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POLITIK/567: Versuchstierrichtlinie verabschiedet, Tierschützer enttäuscht (DNR EU)


Deutscher Naturschutzring (DNR)
Dachverband der deutschen Natur- und Umweltschutzverbände
EU-Koordination

EU-News - Mittwoch, 8. September 2010

Versuchstierrichtlinie verabschiedet, Tierschützer enttäuscht


Das Europäische Parlament hat am 8. September mit großer Mehrheit die EU-Versuchstierrichtlinie angenommen. Tierschützer zeigten sich enttäuscht von den geringen Fortschritten bei der Beschränkung von Tierversuchen.

Das Gesetzeswerk entspricht dem Kompromisstext, der bereits im Dezember 2009 nach langwierigen Verhandlungen mit EU-Kommission und Ministerrat fertiggestellt worden war.

Der Deutsche Tierschutzbund erklärte, die neue Richtlinie bleibe weit hinter seinen Forderungen zurück. Zwar sei es grundsätzlich zu begrüßen, dass die veralteten Vorschriften von 1986 ersetzt worden seien und die Richtlinie die Tierschutzstandards in weiten Teilen Europas, vor allem in Süd- und Osteuropa, anhebe.

Der Verband sieht aber gravierende Mängel in den Bestimmungen und kritisiert unter anderem die "nahezu ungezügelte" Verwendung von Primaten, die unzureichende Pflicht zur Anwendung von Alternativmethoden, ein "lasches" Genehmigungsverfahren sowie die Klausel, dass die Mitgliedstaaten keine höheren eigenen Standards erlassen dürfen.

Schlechte Noten vom Tierschutzbund bekommt auch die deutsche Bundesregierung. In den Verhandlungen mit Rat und Kommission habe sie viele Verbesserungen blockiert. "Dies ist umso bedauerlicher, als im Koalitionsvertrag festgelegt wurde, dass sie den Tierschutz auf EU-Ebene voranbringen will", sagte Brigitte Rusche, Vizepräsidentin des Verbandes.

Undine Kurth, tierschutzpolitische Sprecherin der Grünen im Bundestag, warf Bundesforschungsministerin Annette Schavan (CDU) vor, sich zu einem "Sprachrohr der Forschungs- und Pharmalobby" gemacht zu haben. Alle Änderungsanträge der Grünen im Bundestag und im EU-Parlament seien abgelehnt worden. Dagegen sprach Elisabeth Jeggle (CDU), Berichterstatterin für das Gesetz im EU-Parlament, von einem "Durchbruch im Tierschutz", der aber nicht die wissenschaftliche Forschung beschränke. Die Richtlinie sorge für eine "gute Balance zwischen dem Schutz der Versuchstiere und dem Erhalt des Forschungsstandorts Europa".

Mit der bis zum Jahresende erfolgenden Veröffentlichung der Richtlinie im EU-Amtsblatt beginnt nun die zweijährige Frist für die Umsetzung in einzelstaatliches Recht. In Deutschland gehe es jetzt darum, die ohnehin schon schwachen Vorschriften nicht weiter aufzuweichen, sagte Brigitte Rusche vom Tierschutzbund. "Das Schutzniveau für Labortiere muss deutlich angehoben werden."

Pro Jahr werden in europäischen Forschungseinrichtungen rund zwölf Millionen Tiere zu Versuchen herangezogen. [mb]


EU-Versuchstierrichtlinie (PDF, 131 S., 500 kB)
http://www.bmelv.de/cln_173/sid_AD1A864C54A7DEA886AE04180BDFD839/cae/servlet/contentblob/1085862/
publicationFile/87421/EU-Versuchstierrichtlinie.pdf;jsessionid=AD1A864C54A7DEA886AE04180BDFD839

www.tierschutzbund.de/eu-versuchstierrichtlinie.html
http://www.tierschutzbund.de/eu-versuchstierrichtlinie.html


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Quelle:
EU-News, 08.09.2010
Deutscher Naturschutzring e.V. (DNR)
EU-Koordination
Marienstraße 19-20, 10117 Berlin
E-Mail: eu-info@dnr.de
Internet: www.eu-koordination.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 14. September 2010