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MELDUNG/323: Kritik an Elefantenhaltung im Zoo Hannover (TSB)


Pressemitteilung des Deutschen Tierschutzbundes - 5. April 2017

Kritik an Elefantenhaltung im Zoo Hannover:

Direktkontakt, Dominanz und Gewalt müssen vermieden werden


Der Deutsche Tierschutzbund kritisiert die Elefantenhaltung im Zoo, bei der Pfleger direkten Kontakt zu den Tieren haben ("direct contact"). Das ARD-Politikmagazin "Report Mainz" zeigte gestern entsprechende Bilder aus dem Zoo Hannover. Besonders erschreckend: der massive Einsatz eines Elefantenhakens, einem Stock mit Eisenspitze, mit dem die Pfleger die Tiere malträtieren und zu Kunststückchen zwingen. Falls Zoos Elefanten halten, so sollten die Tiere aus Tierschutzsicht und zur Sicherheit der Pfleger nur indirekten Kontakt ("protected contact") oder besser keinen Kontakt ("no contact") zum Zoopersonal haben. Die Dressur von Elefanten, die nur durch Dominanz und Gewalt zu erreichen ist, ist mit aller Schärfe abzulehnen.

"Dass Elefanten in Zoos gehalten werden, auch wenn ihre arteigenen Bedürfnisse kaum erfüllt werden können, ist bereits zu kritisieren", meint Thomas Schröder, Präsident des Deutschen Tierschutzbundes. "Wenn dann auch noch Bilder, wie aktuell aus Hannover, dokumentieren, dass die Tiere bedroht oder ihnen Gewalt angetan wird, um den direkten Umgang zu ermöglichen oder ihnen fragwürdige Kunststückchen beizubringen, so ist dies aus Tierschutzsicht nicht mehr tragbar und auch nicht mit den Ansprüchen, die Zoos heute an sich selbst stellen, vereinbar. Der Zoo sollte sich seiner Verantwortung stellen, anstatt bei der dokumentierten Malträtierung des Tieres beschönigend von "führen" oder einer "Übung" zu sprechen. Diese Art der Unterwerfung und des gefügig Machens gehört abgeschafft."


Hintergrund: Elefantenhaltung mit "direct contact"

Das direkte Arbeiten mit einem Elefanten und seine Dressur sind nur durch die traditionelle Haltung mit "direct contact" möglich. Der Pfleger dominiert die Tiere dabei als "Ersatz-Leittier"; ihr arteigenes Sozialverhalten können die Tiere nicht ausüben. Mit dem Elefantenhaken werden die Tiere bedroht, geschlagen oder "gepikst", um den Menschen als ranghöchstes Tier zu etablieren. Für die Tiere bedeutet dies tagtäglich Angst und Stress.

Andere Möglichkeiten der Elefantenhaltung im Zoo

Vor allem um die Unfallgefahr für Pfleger zu minimieren haben viele Zoos bereits die Haltung mit "protected contact" eingeführt, bei der die Pfleger durch eine Abtrennung mit den Elefanten arbeiten, diese auch medizinisch versorgen können. "Protected contact" hat den Vorteil, dass die Elefanten nicht dominiert werden müssen und das Rangordnungsverhalten nicht unterdrückt wird. Am natürlichsten ist aber die Haltung mit "no contact", bei der Elefanten weder beeinflusst noch trainiert werden. Auch eine Körperpflege durch Menschen wird überflüssig, wenn Elefanten genügend Möglichkeiten zum Scheuern, Baden und Suhlen erhalten. Diese Haltungsform ist aber nur in sehr großen Anlagen und bei intakten Sozialstrukturen möglich. Nichtsdestotrotz bleibt die Elefantenhaltung in Gefangenschaft eine Herausforderung und ist aus Tierschutzsicht kritisch zu sehen: Tätigkeiten wie Nahrungssuche, Bewegung, Feindvermeidung, die Nachwuchspflege sowie das Sozial- und Komfortverhalten sind für Elefanten in Zoos zum Teil gar nicht oder nur eingeschränkt möglich.

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Quelle:
Pressemitteilung des Deutschen Tierschutzbundes e.V.
vom 5. April 2017
Herausgeber: Deutscher Tierschutzbund e.V., Bundesgeschäftsstelle
In der Raste 10, D-53129 Bonn
Telefon: +49-(0)228-6049624, Fax: +49-(0)228-6049641
E-Mail: presse@tierschutzbund.de
Internet: www.tierschutzbund.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 8. April 2017

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