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TIERHALTUNG/535: Warten auf Bewegungsfreiheit - Hennen- und Kaninchen (tierrechte)


tierrechte 3.11 - Nr. 57, August 2011
Menschen für Tierrechte - Bundesverband der Tierversuchsgegner e.V.

Tierschutz-Nutztierhaltungsverordnung
Warten auf Bewegungsfreiheit: Hennen- und Kaninchen

von Christiane Baumgartl-Simons


Für Legehennen muss es neue Haltungsvorschriften geben, das verlangt das Bundesverfassungsgericht mit seinem Beschluss vom Dezember letzten Jahres. Im März 2009 hatte der Bundesrat die Bundesregierung aufgefordert auch für die kommerzielle Zucht und Haltung von Kaninchen endlich tierschutzkonforme Vorschriften zu schaffen. Vor Kurzem hat die Bundesregierung entsprechende Verordnungsentwürfe vorgelegt, die aus Sicht des Bundesverbandes zwingend nachzubessern sind.


Der Bundesverband Menschen für Tierrechte verfolgt uneingeschränkt das Ziel, Tieren Ihre Rechte auf Leben und Unversehrtheit zu erkämpfen. Das wird aber realistischerweise nicht in absehbarer Zeit geschehen. In der Zwischenzeit sieht unser Verband die Notwendigkeit, die Bedingungen dieser Tierhaltungen so gut wie möglich zu verbessern. Deshalb nehmen wir Stellung zu entsprechenden Rechtsvorschriften, so auch zu den beiden Entwürfen.


Hennen

Die Bundesregierung muss bis zum 31. März 2012 die Unterbringung von Hennen in den seit 2006 erlaubten "Seehofer-Käfigen" - offiziell als "Kleingruppenhaltung" bezeichnet - neu regeln. Der im Mai durch Bundesministerin Ilse Aigner veröffentlichte Entwurf greift die meisten Bestimmungen auf, die 2001 unter der grünen Verbraucherschutzministerin Renate Künast zum Verbot jeglicher Käfighaltung von Hennen bis 2006 führten. Das ist zunächst erfreulich. Doch in zwei entscheidenden Punkten bleibt der Entwurf hinter den damaligen Vorgaben zurück. Im Gegensatz zum Künast-Papier, das die Höhe der Haltungseinrichtung zwingend auf zwei Meter festschrieb und so die Käfige erfolgreich ausschloss, lässt der Aigner-Entwurf Ausnahmen zu dieser Höhenregel zu. Wir erkennen darin die Eintrittspforte für eine erneute Käfighaltung und verlangen deshalb die Streichung jeglicher Ausnahmen.

Als absolut dreist und durch nichts begründbar ist eine weitere Passage des Entwurfs. Bereits existierende "Kleingruppenhaltungen" sollen noch bis Dezember 2035 betrieben werden dürfen. Für eine derart lange Übergangsfrist von 23 Jahren gibt es keine Grundlage. Fakt ist vielmehr, dass die steuerlich festgesetzte Abschreibefrist für Legebatterien maximal zehn Jahre beträgt. Warum also soll diesen neuen Käfigen nun 23 Jahre eine tierschutzwidrige Nutzung eingeräumt werden? Außerdem hatte der rheinland-pfälzische Ministerpräsident Kurt Beck bereits 2006 unmittelbar beim Kippen des Käfigverbots unmissverständlich klargestellt, Normenkontrollklage gegen die Kleingruppenhaltung einzureichen. Jeder Betreiber, der in dieser unsicheren Situation auf diesen Käfig umstellte, wusste also um die mögliche Rechtsunsicherheit.


Kaninchen

Im Juni präsentierte Frau Aigner ein erstes Eckpunktepapier zur kommerziellen Zucht und Haltung von Kaninchen. Auch hier muss gelten, was bereits bei den Hennen hervorgehoben wurde: Eine Käfighaltung ist zwingend auszuschließen. Die Haltungsanlage muss so hoch sein, dass sich der Mensch in aufrechter Haltung darin bewegen kann, allein schon deshalb, um tägliche Gesundheitskontrollen der Tiere durchführen zu können. Es muss ebenfalls sichergestellt sein, dass die Kaninchen ihre arteigenen Grundbedürfnisse befriedigen können. Zu nennen sind hier insbesondere Sozialkontakte, Lokomotion wie Hoppeln und Haken schlagen, Aufrichten, Graben, Ruhen, Nagen und Rückzug. Die Voraussetzungen zum Ausleben dieser Verhaltensweisen bieten nur Bodenhaltung mit Auslauf und Freilandhaltung. Käfige dürfen nur in Ausnahmefällen und kurzfristig für erkrankte Tiere benutzt werden. Die Fütterung muss artspezifisch sein, d.h. insbesondere rauhfaserreich. Die vorgelegten Eckpunkte erfüllen diese Voraussetzungen nur ansatzweise.

Der Bundesverband wird sich in den kommenden Monaten im Schulterschluss mit weiteren Verbänden für die Aufnahme der hier angemerkten Haltungsverbesserungen politisch stark machen.


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Quelle:
tierrechte - Nr. 57, August 2011, S. 14
Infodienst der Menschen für Tierrechte -
Bundesverband der Tierversuchsgegner e.V.
Roermonder Straße 4a, 52072 Aachen
Telefon: 0241/15 72 14, Fax: 0241/15 56 42
E-Mail: info@tierrechte.de
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veröffentlicht im Schattenblick zum 7. Oktober 2011