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INITIATIVE/294: Vorreiter zukunftsorientierter Landwirtschaft ausgezeichnet (TSB)


Pressemitteilung des Deutschen Tierschutzbundes - 22. Januar 2008

Vorreiter einer zukunftsorientierten Landwirtschaft ausgezeichnet

Bundespräsident Köhler überreicht "Pro Tier-Förderpreis für artgerechte Nutztierhaltung"


Berlin, den 22. Januar 2008 - Als "Vorreiter einer zukunftsorientierten, menschen-, tier- und umweltfreundlichen Landwirtschaft" bezeichnete Bundespräsident Horst Köhler die diesjährigen Preisträger des "Pro Tier-Förderpreises für artgerechte Nutztierhaltung". In seiner Ansprache bei der Preisverleihung auf der Internationalen Grünen Woche in Berlin würdigte der Schirmherr des Preises die "gesellschaftlich wertvollen Leistungen" einer nachhaltigen Landwirtschaft. Eine solche Landwirtschaft gelte es - auch mit Hilfe der Politik - weiter zu fördern. Die vier diesjährigen Preisträger des Pro Tier-Förderpreises der "Allianz für Tiere in der Landwirtschaft" stammen aus der ökologischen Land- und Lebensmittelwirtschaft. Der mit 10.000 Euro dotierte Preis wird alle zwei Jahre von der Allianz für Tiere vergeben, einem Zusammenschluss führender Organisationen aus den Bereichen Tier-, Umwelt- und Natur- sowie Verbraucherschutz. Mitglieder der Allianz für Tiere sind der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND), der Deutsche Tierschutzbund, die Schweisfurth-Stiftung und der Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv).

Zu Beginn seiner Rede verwies Bundespräsident Köhler auf die Diskrepanz zwischen dem, was die Menschen von der Landwirtschaft erwarten, und der Realität. "Die überwältigende Mehrheit der Verbraucher wünscht sich einen artgerechten Umgang mit Tieren", so Köhler. Das zeigten zahlreiche Umfragen im In- und Ausland. Köhler: "Wenn wir Kindern erklären, wo Fleisch, Eier und Milch herkommen, bemühen wir meistens weiterhin die Bilder von Kühen, die auf der Weide grasen, von Schweinen, die sich im Schlamm suhlen, und von Hühnern, die auf dem Misthaufen scharren, obwohl solche Bedingungen im Zeitalter der Massentierhaltung eher die Ausnahme sind." Dass damit eher "Romantik statt Realität" vermittelt werde, sei ein Hinweis darauf, so Bundespräsident Köhler weiter, dass "viele von uns sich eine andere Landwirtschaft wünschen".


Eine "andere Landwirtschaft" ist möglich

Überzeugende Beispiele dafür, dass eine andere Landwirtschaft auch unter heutigen ökonomischen Bedingungen möglich ist und dass insbesondere Nutztierhaltung und Tierschutz keine unüberwindbaren Gegensätze darstellen, sind die vier mit dem Pro Tier-Förderpreis ausgezeichneten Unternehmen. Im Zentrum der diesjährigen Ausschreibung stehen die gesellschaftlichen Leistungen und Wohlfahrtseffekte, die mit einem artgerechten und ökologisch sensiblen Umgang mit Tieren verbunden sind.

So hat das Allgäuer Lebensmittelunternehmen Feneberg mit seinem Markenprogramm "Von hier" in den letzten zehn Jahren eine konsequente Vermarktung für hochwertige ökologische Lebensmittel aufgebaut, die regional und tiergerecht erzeugt werden. Das Familienunternehmen eröffnet dadurch für viele Bergbauern-Betriebe eine neue, ökonomisch tragfähige Perspektive und unterstützt auf diese Weise den Erhalt der Allgäuer Kulturlandschaft. Weiterer Preisträger ist der Bauckhof aus Klein Süstedt bei Uelzen, der bereits 1932 auf biologisch-dynamische Wirtschaftsweise umgestellt hat und damit einer der ersten Biobetriebe in Deutschland ist. Ausgezeichnet wird hier vor allem die vorbildliche und innovative Haltung von Geflügel in sogenannten "Mobilställen" bei bester Gesundheit der Tiere. Als vorbildlich bewertete die Jury ebenfalls die Stärkung der regionalen Ökonomie durch den Aufbau einer eigenen Lebensmittelverarbeitung vor Ort sowie einer florierenden Vermarktung der Produkte direkt vom Hof wie durch einen eigenen Lebensmittelversand.

Zwei weitere Preisträger werden vor allem für die soziale Integration von Menschen mit Behinderungen ausgezeichnet. Das Hofgut Hofgeismar der Baunataler Diakonie Kassel e.V. ist ein Bioland-Betrieb, der sich auf die tiergerechte Schweinemast spezialisiert hat. Die Sauen und Ferkel erhalten Weidegang und die Masttiere viel Stroh und ständigen Auslauf. Dabei werden die Betriebsabläufe ganz auf die Bedürfnisse und Fähigkeiten der behinderten Menschen abgestimmt. Die hohe Qualität der tierischen Produkte wird vom Markt honoriert. Ebenfalls ökonomisch erfolgreich wirtschaftet der im brandenburgischen Havelland gelegene und vom Mosaik e.V. getragene Ökohof Kuhhorst. Der Betrieb, der dem Anbauverband Gäa angehört, hat seit der Neugründung 1991 eine überaus vielseitige artgerechte Tierhaltung aufgebaut mit Rindern, Schweinen, Gänsen, Schafen und Ziegen. Der Betrieb kümmert sich als anerkannter "Arche"-Hof auch um den Erhalt vom Aussterben bedrohter Nutztierrassen. Der Ökohof Kuhhorst gilt als Modellprojekt zur beruflichen Förderung behinderter Menschen. Vor allem die Verknüpfung von artgerechter Tierhaltung mit daran anbindenden Wertschöpfungsketten im Bereich der Verarbeitung hat viele neue Arbeitsplätze in einer strukturschwachen ländlichen Region mit hoher Arbeitslosigkeit geschaffen.


Mehr gesellschaftliche Leistungen gefordert

Die ausgezeichneten Unternehmen zeigen, so Bundespräsident Köhler in seiner Würdigung der vier Preisträger, "dass sich eine nachhaltige, für Mensch, Tier und Umwelt gleichermaßen vorteilhafte Wirtschaftsform auch rechnen kann. Vor allem aber zeigen sie", so Köhler weiter, "wie viel lebenswerter eine Welt ist, in der andere Geschöpfe nicht allein auf ihren ökonomischen Wert reduziert werden."

Abschließend betonte Köhler, dass für die weitere Verbreitung artgerechter Nutztierhaltung nicht nur die Verbraucher gefordert seien, die solche gesellschaftlichen Leistungen der Landwirtschaft entsprechend honorieren, sondern auch die Hilfe der Politik. Der Bundespräsident verwies in diesem Zusammenhang auf die jüngsten Brüsseler Vorschläge zur Überprüfung der Europäischen Agrarreform, die eine stärkere Bindung der Subventionen an ökologische und soziale Leistungen der Landwirtschaft vorsehen. Diese Vorschläge seien laut Köhler "bedenkenswert". "Denn Landwirtschaft kann nicht allein deshalb aus Steuermitteln unterstützt werden, weil sie Landwirtschaft ist. Sie soll gefördert werden, wenn sie gesellschaftlich wertvolle Leistungen erbringt - beim Tierschutz ebenso wie bei der Produktqualität und bei der Erhaltung von Kulturlandshaften."

Bei ihrer Vorstellung der vier diesjährigen Preisträger stimmten die Spitzenvertreter der Allianz für Tiere mit der Forderung von Bundespräsident Köhler überein, dass die stärkere Orientierung am gesellschaftlichen Gemeinwohl eine "wesentliche Zukunftsaufgabe der Landwirtschaft" sei.

Weitere Infos zu den vier Preisträgern, deren Kontaktdaten, eine Begründung
der Juryentscheidung unter: www.allianz-fuer-tiere.de


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Quelle:
Pressemitteilung des Deutschen Tierschutzbundes e.V.
vom 22. Januar 2008
Herausgeber: Deutscher Tierschutzbund e.V., Bundesgeschäftsstelle
Baumschulallee 15, 53115 Bonn
Tel: 0228/60496-24, Fax: 0228/60496-41
E-Mail: presse@tierschutzbund.de
Internet: www.tierschutzbund.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 24. Januar 2008