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VETERINÄR/331: Vogelsterben - Neue Hinweise zur Herkunft des Amselkiller-Virus von 2001 (idw)


Veterinärmedizinische Universität Wien - 08.02.2013

Vogelsterben: Neue Hinweise zur Herkunft des Amselkiller-Virus von 2001

Im Sommer 2001 verschwand in Wien innerhalb kurzer Zeit das vertraute Zwitschern der Amseln. Mit gerichtsmedizinischen Methoden fanden Forschende der Vetmeduni Vienna jetzt neue Hinweise auf den Ausbreitungsweg des bis dahin in Europa unbekannten Usutu-Virus, das für das damalige massive Amselsterben verantwortlich war. Die Überraschung: Schon 1996 gab es in der italienischen Toskana einen bisher unerkannten Ausbruch des Usutu-Virus bei Vögeln. Die Studie dazu wurde in der aktuellen Ausgabe der Zeitschrift "Emerging Infectious Diseases" veröffentlicht.



Die Auswirkungen des Amselsterbens im Sommer 2001 in Wien waren dramatisch: Die Vögel waren einfach verschwunden und mit ihnen ihr vertrauter melodischer Gesang in Wiens Parks und Gärten. Nach intensiven Forschungsanstrengungen wurde damals bald klar: Eine neuartige Viruserkrankung war für das Verschwinden der Amseln verantwortlich. Das Usutu-Virus wurde als der Amselkiller dingfest gemacht. Es kann durch Stechmücken auch auf den Menschen übertragen werden, bei dem es grippeähnliche Symptome und in sehr seltenen Fällen auch Gehirnentzündungen auslösen kann.

Nur in Afrika bekannt

Bis 2001 war das Usutu-Virus nur in Afrika bekannt, zudem war es noch kaum mit dem Tod von Tieren oder gar von Vögeln in Erscheinung getreten. Forschende nahmen damals an, dass Zugvögel das Virus aus Afrika nach Europa eingeschleppt hatten. Vor allem die Rauchschwalbe wurde als Überträger genannt. Mit dem Klimawandel als Ursache für die Ausbreitung bestimmter Tierarten weiter nach Norden wurde damals auch ein weiter ansteigendes Auftreten des Usutu-Virus in Europa erwartet. All diese Annahmen werden jedoch von einer neuen Studie der Veterinärmedizinischen Universität (Vetmeduni Vienna) in Frage gestellt.

Archivierte Gewebeproben untersucht

Denn schon im Jahr 1996, also fünf Jahre vor dem Ausbruch des Usutu-Virus in Wien, gab es in der italienischen Toskana schon einmal ein ähnliches Vogelsterben, bei dem vor allem Amseln betroffen waren. Damals wurde der tatsächliche Auslöser zwar nicht identifiziert, doch Giacomo Rossi, Tierarzt an der Universität von Camerino in der italienischen Stadt Matelica, hatte Gewebeproben von verendeten Vögeln genommen und aufbewahrt. Herbert Weissenböck vom Institut für Pathologie und Gerichtliche Veterinärmedizin, Norbert Nowotny vom Institut für Virologie, beide Vetmeduni Vienna, und ihre Kollegen erfuhren erst vor kurzer Zeit von der Existenz dieser Gewebeproben und untersuchten sie umgehend auf Spuren von Krankheitserregern.

Zugvögel doch nicht schuld

Und sie wurden fündig: Exakt derselbe Stamm des Usutu-Virus, der 2001 die Amseln in Wien zum Verschwinden brachte, war auch 1996 für das Vogelsterben in der Toskana verantwortlich. Auch dort, genau wie in Wien, wurde der Amselbestand nahezu völlig ausgelöscht, die Tiere wurden jedoch bald immun und der Bestand erholte sich relativ schnell wieder. Dazu Weissenböck: "Wir verstehen zwar noch immer nicht im Detail, wie das Usutu-Virus damals nach Österreich gelangt ist, haben aber ein wichtiges Puzzleteil gefunden. Das Virus ist offenbar nicht mit Zugvögeln direkt aus Afrika nach Wien gekommen, sondern war schon mehrere Jahre lang in Italien vorhanden." Weissenböck erwartet, dass die modernen molekularmedizinischen Techniken in Zukunft dabei helfen könnten, Ursprung und Verbreitung auch anderer Infektionskrankheiten aufzuklären: "Zum Beispiel wissen wir noch immer nicht, wie die Blauzungenkrankheit nach Norddeutschland gekommen ist, auch der Weg, auf dem das West-Nil-Virus Zentraleuropa erreicht hat, ist noch nicht bekannt."


Der Artikel "Usutu virus, Italy, 1996" von Herbert Weissenböck, Tamás Bakonyi, Giacomo Rossi, Paolo Mani and Norbert Nowotny wurde in der aktuellen Ausgabe der Zeitschrift "Emerging Infectious Diseases" (Vol. 19(2), February 2013: 274-277) veröffentlicht.

Der wissenschaftliche Artikel im Volltext online (Open Access):
http://dx.doi.org/10.3201/eid1902.121191

Kontaktdaten zum Absender der Pressemitteilung unter:
http://idw-online.de/de/institution1560

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Quelle:
Informationsdienst Wissenschaft e. V. - idw - Pressemitteilung
Veterinärmedizinische Universität Wien, Mag. Klaus Wassermann, 08.02.2013
WWW: http://idw-online.de
E-Mail: service@idw-online.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 12. Februar 2013