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BERICHT/014: Simple Life Festival auf Kampnagel in Hamburg (SB)


Simple Life Festival - Tanz und Theaterstücke über das Leben am Rande der Gesellschaft


Auf Kampnagel in Hamburg ist die Spielzeit in vollem Gange und bietet in diesem Jahr eine überaus vielfältige Mischung aus Tanz, Theater, Musik und Kunst auf. Soweit klingt der Kurs noch vertraut und leicht verdaulich, doch Kenner dieser Produktionsstätte wissen, daß Kampnagel neben guter Unterhaltung und optisch reizvollen Inszenierungen noch einen ganz anderen Anspruch verfolgt. Im Herbst 2010 wird dies besonders deutlich, denn die Zeichen stehen auf Konfrontation im besten Sinne. Mit seinem Programm stürzt sich Kampnagel direkt in eine kritische Auseinandersetzung mit dem modernen Alltag, reflektiert Licht und Schatten unserer heutigen Lebenswirklichkeit und scheut auch den Blick ins Abseits der Gesellschaft nicht. So ist es nicht verwunderlich, daß das Augenmerk des Schattenblick in diesen Tagen auf einen ganz besonderen Leckerbissen fiel, den das Theater seinem Publikum im November anbietet: Das SIMPLE LIFE FESTIVAL.

Am 22. Oktober wurde das Simple Life Festival in Hamburg der Presse vorgestellt. Bei dieser Gelegenheit machten die Intendantin Amelie Deuflhard und die Kuratorin Jutta Schubert den Redakteuren des Schattenblick den Mund wässrig, indem sie begeistert von den spannenden, internationalen Tanz- und Theaterproduktionen erzählten, die im kommenden Monat auf den Bühnen von Kampnagel zu sehen sein werden. Das Simple Life Festival präsentiert Stücke, die neben professionellen Tänzern und Schauspielern schwerpunktmäßig von Laien, Straßenkünstlern, Obdachlosen, Migranten sowie Menschen mit Behinderung gespielt werden. Viele der Darsteller wurden wegen ihrer Herkunft, körperlicher oder geistiger Beeinträchtigung oder schlicht durch Armut an den Rand der Gesellschaft gedrängt. Sie erlauben dem Publikum einen Einblick in ihre Lebenswirklichkeit, ermöglichen es, Orte und Situationen genau anzuschauen, von denen wir uns normalerweise lieber abwenden. Dabei ginge es jedoch mitnichten darum, auf die Tränendrüse zu drücken, wie Amelie Deuflhard und Jutta Schubert während der Pressekonferenz immer wieder betonten. Vielmehr soll vermittelt werden, daß die Situation der sogenannten Außenseiter eine besondere Stärke ist und ihnen die Möglichkeit für eine ganz andere Sicht auf die Welt eröffnet.

Jutta Schubert - © 2010 by Schattenblick Amelie Deuflhard - © 2010 by Schattenblick

links: Jutta Schubert, rechts: Amelie Deuflhard
© 2010 by Schattenblick

Ein Satz aus dem Informationsblatt des Verbandes 'Eucrea e.V.', dem 'Verband Kunst und Behinderung', bringt die Basis der künstlerischen Arbeit auf den Punkt: "'Behindert' sein wird hier als eine Lebenssituation begriffen, deren Bewältigung kreative Prozesse hervorbringt...". So und nicht anders möchten die Macher des Simple Life Festivals die Kooperationen von behinderten und nicht behinderten Künstlern, von Arbeitslosen und etablierten Regisseuren, Choreographen und Migranten verstanden wissen.

Das zentrale Thema der sieben internationalen Tanz- und Theaterproduktionen, die extra für das Festival nach Hamburg geholt werden, sind weder die körperlichen oder geistigen Einschränkungen der Protagonisten noch ihre unglücklichen Ausgangslagen, sondern ihre Geschichten. Um diese zu erzählen, findet vom 12. bis zum 21. November 2010 auf Kampnagel zum ersten Mal das Simple Life Festival statt, bei dem Arbeiten von bekannten Größen des dokumentarischen Theaters wie der Compagnia Pippo Delbono aus Italien, der Kölner Choreographin Gerda König und der belgischen Tanzcompagnie Peeping Tom zu sehen sein werden.

Das wesentliche Merkmal von dokumentarischem Theater ist der Umstand, daß hierbei reale Biografien sowie Alltagserfahrungen der Darsteller auf die Bühne kommen. Es handelt sich dabei also um eine besonders lebensnahe, ungewöhnliche und distanzlose Form des Schauspiels, das im wahrsten Sinne des Wortes echte Gefühle transportieren soll. Soweit mag man diese Art der Inszenierung noch als interessanten aber flüchtigen Trend begreifen, der durch den Einsatz von Laiendarstellern und "exotischen Spezialisten des Alltags" einen kurzfristigen Kick für das Publikum produziert. Der Gedanke ist jedoch weit gefehlt. Das dokumentarische Theater wie es beim Simple Life Festival gezeigt wird, will mehr. In den einzelnen Stücken werden hochaktuelle, brisante Themen ebenso behandelt wie drängende philosophische Fragen, die den modernen Menschen tagtäglich beschäftigen. Direkt und ohne den metaphorischen Schleier klassischer Stoffe werden hier auf der Bühne Probleme wie Einsamkeit und Ausgrenzung, gesellschaftliche Isolation, Diskriminierung und das Leben in einem nicht der Norm entsprechenden Körper aufgegriffen, um nur einige zu nennen. Die diskutierten Fragen sind also weitreichend und zeitlos, die Art der Präsentation dabei hochspannend und explosiv. Eine solche Kombination sollte jeden noch so kulturverdrossenen Zuschauer hinter dem Ofen hervor locken.

Zur Eröffnung des Simple Life Festivals am 12. November haben die Kuratorinnen Jutta Schubert und Angela Müller-Giannetti das koreanische Dancetheater Chang mit zwei Arbeiten eingeladen. Eine davon ist das autobiografische Stück 'Brother'. Furchtlos und selbstkritisch bringt der koreanische Tänzer und Choreograph Namjin Kim damit die Geschichte zweier Brüder auf die Bühne, von denen der eine behindert ist und der andere lernen muß, in der Öffentlichkeit damit umzugehen. Er selbst hat diese Erfahrung mit seinem eigenen Bruder, Sun Gook gemacht, der mit einem Herzfehler geboren wurde. Die Erzählung ist im koreanischen Alltag angesiedelt und beschreibt, wie der gesunde Bruder vor dem Druck der Straße, den abfälligen Blicken und der heimlichen Ausgrenzung zunächst kapituliert. Er verrät seinen behinderten Bruder, beschimpft und schlägt ihn sogar. Erst Jahre später findet er den Weg zurück zu der liebevollen Beziehung, in der die beiden als Kinder aufwuchsen. Sun Gook hingegen hatte dem älteren Bruder seine Liebe trotz aller Grausamkeiten nie entzogen. Dieses Stück behandelt das Thema Diskriminierung auf eine Weise, die ungeheuren Mut erfordert. Stellvertretend für Millionen anderer Menschen auf der Welt legt der Künstler Namjin Kim seine eigene Beteiligung an der Verachtung dessen offen, was nicht der Norm entspricht. Statt den eigenen Opportunismus unter dem Deckmäntelchen kultureller Zwänge zu verstecken, wie es die meisten tun würden, stellt er sich seiner Verantwortung und bringt damit ans Licht, weshalb Diskriminierung ein so schwieriges Problem ist: Weil jeder einzelne von uns sich jeden Tag aufs Neue dafür oder dagegen entscheiden muß und diese Entscheidung eben keine leichte ist. Allein an diesem Beispiel wird deutlich, welches Potential zur Auseinandersetzung mit der Wirklichkeit das dokumentarische Theater bietet.

Gleichermaßen realitätsnah befasst sich der Schauspieler und Regisseur Pippo Delbono am 19. und 20. November mit einem bestialischen Zustand, der in der modernen, globalen Zivilisation zum Alltag gehört und uns alle täglich umgibt. In seinem Stück 'Guerra' (Krieg) befasst er sich mit der Gewalt, die Menschen im Krieg erleiden müssen, wie beispielsweise in Hiroshima oder Sarajevo. Dabei greift er das Problem menschlicher Brutalität jedoch an einem ganz zentralen Punkt auf, indem er die großen bewaffneten Auseinandersetzungen auf der Welt durch den inneren Krieg zwischen Männern und Frauen darstellt, die wegen ihrer Behinderung, einem Psychiatrieaufenthalt oder Obdachlosigkeit am Rande der Gesellschaft leben. Pippo Delbono setzt dieser unerträglichen Situation auch die Utopie entgegen, die Liebe und die Revolution sowie die Sehnsucht, wie er sie durch Che Guevara oder die Indianer von Chiapas verkörpert sieht. Wieder werden hier scheinbar unvereinbare Gegensätze des menschlichen Wesens aufgezeigt, die wir jedoch alle in uns tragen. Sehr interessant ist dabei der Hinweis darauf, daß Krieg nicht wirklich ein äußerer Zustand ist, sondern eine Art, mit Schwierigkeiten umzugehen, die der Mensch auch in äußersten Notlagen nicht aufzugeben bereit ist. Pippo Delbono arbeitet für seine Version von Theater seit Jahren mit Darstellern, die als ehemalige Patienten der Psychiatrie, Obdachlose oder Straßenkünstler solche Notlagen aus eigener Erfahrung kennen. Durch diese enge Zusammenarbeit mit den Ausgegrenzten der Gesellschaft lebt der bekannte italienische Regisseur ein Stück weit seine eigene Utopie von einer Welt ohne Vorurteile: "Die Arbeit mit ihnen hat mir gezeigt, dass Menschen aus sozial 'schwierigen' Umständen nicht mit anderen Augen gesehen werden müssen. Ich akzeptiere das nicht mehr. Diese Leute sind die Protagonisten meiner Inszenierungen geworden."

Ebenfalls am 20. und 21. November auf Kampnagel zu sehen ist die Produktion '32 Rue Vandenbranden' der belgischen Tanzcompagnie Peeping Tom, die sich mit den Auswirkungen von Einsamkeit und Isolation auf zwischenmenschliche Beziehungen beschäftigt. Atmosphärisch passend dreht sich das Stück um eine Handvoll Leute, die mitten im Nirgendwo in klapprigen Wohnwagen leben. Schon vorab kann man sich auf Bildern aus dieser Inszenierung von der Intensität überzeugen, mit der hier, fast wie im Film, Gefühle von Kälte, Einsamkeit und Sehnsucht auf das Publikum übertragen werden.

Bereits an den Inhalten dieser drei Tanz- und Theaterproduktionen läßt sich ermessen, wie weit der Bogen von zentralen gesellschaftlichen Problemen über spannende Alltagserfahrungen vom Rand unseres begrenzten Universums namens Realität bis hin zu philosophischen Fragen auf dem Simple Life Festival gespannt wird. Nicht weniger vielseitig und faszinierend sind die Perspektiven der anderen Stücke, die den Facettenreichtum und das internationale Flair des Festivals ergänzen.

Pressekonferenz auf Kampnagel - © 2010 by Schattenblick

Pressekonferenz auf Kampnagel
© 2010 by Schattenblick

In 'That Enemy Within' spürt die Argentinierin Lola Arias der Frage nach, was eigentlich genau unsere Identität ausmacht. Gemeinsam mit dem Zwillingspaar Anna und Esther Becker hat sie erforscht, was von der eigenen Unverwechselbarkeit bleibt und wie es sich anfühlt, wenn man genetisch eben nicht einzigartig ist, sondern 100% der Gene mit einer anderen Person teilt.

Die Kölner Choreographin Gerda König, die selbst körperbehindert ist, bringt mit einer Tanzgruppe aus Afrika das Spannungsfeld zwischen Tradition und Urbanität, tradierten Legenden und modernem Alltag auf die Bühne. Wie auf der Pressekonferenz im Vorfeld deutlich wurde, ist es ihr ein besonderes Anliegen und eine ständige Herausforderung, mit dem reichen Repertoire an Bewegungen zu arbeiten, das die körperbehinderten Tänzer in ihre Choreographien mit einbringen. Gerda König erforscht während ihrer Aufenthalte in Afrika immer auch eine "neue Bewegungssprache", wenn sie sich bemüht, die Bewegungen behinderter und nicht behinderter Tänzer miteinander zu vereinbaren. Dabei sind es eher die Personen mit den sogenannten gesunden Körpern, die Schwierigkeiten haben, sich der Komplexität an Möglichkeiten eines körperlich eingeschränkten Menschen anzupassen. Den 'mixed abled Tanz', der bei einer solchen Kooperation entsteht, kann man auf Kampnagel in dem Stück 'Pattern Beyound Traces' bestaunen.

Auch die französische Ausnahmegruppe Cie Création Ephémère, nähert sich in dem Stück 'Variations Antigone' einem schweren Thema mit dem regen Geist der Schauspielerei an. Die geistig beeinträchtigten Darsteller gehen jener existentiellen Frage nach, die schon in der griechischen Tragödie Antigone aufgeworfen und bisher kaum zufriedenstellend beantwortet wurde: "Ist es möglich, seinem Schicksal zu entrinnen?" Natürlich drängt sich an dieser Stelle selbst den politisch korrektesten Leuten unwillkürlich die Frage auf, wie es ausgerechnet geistig beeinträchtigten Schauspielern gelingen soll, dieses komplexe philosophische Problem intellektuell zu knacken und auf der Bühne zu entwirren. Nun, den Redakteuren des Schattenblick wurde schon bei der Pressekonferenz zum Simple Life Festival gesteckt, daß unsere Vorstellungen vom künstlerischen Potential sogenannter geistig eingeschränkter Personen, sprich: Menschen mit Down Syndrom, Autisten usw. völlig an der Realität vorbeigehen...

Bei aller Begeisterung dafür, über seinen Tellerrand hinaus zu schauen, sollte man jedoch nicht die Probleme vor der eigenen Haustür vergessen. Es sind nicht nur körperliche oder geistige Beeinträchtigungen, die Menschen an den Rand einer Gesellschaft drängen können, sondern auch sprachliche und kulturelle Barrieren. Besonders in Deutschland werden jeden Tag Millionen von Migranten Opfer einer höchst perfiden Form von Diskriminierung. Wem es nicht gelingt, unsere Sprache zu erlernen und sich dabei auch den Werten der deutschen Leitkultur anzupassen, der verliert schnell seine Stimme. Arbeistlosigkeit, Armut und Isolation sind oft die Folge. Für die Gründe und Hintergründe, die Vergangenheit und Traumata der Eingewanderten interessieren sich nur wenige. Daß unsere Gesellschaft eher im Stande ist, all diese Leute zu ignorieren, statt sich ihnen zuzuwenden und dabei immer mehr Ausgestoßene produziert, liegt leider in der Logik des Systems. Den Initiatoren des Simple Life Festivals ist es wichtig, sich auch direkt vor Ort kritisch mit dem auseinander zu setzen, was genau vor unseren Augen passiert und gerade deshalb schnell übersehen wird. Aus diesem Grund wird für das Festival gerade ein Stück mit jungen, arbeitslosen Migranten aus Hamburg produziert, bei dem es darum geht, den Teilnehmern ihre Stimme zurück zu geben. Es entsteht aus einer Kooperation mit dem Projekt 'JuMBO' (Junge MigrantInnen - Beruf und Orientierung) des Hamburger Vereins 'Mook Wat e.V.'.

Evgeni Mestetschkin - &copy 2010 by Schattenblick

Evgeni Mestetschkin
© 2010 by Schattenblick
Am 15. und 16. November wird auf Kampnagel das Theaterstück 'Lady, Lady on the Sea-Shore' uraufgeführt. Der Regisseur Evgeni Mestetschkin studierte in Moskau Theater- und Zirkusregie und setzte das Projekt, bei dem die Biografien der jungen Migrantinnen und Migranten im Mittelpunkt stehen, auf eine sehr ungewöhnliche Weise um. Bei den Proben verzichtet er bewußt auf pädagogische Leitlinien und feste, chronologische Abläufe oder den Anspruch auf Vollständigkeit, wenn es darum geht, die Erinnerungen seiner Darsteller hervor zu holen. Mestetschkin arbeitet mit dem, was das Gedächtnis ganz spontan, aus dem Moment heraus, ausspuckt. Wichtig ist für ihn genau das Wissen von sich und der Welt, das den Protagonisten im Hier und Jetzt ohne viel Nachdenken durch den Kopf schießt. Oft sind es Abzählreime aus der Kindheit, die besonders gut im Gedächtnis haften bleiben und als Anstoß zum Erinnern dienen können. Daher ist es auch der Beginn eines solchen Abzählverses, der zum Titel für das Stück wurde: "Lady, Lady on the Sea-Shore. She has children one, two, three, four...". Durch seine freie Arbeitsweise ist es Mestetschkin nicht nur gelungen, viele der Laienschauspieler zu motivieren, regelmäßig zu den Proben zu kommen. Er konnte darüber hinaus mit den jungen Leuten die Geschichten ihrer Väter und Mütter, sowie die Biografien von nahen und fernen Verwandten inszenieren. Daraus entstand eine Produktion, in der sich die Lebensgeschichten von Kindern, Eltern und Großeltern miteinander verweben. Die Materie, mit der auf der Bühne die ganze Zeit über gearbeitet wird, ist dabei jedoch die deutsche Sprache, in der sich die Darsteller ganz nebenbei auszudrücken lernen.

Bei Kampnagel äußert sich der Kampf um soziale Gerechtigkeit auch jenseits der Bühne in der engen Zusammenarbeit mit gemeinnützigen Vereinen. Das Simple Life Festival entstand in Kooperation mit 'Eucrea e.V. Verband Kunst und Behinderung', der sich seit den achtziger Jahren europaweit für die Belange behinderter Künstler engagiert. Unter anderem setzt der Verein Impulse mit der Veranstaltung international ausgerichteter Theater, Tanz- und Musikfestivals. 'Eucrea' hob bereits 2004 in Berlin das Simple Life Festival aus der Taufe, wo es erfolgreich im Theater Hebbel am Ufer uraufgeführt wurde. Damals wie heute wird das Festival von der Kulturstiftung des Bundes unterstützt.

"Einzelne Kunstformen verstärkt zu fördern und neue Kunstformen anzuregen, ist ein weiteres Anliegen von 'Eucrea'." Daher hat der Verband auch einen Literaturwettbewerb für geistig beeinträchtigte Menschen ins Leben gerufen. "Nachdem Menschen mit einer geistigen Beeinträchtigung lange abgesprochen wurde, kreativ schreiben zu können, förderte dieser Wettbewerb einen wahren Schatz an eindrucksvollen Arbeiten zu Tage", heißt es im Informationsblatt des Verbandes.

Am 16. November veranstaltet 'Eucrea' daher im Rahmen des Festivals auf Kampnagel eine Lesung, bei der die Gewinner des '3. Literaturwettbewerbs für geistig behinderte Autoren' in Anwesenheit vieler extra angereister Teilnehmer geehrt werden. Ausgewählte Beiträge der etwa 50 Autoren werden in einem Buch veröffentlicht.

Bleibt zu hoffen, daß ein möglichst großes Publikum die, vielleicht einmalige, Chance wahrnehmen wird, die vielseitigen Inszenierungen des Simple Life Festivals zu genießen und dabei die Gelegenheit nutzt, den eigenen Horizont zu erweitern.

Zu diesem Zweck und im Sinne aller Außenseiter der Gesellschaft startet Kampnagel für die Dauer des Festivals eine '1-Euro-Ticket- Initiative'. Dabei können zahlungskräftige Zuschauer mit einem Aufpreis von 8 Euro auf ihr eigenes Ticket denjenigen den Festivalbesuch ermöglichen, die aufgrund ihrer finanziellen Lage ansonsten nicht dazu in der Lage wären. Auf diese Weise können beispielsweise auch Empfänger von Harz IV in die magische Welt des Theaters eintauchen, da sie für den Eintritt nicht mehr als einen Euro bezahlen müssen. Aus organisatorischen Gründen besteht diese Möglichkeit, anderen eine Freude zu machen, allerdings nur beim Kauf des Tickets an der Abendkasse. Vielleicht ist der Wunsch, neben dem Genuß von Kultur auch noch etwas Gutes zu tun, zumindest für Besucher aus Hamburg und der näheren Umgebung ein Anreiz, sich ihre Eintrittskarte mal wieder auf die klassische Weise direkt an der Abendkasse abzuholen.

Darüber hinaus geht Kampnagel zum Start des Simple Life Festivals noch eine weitere, wertvolle Kooperation mit einem sozial engagierten Partner aus der Hansestadt ein. Der 'Hamburger Kulturschlüssel' vertritt den Anspruch, daß es für jeden Menschen möglich sein sollte, das kulturelle Angebot der Stadt zu nutzen. Daher organisiert er Freikarten für Menschen, die Grundsicherung erhalten oder in schwierigen finanziellen Verhältnissen leben. Außerdem vermittelt der Kulturschlüssel freiwillige Begleiter an Leute, die nicht allein ins Theater oder Kino gehen möchten oder die Wohnung nicht ohne Unterstützung verlassen können.

Veranstalter können sich als Kulturspender an dem sozialen Projekt beteiligen, indem sie Freikarten an den Kulturschlüssel weitergeben. Wer gerne gemeinsam mit anderen ins Kino, Konzert oder eine Ausstellung geht, kann sich dort als Kulturbegleiter bewerben und alle, die lange nicht mehr ausgehen und sich an Kultur erfreuen konnten, können wieder zum Kulturgenießer werden.

Im Rahmen der neuen Kooperation zwischen Kampnagel und dem 'Hamburger Kulturschlüssel' werden jeden Monat Gruppen von Kulturgenießern auf Kampnagel zu Gast sein. Sie können dort nicht nur Theaterstücke anschauen, sondern haben auch einen Backstage Pass, der ihnen Einblicke in die Arbeit hinter den Kulissen erlaubt. "Menschen, die sonst wenig Zugang zu zeitgenössischem Theater oder Tanz haben, werden an die Arbeit von Kampnagel herangeführt und können sich in der Gruppe darüber auseinandersetzen." Außerdem erhalten die Kulturgenießer Einführungen zu den jeweiligen Stücken, die sie sich auf Kampnagel ansehen. Der 'Hamburger Kulturschlüssel' ist ein Projekt von 'Leben mit Behinderung Hamburg'.

© 2010 by Schattenblick

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28. Oktober 2010