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BERICHT/103: Städte und Gemeinden ergreifen Selbsthilfe (tierrechte)


tierrechte Nr. 56, Juni 2011
Menschen für Tierrechte - Bundesverband der Tierversuchsgegner e.V.

Städte und Gemeinden ergreifen Selbsthilfe

Von Christiane Baumgartl-Simons


Was die EU, Deutschland oder die Bundesländer an Tierschutzvorschriften beschließen, prasselt früher oder später auf die Kommunen nieder. Denn in Städten und Gemeinden werden die tierschutzrechtlichen Vorschriften in der Praxis angewandt. Hierfür sind die Veterinärbehörden zuständig, die bei Kreisverwaltungen und kreisfreien Städten angesiedelt sind.


Die amtstierärztlichen Tierschutz-Aufgaben sind nicht nur vielfältig, sondern auch umfangreich und gewinnen mit dem wachsenden Stellenwert des Tierschutzes in der Gesellschaft an Bedeutung. Nach dem Urteil von Juristen haben Amtstierärzte sogar ein Alleinstellungsmerkmal als Garanten des Tierschutzes. Deshalb ist es unverzeihlich, dass die Durchsetzung des Tierschutzrechts zu oft auf der Strecke bleibt.


Eindeutige Vorschriften fehlen

Schuld daran sind mehrere Faktoren, wie personelle Unterbesetzung der Veterinärämter, mangelhafte Kompetenz der Amtstierärzte und uneinsichtige Dienstvorgesetzte. Erschwerend kommt hinzu, dass die Veterinäre auch deshalb nicht im Sinne des Tierschutzes handeln können, weil häufig eindeutige und rechtsverbindliche Vorschriften fehlen. Für die Tierhaltung im Zirkus zum Beispiel oder aber auch zur Eindämmung der Katzenvermehrung. Hier drückt sich die Bundesregierung schon seit Jahren davor, zumindest Wildtiere in Wandermenagerien nicht mehr zu erlauben oder ein Heimtierzuchtgesetz zu erlassen. Diese Untätigkeiten gehen zulasten des Tierschutzes und der Kommunen. Mittlerweile greifen Städte- und Gemeinderäte im Schulterschluss mit ihren Ordnungsämtern deshalb zur Selbsthilfe und verabschieden Regelungen zugunsten der Tiere und des Gemeindesäckels.


Knifflige Auswege

Häufig geht das nur durch den Griff in die Trickkiste, denn Tierschutzrecht wird primär durch die Bundesebene geregelt. Immer mehr Kommunen nehmen eine Kastrations- und Kennzeichnungspflicht für Freigängerkatzen in ihre Verordnungen zur Aufrechterhaltung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung auf, um so das Katzenelend zu reduzieren und Geld für die Fundtierbetreuung zu sparen. Oder aber sie verpachten öffentliche Plätze nur dann an Zirkusse mit Wildtierhaltungen, wenn ein umfassender Versicherungsschutz für alle Schäden, die durch die Tiere entstehen, nachgewiesen werden kann. Das ist so gut wie nie der Fall.


Bundesregierung gefordert

So sehr uns auch die kommunalen Sofortmaßnahmen erfreuen, es sind und bleiben Nothilfen. Tatsächlich steht die Bundesregierung am Pranger, sie muss die überfälligen gesetzlichen Regelungen herbeiführen. Auch die beamteten Tierärzte als Garanten des Tierschutzes müssen handeln. So ist Lobbyarbeit vom Bund der beamteten Tierärzte und der Bundestierärztekammer unentbehrlich, um eine angemessene Ausstattung der Vollzugsbehörden zu erreichen. Diese ist  d i e  Grundvoraussetzung zum ordnungsgemäßen Vollzug tierschutzrechtlicher Vorschriften. Nicht zuletzt stehen auch die Städte und Gemeinden selbst in der Pflicht, über ihre kommunalen Spitzenverbände politischen Druck auf Berlin auszuüben.


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Quelle:
tierrechte - Nr. 56/Juni 2011, S. 5
Infodienst der Menschen für Tierrechte -
Bundesverband der Tierversuchsgegner e.V.
Roermonder Straße 4a, 52072 Aachen
Telefon: 0241/15 72 14, Fax: 0241/15 56 42
E-Mail: info@tierrechte.de
Internet: www.tierrechte.de

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veröffentlicht im Schattenblick zum 12. August 2011