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MELDUNG/216: Vergleich der Regeln - UEFA gegen FIFA (idw)


Rheinisch-Westfälische Technische Hochschule Aachen - 02.05.2014

UEFA gegen FIFA



Ein RWTH-Doktorand untersuchte in einer wissenschaftlichen Arbeit Regeln des Europäischen Fußball-Verbandes (UEFA) und des Weltfußballverbands (FIFA) - mit überraschenden Ergebnissen.

Für viele Fußballfans macht es einen besonderen Reiz aus, dass bei Welt- oder Europameisterschaften gegen Ende der Gruppenphase nicht nur das eigene Spiel zählt, sondern auch die Resultate der anderen Begegnungen. Für andere stellt dieser Umstand eine grobe Ungerechtigkeit dar.

Auch Yannick Berker, Doktorand am Institut für Experimentelle Molekulare Bildgebung der RWTH, stellte sich die Frage: Darf ein Spiel zwischen zwei Fußballmannschaften die Reihenfolge zweier anderer Mannschaften beeinflussen? Berker hat sich dieser Frage in einer wissenschaftlichen Arbeit angenommen - und kam zu überraschenden Ergebnissen. Die fraglichen Situationen gibt es in rund zehn Prozent der Gruppen, wenn man die UEFA-Regeln für EM-Endrunden anwendet. Bei Anwendung entsprechender FIFA-Regeln, die bei WM-Endrunden Anwendung finden, sinkt dieser Anteil hingegen auf weniger als 0,1 Prozent.


Alles Zufall oder System?

Anlass für die Untersuchungen waren die Geschehnisse in der Gruppe A während der Endrunde der UEFA EURO 2012. Zur Halbzeit des letzten Spieltags war Russland in der Blitztabelle als Gruppenerster vor Griechenland für die Finalrunde qualifiziert, Tschechien und Polen hätten die Heimreise antreten müssen. Diese Situation war jedoch denkbar knapp, und das einzige Tor der Tschechen gegen Polen in der zweiten Halbzeit stellte alles auf den Kopf. Plötzlich fand sich Russland hinter Griechenland auf Platz 3 wieder und schied aus dem Turnier aus: Griechenland und Russland tauschten die Reihenfolge, ohne dass in ihrem Spiel ein weiteres Tor gefallen wäre. Berker bezeichnet dies als "nicht-autonomes relatives Ranking", weil die Reihenfolge beider Mannschaften durch ein Spiel beeinflusst wurde, an dem keine der beiden beteiligt war.

Er untersuchte die Hypothese, die besagt, dass der Turnier-Modus, beziehungsweise die Regeln für den Fall von punktgleichen Mannschaften entscheidenden Einfluss hatten. Gleichzeitig wollte er abschätzen, wie oft diese Situationen reell zu erwarten sind. "Ein mathematischer Ansatz wäre sehr aufwändig gewesen. Ich habe daher mit Computerhilfe mehrere Millionen Spielergebnisse ausgewürfelt, zu Abschlusstabellen zusammengefasst und nach Anzeichen für nicht-autonomes relatives Ranking gesucht", erklärt er. Fündig wurde er vor allem beim Würfeln von Europameisterschaften, nämlich in zehn Prozent der Gruppen. Ebenso konnte er bestätigen, dass der Modus entscheidenden Anteil hat: Nach UEFA-Regeln wiegt nämlich der direkte Vergleich zwischen zwei Mannschaften wichtiger als die Tordifferenz. Dies ist bei den FIFA-Regeln für Weltmeisterschaften genau umgekehrt.


Weitreichende Konsequenzen für Sportturniere

Diskussionen um den Modus von Fußball-Turnieren sind nicht neu. Erstmals gibt es nun aber handfeste Argumente für eine der beiden vorherrschenden Varianten. Dass die Forderung nach "autonomem relativem Ranking" nicht aus der Luft gegriffen ist, legen Beziehungen zur Sozialwahltheorie nahe, die Berker ebenfalls in seiner Arbeit aufzeigt.

Der Doktorand bevorzugt deswegen die FIFA-Regeln. "Auch wenn sie nicht perfekt sind, sind sie doch an entscheidenden Stellen besser - außerdem finde ich sie wesentlich intuitiver." Durch ihre Einführung bei Europameisterschaften könnte die Manipulierbarkeit von Abschlusstabellen, zum Beispiel durch Spielabsprachen, verringert werden. Dies ist eine nicht unwichtige Konsequenz für Sportwetten.


Arbeit im Umfeld der medizinischen Bildgebung

Für Berker, Fußballfan und Wissenschaftler, treffen in solchen Fällen zwei Welten aufeinander: Die der leidenschaftlich geführten Stammtischdiskussion und die der handfesten Daten und Fakten. "Manchmal kann es auch ganz reizvoll sein, beide miteinander zu verbinden." Für die Kollegen in der Arbeitsgruppe "Physik der Molekularen Bildgebungssysteme" unter der Leitung von Univ.-Prof. Dr.-Ing. Volkmar Schulz bedeutete die Arbeit vor allem viel interessanten Diskussionsstoff. Normalerweise fokussieren sich die Forscher auf die Integration zweier medizinischer Bildgebungsmodalitäten, der Magnet-Resonanz-Tomographie (MRT) und der Positronen-Emissions-Tomographie (PET), sowie auf die Bildgebung von Magnetischen Nanopartikeln (MPI).

Quelle:
Yannick Berker. Tie-breaking in round-robin soccer tournaments and its influence on the autonomy of relative rankings: UEFA vs. FIFA regulations.

Weitere Informationen unter: http://www.tandfonline.com/eprint/NQsbzu7rtSKfY2yISEUc/full

Kontaktdaten zum Absender der Pressemitteilung unter:
http://idw-online.de/de/institution63

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Quelle:
Informationsdienst Wissenschaft e. V. - idw - Pressemitteilung
Rheinisch-Westfälische Technische Hochschule Aachen,
Thomas von Salzen, 02.05.2014
WWW: http://idw-online.de
E-Mail: service@idw-online.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 6. Mai 2014