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PROJEKT/103: Kicken auf St. Pauli - Sport für Kinder und Jugendliche (Securvital)


Securvital 4/2017 - Oktober-Dezember
Das Magazin für Alternativen im Versicherungs- und Gesundheitswesen

Sport für Kinder und Jugendliche
Kicken auf St. Pauli

von Peter Kuchenbuch


Jede Woche treffen sich einige Dutzend Jungen und Mädchen zum "KiezKick". Das Freiwilligen-Projekt fördert Kinder aus sozialen Brennpunkten und leistet aktive Integrationshilfe.


Das Ehrenamt ist fest verwurzelt im deutschen Alltag, in kleinen Gemeinden ebenso wie in den Vierteln großer Städte. Ohne die vielen Frauen und Männer, die in Deutschland ein Ehrenamt ausüben, wäre unser Gemeinwesen um vieles ärmer. Die Ehrenamtlichen verdienen große Anerkennung. Viel zu oft wird übersehen, mit wie viel Einsatz sie nach Feierabend und an ungezählten Wochenenden in Schulen, Vereinen und Gemeinden anderen Menschen helfen, sie unterstützen und immer neue und kreative Hilfsaktionen mit Leben füllen. Deutschland ist reich an solchen kulturellen und sozialen Impulsen, denn es gibt rund 25 Millionen Freiwillige, die diese Arbeit machen. Wie elementar diese Bereitschaft für das Gemeinwohl ist, zeigte sich bei der Ankunft der Flüchtlingsströme. Dabei leisten die Ehrenamtlichen schnelle und unkomplizierte Hilfe.

Botschaft der Toleranz

Freiwilliges Engagement ist von unschätzbarem Wert, für die Alten und Jungen, für sozial Benachteiligte, Gesunde und Kranke. Es steht außer Frage, dass eine Gesellschaft durch den Zusammenhalt in solchen Initiativen auch an Identität, Solidarität und Werten gewinnt und gestärkt wird. Deutschlands Kommunen und Stadtteile würden ohne das freiwillige Engagement ihrer Bewohner, Vereine und Initiativen sozial veröden. Das Hamburger Fußballprojekt KiezKick ist ein anerkanntes Beispiel dafür, wie der ehrenamtliche Einsatz in benachteiligten Milieus Kindern und Jugendlichen neue Perspektiven, Spaß, Mut und Selbstbewusstsein bringen kann. Seit November 2002 bietet KiezKick ein offenes Sportangebot für Mädchen und Jungen aus dem Stadtteil St. Pauli (siehe www.facebook.com/kiezkick).

Das Projekt "KiezKick - Fußball der Kulturen" richtet sich an diejenigen, die nicht in leistungsorientierten Fußballvereinen spielen. Gerade Kinder aus sozialen Brennpunkten fällt es schwer, sich im regulären Vereinssport zu behaupten und die Vereinsbeiträge dafür zu bezahlen. "Leistungsdruck gibt es bei KiezKick nicht", sagt Romy Meyer, die seit einigen Jahren dabei ist und das Projekt koordiniert. "Es geht vielmehr darum, mit dem gemeinschaftsstiftenden und interkulturellen Möglichkeiten dieses Sports ein Kulturangebot zu schaffen", ergänzt sie. "Auf diese Weise gelingt es uns, den Zusammenhalt der Kinder und Jugendlichen zu stärken und präventiv soziale, gesundheitliche und kulturelle Prozesse bei Kindern und Jugendlichen unterschiedlicher Herkunft zu fördern."

Das KiezKick-Projekt ist ein offenes, kostenloses Fußballtraining mit ergänzenden Aktionstagen für Kinder und Jugendliche zwischen sechs und 18 Jahren und kooperiert mit sozialen Einrichtungen aus dem Stadtteil. KiezKick entstand vor 15 Jahren aus einer Initiative von Fans des FC St. Pauli und des Fanladen St. Pauli, die die Notwendigkeit sahen, etwas für die Kinder und Jugendlichen im Stadtteil zu tun. So startete das spendenfinanzierte Projekt mit einer Benefizveranstaltung und namhafter Unterstützung. In der Prominentenauswahl spielten Detlef Buck, Jürgen Vogel, Peter Lohmeyer, Die Ärzte und andere, die das Projekt mit aus der Taufe hoben. Jede Woche treffen sich bis zu 60 fußballbegeisterte Jungs und Mädels zu ihren Trainingseinheiten auf Kunstrasenplätzen - Sommer wie Winter. Für die Mädchen gibt es zusätzlich eigene Trainingsmöglichkeiten.

Solidarität und Mut

Die Vermittlung eines Gesundheitsbewusstseins durch regelmäßige Bewegung sowie gesunde und ausgewogene Ernährung gehört beim KiezKick dazu. Auch gemeinsames Kochen mit Fußballprofis, gemeinsame Besuche der Heimspiele des Zweitligisten FC St. Pauli und die Teilnahme an Fußballturnieren gehören zu den Aktivitäten, die die Ehrenamtlichen organisieren und betreuen. Trainer und sozialpädagogisch ausgebildete Begleiter stehen ihren jungen KiezKickern bei Reisen in andere Städte zur Seite. "Das ist immer etwas ganz Besonderes, wenn wir auf Tour gehen oder ein Trainingslager planen", sagt Romy Meyer. "Das schweißt die Truppe zusammen und die Kids öffnen sich. Es gibt gute Gespräche, es wird über Probleme geredet und manchmal fließen auch Tränen." Bei den Auswärtsfahrten wird nicht geraucht und kein Alkohol getrunken. Beim suchtpräventiven Jugend-Fußballturnier "Kick ohne Rausch" nimmt das Team auch regelmäßig teil.

KiezKick erhielt bereits den Integrationspreis der Stadt Hamburg und wurde im Rahmen des Preises "Botschafter der Toleranz" als besonders herausragendes Projekt erfolgreicher Integrationsarbeit im Stadtteil auch auf nationaler Ebene ausgezeichnet. "Ich hoffe, KiezKick bleibt für immer - es ist halt ein Stück Kultur von St. Pauli", sagt ein KiezKicker. Das Projekt lebt vom Ehrenamt und dem Enthusiasmus der Freiwilligen, in St. Pauli wie bei so vielen vergleichbaren wichtigen Projekten. Auf die Frage an einen der Betreuer, was er seinen KiezKickern für ihr Leben wünscht, sagte er: "Dass sie alle ihren Weg machen."

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Quelle:
Securvital 4/2017 - Oktober-Dezember, Seite 30 - 31
Das Magazin für Alternativen im Versicherungs- und Gesundheitswesen
Herausgeber: SECURVITA GmbH - Gesellschaft zur Entwicklung
alternativer Versicherungskonzepte
Redaktion: Norbert Schnorbach (V.i.S.d.P.)
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veröffentlicht im Schattenblick zum 4. November 2017

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