtertag in Bonn als Nachfolgerin des aus Gesundheitsgründen ausgeschiedenen verdienstvollen langjährigen Präsidenten Klaus-Dieter Güse mit Erika Dienstl - der heutigen DFB-Ehrenpräsidenten - erstmalig im deutschen Sport eine Frau in die höchste Führungsposition eines bundesdeutschen Spitzenverbandes.


Die Motorradfahrer verselbständigten sich 1923

Die Geschichte und Entwicklung des Motorsports und die Gründung entsprechender Clubs und Organisationen ist natürlich eng mit der Entwicklung des Motors und der motorisierten Fahrzeuge verbunden. Nachdem das erste Motorrad 1883 hergestellt worden war, fand bereits 1887 auf der Strecke Paris-Dieppe ein erstes Motorradrennen statt. Um die Jahrhundertwende wurden in Deutschland die ersten Interessenverbände der Auto- und Motorradfahrer gegründet, als erster 1897 der Mitteleuropäische Motorwagen-Verein. 1899 folgte in Berlin mit dem Deutschen Automobilclub der heutige Automobilclub von Deutschland (AvD). Mit der Deutschen Motorradfahrer-Vereinigung wurde 1903 in Stuttgart eine Vorgängerin des späteren ADAC gegründet, die sich 1911 auch den heutigen Namen Allgemeiner Deutscher Automobilclub gab.

Von der durch die wachsende Bedeutung des Autos veränderten Zielsetzung des damaligen ADAC bedingt fühlten sich die Motorradfahrer im ADAC immer mehr an den Rand gedrängt und verselbständigten sich im Februar 1923 in Halle/Saale durch die Gründung eines neuen Deutschen Motorradfahrer Verbandes (DMV). Dieser hatte erheblichen Zulauf und schon bald über 100 Clubs in seinen Reihen. Die folgenden Jahre waren von konkurrierenden Entwicklungen zwischen ADAC, AvD und DMV gekennzeichnet.

Die internationale Vertretung des deutschen Motorradsports wurde zunächst durch den ADAC, dann ab 1925 durch die von ADAC und DMV gegründete Deutsche Motorrad-Sportgemeinschaft (DMS) und ab 1928 durch die Oberste Motorrad-Sportbehörde (OMB) wahrgenommen. Das Jahr 1933 brachte - wie bei den anderen deutschen Sportverbänden - die politisch bedingte Auflösung der bisherigen Motorsportverbände und die Überführung in den DDAC (Der Deutsche Automobilclub) bzw. das NSKK (Nationalsozialistisches Kraftfahr-Korps).

Gleich nach dem Zusammenbruch des NS-Regimes sammelten sich auch die Motorsportler im damals möglichen Rahmen wieder. Schon 1946 kam es zur (wenn auch zunächst auf Bayern beschränkten) Wiedergründung des ADAC und am 2. November 1947 in Hockenheim zur Konstituierung der Arbeitsgemeinschaft Deutscher Motorsport (ADM) unter der Präsidentschaft von Georg Meier (München). Unter dem ADM-Dach fanden sich zunächst auch die restlichen DMV-Clubs wieder zusammen. Nach zahlreichen Verbandsstreitigkeiten mit ADAC und AvD, auch um die Vertretung in den internationalen Dachorganisationen für den Auto- und Motorradsport (FIA und UM), wurde bei der Herbsttagung der ADM am 26./27. November 1949 in Neuwied der Deutsche Motorsport Verband (DMV) wiedergeboren. Zum Präsidenten wurde Curt Wedekind (Hamburg) gewählt. Die DMV-Geschäftsstelle befindet sich in Frankfurt/Main.


*


Quelle:
DOSB-Presse Nr. 44 / 27. Oktober 2009, S. 22
Der Artikel- und Informationsdienst des
Deutschen Olympischen Sportbundes (DOSB)
Herausgeber: Deutscher Olympischer Sportbund
Otto-Fleck-Schneise 12, 60528 Frankfurt/M.
Tel. 069/67 00-255
E-Mail: presse@dosb.de
Internet: www.dosb.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 6. November 2009