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TIERHALTUNG/443: Bundesverband recherchiert rechtswidrige Hennenhaltungen (tierrechte)


tierrechte 2.08 - Nr. 44, Mai 2008
Menschen für Tierrechte - Bundesverband der Tierversuchsgegner e.V.

Tierschutz-Nutztierhaltungsverordnung "Legehennen"
Bundesverband recherchiert rechtswidrige Hennenhaltungen

Von Stephanie Elsner


Wir wollten es wissen: Haben bundesweit alle Betreiber von tierquälerischen Batteriekäfigen vorschriftsmäßig ihrer Behörde ein Umstellungskonzept auf andere Haltungssysteme vorgelegt? Das Erstresultat unserer Bundesländer-Befragung lautet: Mindestens in Hessen, Niedersachsen und womöglich auch in Nordrhein-Westfalen gibt es Betriebe, die dies nicht taten und somit offensichtlich rechtswidrig betrieben werden.

Nach der rnechtskräftigen Tierschutz-Nutztierhaltungsverordnung dürfen "Legehennen" in Deutschland in den herkömmlichen tierquälerischen Batteriekäfigen befristet nur noch gehalten werden, wenn der Betreiber bis Ende 2006(!) der zuständigen Behörde ein verbindliches Umstellungskonzept vorgelegt hatte - auf die minimal größeren Seehofer-Käfige, die als "Kleingruppenkäfige" vermarktet werden, auf Boden- oder Freilandhaltung.

Unsere schriftliche Abfrage Ende letzten Jahres und einzelnes Nachfassen im März 2008 ergab, dass selbst ein Jahr nach Fristablauf zumindest Betriebe in Hessen, Niedersachsen und möglicherweise auch in Nordrhein-Westfalen agieren, die noch immer kein Konzept eingereicht haben und somit rechtswidrig betrieben werden. Die übrigen Bundesländer gaben an, dass für alle Käfighaltungen Umstellungskonzepte vorliegen würden bzw. die Betriebe geschlossen wurden. Für uns ist es skandalös und nicht hinnehmbar, dass es offensichtlich Batterie-Betriebe gibt, die keine Legitimation mehr haben und bei denen die entsprechenden Behörden nicht stringent eingeschritten sind.

Sollten diese Hennenhaltungen inzwischen noch immer betrieben werden, erfüllen die Inhaber zumindest den Tatbestand einer fortgesetzten Ordnungswidrigkeit nach der Tierschutz-Nutztierhaltungsverordnung in Verbindung mit dem Tierschutzgesetz, was mit einem Bußgeld bis zu 25.000 Euro geahndet werden kann. Darüber hinaus spricht vieles dafür, dass auch der Straftatbestand der quälerischen Tiermisshandlung erfüllt wird. Außerdem dürfen nach dem Grundsatz der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung die zuständigen Behörden diesen Sachverhalt nicht auf sich beruhen lassen - unabhängig von der Frage, ob man für die betroffenen Betriebe eine Straftat oder "nur" eine Ordnungswidrigkeit annimmt.

So sind wir dabei, weitere Fakten zu ermitteln und Licht in die aktuelle Situation zu bringen. Bislang sind uns die fraglichen Betriebe nicht namentlich bekannt. Daher konnten wir auch noch keine Anzeige erstatten. Wir brennen jedoch darauf zu erfahren, welche Maßnahmen gegen säumige Eierbarone ergriffen wurden und ob noch immer Käfighaltungen existieren, die der Meldepflicht nicht nachkamen und deren Betriebserlaubnis erloschen sein müsste. Wir bleiben dran - und halten Sie auf dem Laufenden.


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Vorläufige Abfrage-Auswertung

Hessen:
126 Betriebe halten Hennen in herkömmlichen Käfigen.
12 Betriebe hatten bis Fristende 15.12.2006 kein Konzept vorgelegt.

Niedersachsen:
390 Betriebe halten Hennen in herkömmlichen Käfigen.
8 Betriebe hatten bis Fristende 15.12.2006 kein Konzept vorgelegt.

Nordrhein-Westfalen:
(Stand der Angaben: 13.03.2007, drei Monate nach Fristende)
585 Betriebe halten Hennen in herkömmlichen Käfigen (ca. 3,9 Mio. Hennen).
Davon haben 476 Betriebe mit 2,6 Mio. Hennen bis zum 15.12.2006 ein verbindliches Betriebs- und Umbaukonzept vorgelegt.
(Anmerkung: Daraus ergibt sich, dass 109 Betriebe mit 1,3 Mio. Hennen bis zum 15.12.2006 kein Konzept vorgelegt haben. Aus der Antwort geht nicht genau hervor, was mit diesen Betrieben ist. Es wird ohne konkrete Zahlenangabe angegeben, dass diese Betriebe die Tiere abgeschafft oder aufgegeben hätten. In vier Fällen wurde ein Verwaltungsverfahren eingeleitet.)

Restliche Bundesländer:
Nach Angaben der für Tierschutz und Tierhaltung zuständigen Ministerien lagen zum Fristende für alle Käfighaltungen Umstellungskonzepte vor bzw. wurden Betriebe geschlossen oder haben aufgegeben.


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Voraussetzungen zur Erlaubnis herkömmlicher Batteriekäfige gemäß Tierschutz-Nutztierhaltungsverordnung, Paragraf 33 Abs. 4:

Hennen dürfen noch in den herkömmlichen Batteriekäfigen bis 31.12.2008 gehalten werden, wenn u.a.:

• die Haltungseinrichtung vor dem 13.03.2002 bereits in Benutzung war;

• die Batteriekäfige bestimmte Bedingungen erfüllen (Käfigfläche pro Henne 550 cm2bei Tieren bis 2kg bzw. 690 cm 2bei Tieren über 2kg; bestimmte Troglänge etc.);

• der Inhaber des Betriebs der zuständigen Behörde bis zum 15.12.2006 ein verbindliches Umbau- und Umstellungskonzept auf Seehofer-Käfige, Boden- oder Freilandhaltung vorgelegt hat.

Wird dieses Konzept nicht fristgerecht vorgelegt, endet die Frist zum Halten in herkömmlichen Batteriekäfigen mit Ablauf des 15.12.2006.

Im Einzelfall kann die Behörde eine Nutzung herkömmlicher Batteriekäfige noch bis zu einem weiteren Jahr (bis 31.12.2009) genehmigen, wenn der Antragsteller nachweist, dass eine Umstellung noch vorgenommen wird.


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Quelle:
tierrechte - Nr. 44, Mai 2008, S. 18-19
Infodienst der Menschen für Tierrechte -
Bundesverband der Tierversuchsgegner e.V.
Roermonder Straße 4a, 52072 Aachen
Telefon: 0241/15 72 14, Fax: 0241/15 56 42
E-Mail: info@tierrechte.de
Internet: www.tierrechte.de

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Der Verkaufspreis ist im Mitgliedsbeitrag enthalten.


veröffentlicht im Schattenblick zum 18. Juni 2008