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MUSIKTHEATER/004: Semperoper - Jubiläumsspielzeit mit vielen Höhepunkten (TU Dresden)


Dresdner UniversitätsJournal Nr. 5 vom 17. März 2009

Jubiläumsspielzeit mit vielen Höhepunkten
Semperoper senkt Zahl der Premieren

Von Martin Morgenstern


Wie man es auch dreht und wendet - Kultur ist ein Zuschussgeschäft für die öffentliche Hand. Auf jede Eintrittskarte, die beispielsweise ein Besucher der Semperoper an der Kasse kauft, legt der Freistaat Sachsen noch einmal das Doppelte drauf. Das Direktorium der Oper verpflichtet sich natürlich trotzdem, möglichst sparsam zu wirtschaften, für eine gute Auslastung einerseits und andererseits für eine möglichst hohe Eigenfinanzierungsquote zu sorgen.

Obwohl noch nicht alle aktuellen Zahlen des letzten Jahres vorliegen, gab da der Kaufmännische Geschäftsführer Wolfgang Rothe kürzlich einen leisen Warnschuss ab. Die Auslastung des Hauses sei von fast 96 Prozent auf 92,5 Prozent gesunken. Was als eine der Folgen durch ausbleibende Touristen angesehen wird und die Operndirektion dazu bewog, die hier ansässigen Kulturliebhaber, die sich bei vielen Veranstaltungen schon in der Minderzahl gegenüber den in Reisebussen hergekarrten Touris sahen, wieder in den Blick zu nehmen. Und bitte, es geht doch: In der Spielzeit 2008/2009 wurden die Preise für viele Veranstaltungen gesenkt, das heißt, mehr Plätze werden in billigeren Preiskategorien verkauft. "Mittelfristig wird die Semperoper von der wirtschaftlichen Entwicklung nicht verschont bleiben", muss der Chef des Hauses, Prof. Gerd Uecker, zum Ende seiner Intendanz einsehen, und hat - vorsichtigerweise - die Anzahl der Premieren für die nächste Spielzeit noch einmal gesenkt. Zum Vergleich: wo das Opernhaus Zürich, nach einer Studie einer Münchner Unternehmensberatung das produktivste Haus der Welt, mit einer rekordhohen Eigenfinanzierungsquote von über 44 Prozent in der aktuellen Spielzeit gleich neunzehn (!) Premieren stemmt, hat Uecker für 2009/10 inklusive der Ballettpremieren ganze sieben Neuinszenierungen auf dem Programm, inklusive einer konzertanten Oper (drei Werke in der semper kleinen szene nicht mitgerechnet). Da schluckt der Fachmann, und der Laie freut sich an immerhin einundzwanzig weiteren "Zauberflöte"-Vorstellungen bis Ende Mai 2010 (in einer Inszenierung von 2006). Nicht vergessen werden soll dabei, dass in der kommenden Spielzeit ein schönes Jubiläum ansteht: fünfundzwanzig Jahre ist es her, dass die Semperoper wiedereröffnet wurde. Das wird gefeiert: mit hochrangigen Gastdirigenten (Christian Thielemann dirigiert Beethovens "Missa Solemnis" zum Gedenken an die Zerstörung Dresdens am 13. Februar), mit Thomas Quasthoff, der dafür ausnahmsweise ins Jazzfach wechselt, einem Klavierabend mit Daniel Barenboim und vielen weiteren höchst interessanten Vorstellungen, unter anderem einem kompletten Zyklus des "Ring des Nibelungen" von Richard Wagner, dirigiert von Generalmusikdirektor Fabio Luisi höchstselbst.

Was uns sogleich zur letzten und vielleicht interessantesten Facette der neuen Spielzeit bringt: den Konzerten der Sächsischen Staatskapelle Dresden, dem Orchester des Freistaats. Das Ensemble hat ein vielgestaltiges "Wunschkonzert" (Gerd Uecker) aufgelegt, Dauerbrenner der klassischen Musik geschickt mit Erstaufführungen (ob man es glaubt oder nicht: Gustav Mahlers 1908 uraufgeführte 7. Sinfonie erklingt hier das erste Mal mit der Staatskapelle!) und gleich vier Uraufführungen von Werken der nächsten "Capell-Compositrice", der in Berlin lebenden Komponistin Rebecca Saunders. Saunders ist nun nicht gerade ein völlig unbeschriebenes Blatt; die Schülerin von Wolfgang Rihm erhielt zahllose Kompositionspreise und war zuletzt "Composer in Residence" am Konzerthaus Dortmund. Mithin beweist die Staatskapelle anderswo Mut: indem sie jungen Dirigenten, die noch ganz am Anfang ihrer Karriere stehen, eine Chance gibt. Die dürfen in Dresden nämlich nicht nur zu langweiligen Repertoire-Vorstellungen im Orchestergraben den Stab schwenken, sondern müssen sich auch vor kritischem Konzertpublikum beweisen. So gibt etwa der 1976 geborene Slowake Juraj Valcuha im Oktober sein Dresdner Debüt beim 1. Aufführungsabend. Aber auch auf exzellente Solisten dürfen wir uns nächstes Jahr freuen: auf den Tastenguru Lang Lang, die junge Pianistin Lise de la Salle wie die Grande Dame des Instruments, Martha Argerich. Genug Gelegenheiten jedenfalls, das Studentenangebot der Semperoper (10 Euro, Karten ab dem 15. des Vormonats vorbestellen!) weidlich auszunutzen.


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Quelle:
Dresdner UniversitätsJournal, 20. Jg., Nr. 5 vom 17.03.2009, S. 12
Herausgeber: Der Rektor der Technischen Universität Dresden
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veröffentlicht im Schattenblick zum 24. April 2009