Schattenblick →INFOPOOL →TIERE → TIERSCHUTZ

BERICHT/091: Ende einer Odyssee - aus dem Zirkuskäfig zum Platz an der Sonne (tierrechte)


tierrechte Nr. 50, Dezember 2009
Menschen für Tierrechte - Bundesverband der Tierversuchsgegner e.V.

Ende einer Odyssee - aus dem Zirkuskäfig zum Platz an der Sonne

Von Stephanie Elsner


Eine Vision ist wahr geworden: "Unsere" Schimpansen Bobbi und Wilma sind nach Spanien umgezogen und damit angekommen in einem Leben, das ihren Bedürfnissen umfassend gerecht wird. Mit weiteren acht Mitgliedern gehört ihre Gruppe zu den ersten Bewohnern von Primadomus, dem neuen Schutzzentrum der niederländischen Organisation Stichting Aap (AAP), die sich seit Jahren um Bobbi und Wilma kümmert.


Der Umzug aus der niederländischen Auffangstation von AAP in Almere in das neue Areal im sonnigen, spanischen Villena war schon ein besonderes Ereignis, nicht nur für die Schimpansen. Für die Mitarbeiter von AAP wurde Wirklichkeit, wofür sie sich lange und hart eingesetzt hatten: Primadomus, das 180 Hektar - also 320 Fußballfelder - große Gelände, das speziell auf die Bedürfnisse von Affen ausgerichtet ist und als natürliches Reservat dient. Hier können künftig bis zu 150 Tiere mit tragischer Vergangenheit aus ganz Europa ein Zuhause erhalten. Und auch Tierärztin Dr. Christiane Baumgartl-Simons vom Bundesverband wird der 3. November als Ankunftstag von Bobbi und Wilma in besonderer Erinnerung bleiben -hat sie doch das Schicksal der beiden seit 15 Jahren verfolgt, begleitet und beeinflusst.


Für einen Zirkus ohne Tiere

Die Schimpansen Bobbi und Wilma zeigen beispielhaft die desolate Situation von Wildtieren in Zirkussen auf: von tierquälerischer Haltung über den Mangel an Unterbringungsplätzen für beschlagnahmte Tiere bis hin zum personellen und finanziellen Aufwand für gerettete Tiere. Bitte lassen Sie daher auch nicht nach, über Zirkusse mit Tieren aufzuklären und ein entsprechendes Verbot zu fordern. Anregungen und Hilfestellungen, was jeder Bürger und jede Bürgerin tun kann, finden Sie auf unserer Website unter:

www.mag.tierrechte.de/55


Die Schattenseite

Christiane Baumgartl-Simons begegnete Bobbi und Wilma 1994 zum ersten Mal. Damals saßen sie in kleinen Gitterwagen des Zirkus Universal Renz, der sie dann im gleichen Jahr an einen Bauunternehmer verkaufte. Dieser hielt die Menschenaffen in einem alten Kuhstall, bis er sie schließlich an einen maroden Tierpark abgab. Schon bald konnte man dort nicht mehr für den Unterhalt der Tiere aufkommen. So verfügte 1999 die zuständige Behörde die Tötung von Bobbi und Wilma, falls sich kein geeigneter Platz fände. Christiane Baumgartl-Simons, die immer wieder versucht hatte, die Schimpansen zu retten, gelang es, mit AAP eine Auffangstation in den Niederlanden zu finden, die beide nach einer Wartezeit übernehmen konnte.


Die Wende

Bei Stichting Aap kümmert sich ein ganzes Team hoch spezialisierter Biologen und Ethologen um die Resozialisierung von aufgenommenen Primaten und die Zusammenführung in möglichst natürliche Gruppen. Auch Bobby und Wilma waren von ihrer Vergangenheit sowohl körperlich wie psychisch gezeichnet. Doch sie erholten sich gut und konnten in eine Schimpansengesellschaft integriert werden, in der noch weitere ehemalige »Zirkusschimpansen« aus Deutschland leben. Die Betreuung der Tiere kostet viel Geld und der Bundesverband beteiligt sich bis heute an den Unterhaltskosten. Einige Paten und Spender konnten gewonnen werden, und auf einer zentralen Verbandsveranstaltung im Jahr 2000 in Berlin ließen Prominente Gegenstände zugunsten der Schimpansen versteigern. Trotz guter Haltung und Betreuung kann die Auffangstation in den Niederlanden jedoch nicht mit artgemäßen Lebensräumen von Primaten mithalten. So kaufte sie Land und errichtete nach jahrelangem beständigen Ringen mit örtlichen Behörden Primadomus, wo geschundene Primaten in großzügigen Gehegen unter der Sonne Spaniens ihren Lebensabend naturnah beschließen können.


Die Reise

Wochenlang haben Veterinäre und Verhaltensexperten von AAP den Umzug der ersten Tiere vorbereitet. Die Schimpansen lernten beispielsweise ihre zukünftigen Pfleger bereits kennen, damit sie sich in der neuen Umgebung schneller einleben. Für den Transport wurde dann ein eigens ausgestatteter Lastwagen eingesetzt. Am Tag der Abreise wurden die »Schimps« für kurze Zeit anästhesiert, untersucht und einzeln in Transportboxen gelegt. Die Narkose verhinderte eine unnötige Stressreaktion der Tiere. Und sie war zudem erforderlich für einen veterinärmedizinischen Check. So mussten die Tiere auf Lungentuberkulose getestet werden, ihr Gebiss wurde kontrolliert und der ein oder andere musste einen Zahn lassen. Auch wurden die mehrjährig wirkenden Hormon-Implantate zur Empfängnisverhütung gewechselt. Die Reise startete dann am Abend, damit Bobbi, Wilma und ihre Familie den ersten Teil der 33-stündigen Fahrt schlafend im gewohnten Zeitrhythmus verbringen konnten. Und tatsächlich verlief die Reise komplikationslos. Zwischendurch wurden Pausen eingelegt und den Tieren soll leichte Nervosität wohl spätestens beim Verzehr von ein paar Früchten vergangen sein.


Die Sonnenseite

Auch nach der Ankunft: keine Spur von Panik. Das feste Gebäude, in das sie kamen, wurde inspiziert und trotz fremder Umgebung ging es rasch ans Essen. Zufall? Oder ahnten die Schimpansen, von denen etliche Tiere traumatische Erlebnisse hinter sich haben, dass sie nun in ihrem endgültigen Zuhause angekommen waren? So haben Bobbi und Wilma mit ihren acht Artgenossen nun ein 7.000 Quadratmeter großes, affengerecht eingerichtetes Gelände in artgemäßem Klima zur Verfügung. Ein festes Gebäude sichert ihnen nachts stressfreien Schlaf. Zudem erhalten sie dreimal täglich Vollverpflegung - und Personal, das immer für sie da ist. Wenn das kein Platz an der Sonne ist ...


*


Bobbi und Wilma brauchen Sie!

Wir danken all den Menschen sehr herzlich, die im Laufe der Jahre als Spender oder Paten die Rettung von Bobbi und Wilma mitgetragen haben. Denn ihr Lebensunterhalt ist teuer. Wir würden uns daher sehr freuen, wenn Sie ihn mit einer Spende unterstützen.

Ihre Spende für Bobbi und Wilma bitte an:

Menschen für Tierrechte -
Bundesverband der Tierversuchsgegner e.V.
Sparkasse Aachen
BLZ 390 500 00
Kto. 16 00 79 73
Stichwort Bobbi und Wilma

Für Ihre Spende aus dem Ausland:
IBAN: DE02 3905 0000 0016 0079 73
Swift-BIC: AACSDE33

Online-Überweisungen:
www.spenden.tierrechte.de

Stichwort Bobbi und Wilma


*


Quelle:
tierrechte - Nr. 50/Dezember 2009, S. 6-7
Infodienst der Menschen für Tierrechte -
Bundesverband der Tierversuchsgegner e.V.
Roermonder Straße 4a, 52072 Aachen
Telefon: 0241/15 72 14, Fax: 0241/15 56 42
E-Mail: info@tierrechte.de
Internet: www.tierrechte.de

tierrechte erscheint viermal jährlich.
Der Verkaufspreis ist im Mitgliedsbeitrag enthalten.


veröffentlicht im Schattenblick zum 25. Dezember 2009