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PROJEKT/085: Licht und Schatten bei Sport-Entwicklungshilfe (DOSB)


DOSB-Presse Nr. 8 / 17. Februar 2009
Der Artikel- und Informationsdienst des Deutschen Olympischen Sportbundes (DOSB)

Licht und Schatten bei Sport-Entwicklungshilfe

Zwei Projekte aus dem Bereich Fußball im Blickpunkt: Madagaskar und Afghanistan


(DOSB PRESSE) Wie eng Freud und Leid bei den deutschen Sportentwicklungshelfern mitunter beieinander liegen, das lässt sich ganz aktuell anhand zweier Projekte des Deutschen Olympischen Sportbundes (DOSB) illustrieren:

Flucht aus Madagaskar nach fünf Monaten

Die deutsche Unterstützung für den Fußball in Madagaskar findet bereits nach fünf Monaten ein vorläufiges Ende. "Von dem Entschluss, das Land zu verlassen, bis zum Abflug lagen nur ein paar Stunden", berichtet Günter Zittel. Der 57 Jahre alte Fußballlehrer hatte wegen der dramatischen politischen Entwicklung auf der Insel vor der Ostküste Afrikas gemeinsam mit Ehefrau Christine und den Kindern Florian (6) und Anne (4) am 1. Februar die Heimreise angetreten. Erste Vorboten für die dramatische Entwicklung im zweitgrößten Inselstaat der Welt hatte es schon fünf Tage zuvor am so genannten "Schwarzen Montag" gegeben. Aufgebrachte und unzufriedene Menschen hatten in der Hauptstadt Antananarivo die privaten Supermärkte des Präsidenten geplündert. Dabei sei es rund 300 Meter vom Hause der Zittels entfernt auch zu Schießereien gekommen. "Wir lagen auf dem Boden, um uns vor Querschlägern zu schützen." Fortan war die Atmosphäre angespannt, Lebensmittel wurden knapp. Milch war überhaupt nicht mehr zu bekommen. Bei jedem Einkauf drohte Gefahr. Als Zittel nach Rücksprache mit der DOSB-Zentrale, der Botschaft und anderen Hilfsorganisationen Kenntnis davon bekam, dass zum Beispiel die Gesellschaft für Technische Zusammenarbeit bereits ihre Helfer ausflog und sich am 31. Januar auf einer Kundgebung in der Hauptstadt der Bürgermeister kurzerhand zum Präsidenten des Landes ausrufen ließ, war für Zittel klar: Die politische Lage verschärft sich weiter und wird immer explosiver - bloß schnell weg. Am selben Tag um 20.20 Uhr saß die Familie im Flugzeug in die Heimat.

"Dafür muss man ein Gespür bekommen", berichtet der erfahrene "Sport-Diplomat", der zuvor unter anderem in Botswana, Grenada, Guyana und Uganda aktive Aufbauhilfe direkt am Ball leistete bzw. indirekt, indem er für funktionierende Rahmenbedingungen sorgt e. Inzwischen hat Zittel mit seiner Familie vorübergehend wieder zuhause in Karlsruhe Quartier bezogen. Im Badischen will die Familie abwarten und hofft, dass sich die Lage beruhigt. Von zuhause aus besorgt sich Zittel mit Hilfe der deutschen Botschaft, über seine privaten Kontakte nach Madagaskar bzw. dank des Internets Informationen über die neuesten Entwicklungen. Maximal fünf Monate lang darf sich der Helfer zuhause gedulden. So lange wird er in einem Krisenfall wie diesem über Mittel des Auswärtigen Amtes weiter finanziert, auch wenn das entsprechende Projekt in dieser Zeit ruhen muss. Zittel möchte allerdings "nicht herumsitzen, sondern möglichst schnell wieder nach Antananarivo zurück".

Warum, das liegt für den gestandenen Entwicklungshelfer auf der Hand. Zwar gibt es in Madagaskar eine erste und eine zweite Liga, und in den Schulen ist der Fußball beachtlich verankert. "Doch aus dem gut organisierten Schulsport hält sich der Verband leider heraus, und die Ligateams gehen auf die Schüler erst zu, wenn sie schon 17, 18 oder 19 Jahre alt sind. Das ist für die Ausbildung von Fußballspielern viel zu spät", nennt er eines der Probleme. Darüber hinaus hat er seinen Auftrag noch längst nicht abgeschrieben, Schiedsrichter und Physiotherapeuten auszubilden und die Trainer- bzw. Sportlehrerausbildung voranzutreiben. Gerade den Pädagogen komme auf der großen Insel wegen des gut organisierten "Schulsports Fußball" eine Schlüsselrolle zu. Bis August 2010 ist das Hilfsprojekt für Madagaskar laut Vertrag angelegt. Danach könnte um zwei Jahre verlängert werden. Für Günter Zittel eine solidarische Perspektive, an der er trotz der aktuellen Unruhen im Lande weiter festhält. Die Entscheidung, vorerst nach Deutschland zurückzukehren, sei in jedem Fall richtig gewesen. "Im Nachhinein sind wir durch die Situation in unserem Entschluss bestätigt worden."


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Quelle:
DOSB-Presse Nr. 8 / 17. Februar 2009, S. 10
Der Artikel- und Informationsdienst des
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veröffentlicht im Schattenblick zum 3. März 2009