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INTERNATIONAL/006: Pakistan - Theater gegen die Macht der Taliban, Paschtunen rücken näher zusammen (IPS)


IPS-Inter Press Service Deutschland GmbH
IPS-Tagesdienst vom 6. März 2013

Pakistan: Theater gegen die Macht der Taliban - Paschtunen rücken näher zusammen

von Ashfaq Yusufzai


Bild: © Ashfaq Yusufzai/IPS

Aufführung des Theaterstücks 'Khushal Khan Khattak' in Peshawar
Bild: © Ashfaq Yusufzai/IPS

Peshawar, 6. März (IPS) - Die Zuschauer applaudierten noch, als der Vorhang schon längst gefallen war. Die Begeisterung über das Theaterstück 'Khushal Khan Khattak', das im Februar zum letzten Mal in der nordpakistanischen Stadt Peshawar aufgeführt wurde, dürfte den islamistischen Taliban dagegen missfallen.

Das Stück basiert auf dem Leben des paschtunischen Kriegsdichters Khushal Khan Khattak, der sich im 17. Jahrhundert gegen die Herrschaft der Mogulen auflehnte. Mit seinen Schriften, in denen er sich für die Einheit aller Afghanen einsetzte, machte sich Khattak in der Bevölkerung beliebt. Das Theaterstück hat nun neue kulturelle Brücken zwischen den afghanischen und den pakistanischen Paschtunen geschlagen.

Parveen Malal, die Kulturbeauftragte Afghanistans in Peshawar, bat die Kulturabteilung der Provinzregierung von Khyber Pakhtunkhwa im Norden Pakistans, das Theaterstück in den afghanischen Städten Kabul, Jalalabad und Kandahar aufzuführen. Die Behörden in Khyber Pakhtunkhwa finanzierten die Produktion in Peshawar.

Paschtunen auf beiden Seiten der Grenze haben nach Ansicht von Malal durch gemeinsame Helden enge kulturelle Bande geknüpft. "Das ist der sichtbarste Aspekt der pakistanisch-afghanischen Einheit", sagte sie. "Ich bin wirklich beeindruckt über die hervorragende Leistung der Schauspieler, des Autors und der Regie".

Die Paschtunen sind die größte ethnische Gruppe in Afghanistan und die zweitgrößte in Pakistan, wo die weltweit größte Zahl von Mitgliedern der Ethnie anzutreffen ist. Alle Zuschauer im Theater haben verstanden, welche politische Tragweite die Aufführung in diesen Zeiten hat. Khushals Botschaft bestand darin, sowohl zum Widerstand gegen brutale Kräfte aufzurufen und andererseits Frieden und Einheit innerhalb seines Volkes und unter den Völkern Afghanistans zu fordern. Er sprach immer von Afghanen und nicht von Paschtunen. Darin spiegelte sich sein Wunsch, alle Angehörigen der Ethnie vereint zu sehen.


Theater lenkt von Terrorfurcht ab

"Wir sollten Bühnenstücke dazu nutzen, um den Leuten gute Unterhaltung zu bieten und sie von dem Einfluss der Taliban fernzuhalten", meinte Malal. "Bei den Zuschauern spürt man eine enorme Begeisterung, die sie die schlimmste Form des Terrorismus, den es jemals in der Region gegeben hat, vergessen lässt."

Die meisten Anhänger der Taliban sind ebenfalls Paschtunen. Über das Theaterstück wird unterdessen auch in der afghanischen Hauptstadt gesprochen. "Ich bin mit meinen Freunden aus Kabul gekommen, um dieses großartige Stück zu sehen", sagte Anar Shah, eine Studentin. "Wir wollen erreichen, dass die Regierung von Khyber Pakhtunkhwa das Stück auch nach Afghanistan bringt. Viele meiner Freunde hat es die ganze Zeit von den Sitzen gerissen."

Der Informationsminister von Khyber Pakhtunkhwa, Mian Iftikhar Hussain, erklärte, dass das Stück ein Schlaglicht auf die Verdienste paschtunischer Helden werfen soll. "Die Behörden sind bereit, umgerechnet drei Millionen US-Dollar auszugeben, um das Theaterstück auch in Afghanistan auf die Bühne zu bringen", sagte er. In Pakistan solle es noch in Karachi und Quetta aufgeführt werden.

Der Regisseur Masud Ahmed Schah, der früher als Fernsehproduzent in Pakistan Preise einheimste, war nach eigenen Angaben von den Reaktionen der Zuschauer "überwältigt". Besonders beeindruckte ihn, dass auch viele Frauen von weit her gekommen sind, um ins Theater zu gehen.


Großer Held in Pakistan und Afghanistan

"Khushal Khattak ist ein großer Held, der von Paschtunen auf beiden Seiten der Grenzen verehrt wird", sagte der Schriftsteller Noorul Bashar Naveed. "Durch seinen Erfolg könnte das Stück die Paschtunen näher zusammenbringen."

Kalim Khan, der die Hauptrolle spielt, beeindruckte das Publikum durch seine volltönende Stimme, mit der er sich an den Dialogen beteiligte. "Ich würde sehr gern in Afghanistan auftreten", erklärte er. "Erst hatte ich etwas Angst, die Rolle zu übernehmen, aber dann sah ich sie als eine Herausforderung."

In dem Stück geht es um die facettenreiche Persönlichkeit von Khushal Khan Khattak, der zunächst ein hochrangiger Vertrauter des Mogulen-Herrschers Aurangzeb Alamgir war. Später lehnte er sich gegen ihn auf und wurde festgenommen. In den folgenden Jahren schrieb er viele Gedichte. Aus dem Gefängnis kam er nach der Intervention von Mohammad Amin, dem damaligen Gouverneur von Kabul, frei. Danach setzte er sich für die Einheit Afghanistans ein. (Ende/IPS/ck/2013)


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http://www.ipsnews.net/2013/03/taliban-cant-beat-this-act/

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veröffentlicht im Schattenblick zum 7. März 2013