Schattenblick →INFOPOOL →TIERE → FAKTEN

VETERINÄR/371: Fluoroskopische Kinematographie - Bewegungsanalyse, die unter die Haut geht (idw)


Universität Leipzig - 11.02.2014

Fluoroskopische Kinematographie: Bewegungsanalyse, die unter die Haut geht



Wie wirkt sich ein Kreuzbandriss auf die Kniegelenksbewegung aus? Was passiert eigentlich nach einer Bandscheibenoperation? Was bewirken spezielle Hufbeschläge? Oder: Was passiert in der Klaue der Milchkuh, wenn sie auf einem Spaltenboden aus Beton laufen muss? Welche Klauenpflege ist für das Tierwohl am besten? - Diese bisher kaum zu klärenden Fragen können jetzt durch ein neues Gerät beantwortet werden, das am heutigen Dienstag (11. Februar 2014) auf dem veterinärmedizinischen Campus der Universität Leipzig eingeweiht wurde: eine moderne FluoKinanlage.

Das in Europa bisher einzigartige Gerät ermöglicht die Aufnahme von Hochgeschwindigkeits-Röntgenfilmen auch von größeren Tieren wie Pferden, Rindern und Schweinen auf dem Laufband. Die Fluokinanlage - ein Prototyp der Firma Böhme Medizintechnik aus Peißen bei Halle - kostete bisher rund 200.000 Euro, die vor allem von der Universität im Rahmen von Berufungen aufgebracht wurden. Der Freistaat Sachsen stellte zudem 40.000 Euro zur Verfügung, um die baulichen und technischen Voraussetzungen zu schaffen. Das Gerät wurde auf einer eigens konstruierten Stahl-Tragkonstruktion befestigt. Besonders wichtig war den Bauherren dabei der Schutz vor der Strahlung. Fenster, Deckenbereich und Eingangstür erhielten eine Verkleidung aus Blei, die einen Millimeter stark ist.

Mit der Anlage können komplexe biomechanische Bewegungsabläufe erkannt und analysieren werden. "Eines unserer Ziele ist es, Operationsmethoden und -techniken bei Hunden zu verbessern", sagt Prof. Dr. Peter Böttcher von der Klinik für Kleintiere der Universität Leipzig. Im Gegensatz zur herkömmlichen Bewegungsanalyse mit auf der Haut aufgeklebten Markern, wie man sie aus der Sportmedizin kennt, wird bei der FluoKinanlage das Tier in der Bewegung mit Röntgenstrahlen durchleuchtet und so die Bewegung der Knochen punktgenau abgebildet. Werden diese Aufnahmen mit zuvor gemachten Bildern aus dem Computertomographen kombiniert, entsteht eine dreidimensionale Animation des untersuchten Gelenkes.

"Ich träume schon lange davon, in die Klauen und Hufe von Tieren hineinschauen zu können", sagt Prof. Mülling vom Veterinär-Anatomischen Institut, der neben Prof. Böttcher die Anlage am intensivsten nutzt. Bei Pferd und Rind liegt das Hauptaugenmerk auf Huf- und Klauenkrankheiten. Prof. Mülling erforscht mit Unterstützung der FluoKinanlage unter anderem, wie sich orthopädische Beschläge auf die Ausrichtung der Zehenknochen des Pferdes auswirken, um Rückschlüsse auf deren therapeutischen Nutzen ziehen zu können. Auch die Kaubewegung der Pferde, der Einfluss unterschiedlicher Gebisse und die vor allem unter Reitern viel diskutierte Ideal-Position des Sattels wird von den Wissenschaftlern anhand der Röntgenaufnahmen in Bewegung untersucht.

Bei Hunden sei die Bewegungsanalyse auf dem Laufband meist kein Problem, sagt Böttcher. Schwieriger gestalte sich das bei Pferden. Diese wesentlich größeren und schwereren Tiere werden erst peu á peu an das Laufband gewöhnt, bevor es zur eigentlichen Untersuchung geht. "Im Moment wird die Anlage zu 80 Prozent für die biomechanische Grundlagenforschung genutzt und zu 20 Prozent klinisch. Das Verhältnis wird sich aber im Lauf der Jahre sicherlich verändern", berichtet Böttcher. "Von der Ratte bis zum Pferd wird mit der Anlage alles untersucht", erklärt er. Ebenso könnten damit auch Menschen durchleuchtet werden. "Das ist eine Frage des Strahlenschutzes", betont der Experte. Eine Zusammenarbeit mit den Kollegen aus der Humanmedizin sei in jedem Fall geplant und würde Leipzig als internationalen Standort für Bewegungsanalyse stärken.

Kontaktdaten zum Absender der Pressemitteilung unter:
http://idw-online.de/de/institution232

*

Quelle:
Informationsdienst Wissenschaft e. V. - idw - Pressemitteilung
Universität Leipzig, Katrin Henneberg, 11.02.2014
WWW: http://idw-online.de
E-Mail: service@idw-online.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 13. Februar 2014