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TIERHALTUNG/538: Füttern ohne Gensoja (PROVIEH)


PROVIEH Heft 2/2011
Magazin des Vereins gegen tierquälerische Massentierhaltung e.V.

Füttern ohne Gensoja

von Stefan Johnigk


In deutschen Tierställen findet ein versteckter Tierversuch gigantischen Ausmaßes statt. Millionen Hühner, Schweine und Rinder werden mit Millionen Tonnen gentechnisch veränderter Soja gefüttert. Das geschieht gegen den Willen einer Mehrheit der Verbraucher, ohne wissenschaftliche Begleitung und mit ungewissem Ausgang. Das Risiko tragen die Bauern und ihre Tiere. Doch längst nicht alle Bauern machen mit. PROVIEH sprach mit zweien von ihnen.


Hühnerbauer Christoph Hönig und seine Erzeugergemeinschaft am Bodensee halten Legehennen in Boden- und Freilandhaltung. Ihre Hennen brauchen viel Eiweiß im Futter, um gesund zu bleiben und Eier zu legen. Da es in Europa keine hinreichenden Alternativangebote für Eiweißfutter gibt, ist die Erzeugergemeinschaft auf Soja im Hühnerfutter angewiesen. Gensoja aber kommt bei Christoph Hönig und seinen Kollegen nicht auf den Hof. Für die deutschen Bauern ist das auch ein Ausdruck der Solidarität mit den Kleinbauern in Südamerika, die von Saatgutlieferanten wie Monsanto abhängig gemacht und von uferlos wachsenden großen Sojafarmen verdrängt werden. Langfristig möchte die Gemeinschaft um Christoph Hönig nicht nur auf Gensoja, sondern auch auf konventionelle Sojaimporte verzichten. Erste Kontakte mit Sojalieferanten von europäischen Anbauflächen haben sie bereits geknüpft. Doch das Angebot ist noch recht knapp, denn nicht in allen Ländern Europas kann die Bohne problemlos angebaut werden.

Milchbauer Jörn Sierck aus Schleswig-Holstein hat es leichter, schließlich sind seine Kühe Vegetarier und benötigen kein tierisches Eiweiß im Futter. Sie brauchen auch kein Sojakraftfutter, erst recht kein gentechnisch verändertes. Jörn Sierck hat seinen Hof Fuhlreit bereits 2006 zum gentechnikfreien Betrieb erklärt und ärgert sich maßlos über den Deutschen Bauernverband (DBV), der seine Mitglieder nicht über die Risiken bei der Fütterung von Gensoja informiert. "Billiges Futter für billige Produkte", so laute die offizielle Strategie des DBV. Gensoja ist in der Tat billig. Wer dieses Produkt vermeiden wolle, müsse deshalb mit höheren Kosten rechnen. Doch der DBV verschweige den Bauern, dass sie selbst und nicht der Saatguthersteller Monsanto oder der Vermarkter der Futtermittel für Schäden haften, die durch die Verfütterung von Gensoja an Vieh entstehen. Gegen dieses Risiko könne auch keine Versicherung abgeschlossen werden, wie Jörn Sierck erfuhr. Sollten die Versicherungskonzerne mehr wissen als der DBV?


Fruchtbarkeitsstörungen durch Gensoja

Wissenschaftliche Hinweise mehren sich, dass die Verfütterung gentechnisch veränderter und mit dem Pflanzengift "Roundup" behandelter Soja zu Erkrankungen bei den Tieren führen kann. Fruchtbarkeitsstörungen, eine Zunahme von Totgeburten sowie Veränderungen in den Enzymwerten konnten bereits im Labor beobachtet werden. Mögliche Ursachen sind nicht nur in der gentechnischen Veränderung zu suchen. Auch Bestandteile des Unkrautvernichtungsmittels, gegen dessen Wirkung die Sojapflanze künstlich resistent gemacht wurde, scheinen sich schädlich bei der Verfütterung auszuwirken. Verlässliche Langzeitstudien wurden dazu bisher nicht gemacht. Die Profiteure des Genpflanzenanbaus haben kein Interesse daran, solche Untersuchungen zu finanzieren. Sie richten ihren Lobbydruck darauf, den massenhaften Anbau und Verbrauch politisch zu fördern. So werden tausende Bauern in die Abhängigkeit geführt und Millionen Nutztiere als Versuchsobjekte missbraucht.

Jörn Sierck hat einen Abnahmevertrag mit einer Molkereigenossenschaft. Die zahlt für das Qualitätszeichen "Ohne Gentechnik" keinen Aufpreis für die gelieferte Milch. Doch Bauer Sierck verkauft seit Anfang 2010 auch Milchprodukte von einer eigenen Hofmolkerei. Seine Kunden wissen nicht nur den täglichen Weidegang der Milchkühe und die ausgewogene Zucht auf Zweinutzung zu schätzen. Sie freuen sich auch über den Verzicht auf Gentechnik. Und täglich werden es mehr.


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INFOBOX

Hühner sind von Natur aus Allesfresser. Trotzdem müssen sie in Deutschland und der EU rein vegetarisch gefüttert werden. Selbst hochwertige hygienisch einwandfreie Reststoffe, wie sie zum Beispiel bei der Herstellung von Gelatine aus Schweineschwarten anfallen, sind als Eiweißquelle für Hennen verboten. Die EU berät über eine Lockerung des Verbots zur Verfütterung verarbeiteter tierischer Proteine an Schweine und Geflügel. Grundvoraussetzung soll dabei sein, dass die Eiweiße ausschließlich von gesunden Tieren stammen und die Tiere nicht ihre eigenen Artgenossen fressen müssen.


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Quelle:
PROVIEH Heft 2/2011, Seite 10-11
Herausgeber: PROVIEH - Verein gegen tierquälerische Massentierhaltung e.V.
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PROVIEH erscheint viermal jährlich.


veröffentlicht im Schattenblick zum 30. Dezember 2011