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QUAL/092: Pferdeblut für Antitoxine - Leiden für das Gegengift (tierrechte)


Magazin tierrechte - Ausgabe 4/2017
Menschen für Tierrechte - Bundesverband der Tierversuchsgegner e.V

Leiden für das Gegengift

von Alexandra Weyrather


Pferde werden auch für die Produktion von sogenannten Antitoxinen eingesetzt, die bei Vergiftungen beim Menschen zum Einsatz kommen. Auch hier werden den Tieren große Mengen Blut abgenommen. Bei der Untersuchung von Produktionsbetrieben in Indien wurden katastrophale Missstände festgestellt. Dabei gäbe es Alternativen auf Basis menschlicher Zellen.


Zur Behandlung einiger schwerwiegender bakterieller Infektionen werden spezielle Antikörper-Seren verwendet, die die Giftstoffe binden. Eine Serumtherapie mit diesen Antitoxinen ist in vielen Fällen lebensrettend. Diese werden in der Regel aus dem Blut von Pferden gewonnen, da ihnen aufgrund ihrer Körpergröße wiederholt eine große Menge Blut entnommen werden kann.


Eklatante Missstände in Indien

Neben tausenden von Pferden werden in Indien Esel und Maultiere zur Antitoxin-Herstellung gehalten. Bei der Untersuchung von zehn Antitoxin-Produktionsbetrieben 2015 wurden eklatante Missstände und Gesetzesverstöße in den Betrieben festgestellt. Viele Tiere waren verletzt, litten unter Blutarmut, geschwollenen Gliedmaßen, Huferkrankungen, Parasiten, waren unterernährt, wiesen krankhafte Veränderungen der Augen auf und waren oft blind. Es wurde keine angemessene Zahn- und Hufpflege durchgeführt.


Krank und verhaltensgestört

Die Tiere waren zudem verängstigt und zeigten deutliche Verhaltensstörungen. Kranken oder sterbenden Tieren wurde keine ärztliche Hilfe zuteil. Die Pferde wurden meist auf kargen, überbelegten Paddocks mit Betonboden gehalten, teilweise sogar angebunden. Zur Antitoxin-Herstellung werden die Pferde durch wiederholte Toxin-Injektionen hyperimmunisiert, im Prinzip geimpft. Das Immunsystem der Pferde bildet Antikörper gegen diese Toxine, die dann aus dem Blutserum gewonnen werden. Um den Pferden möglichst zügig große Blutmengen abnehmen zu können (bis zu 15 Prozent ihres Blutes), werden von den Mitarbeitern große Nadeln verwendet, die für die Tiere unnötig schmerzhaft sind.


Sinnvolle humane Alternative

Die Anwendung von heterologem (vom Tier) Antitoxin birgt gegenüber homologem (vom Menschen) gewisse Risiken. Es kann zu allergischen Reaktionen gegenüber dem Fremdserum oder sogar zur sogenannten Serumkrankheit kommen. Professor Michael Hust von der Technischen Universität Braunschweig leitet ein Projekt zur Herstellung von homologem Diphterie-Antitoxin. Das Antitoxin soll mithilfe menschlicher Zellen hergestellt werden, sodass keine Tiere mehr verwendet werden müssen. Dies ist nicht nur aus Gründen der Ethik und der Sicherheit sinnvoll. Das aus menschlichen Zellen hergestellte Serum bietet eine bessere Qualität, weniger Nebenwirkungen, eine längere Haltbarkeit und wäre weltweit besser verfügbar. Derzeit ist die Verfügbarkeit von bestimmten Antitoxinen nicht überall gegeben und es gibt im Notfall oft Schwierigkeiten, an das lebensrettende Medikament zu gelangen. Der Bundesverband wird sich für den Einsatz dieses sicheren und ethisch sauberen menschlichen Antitoxins einsetzen.

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Quelle:
Magazin tierrechte - Ausgabe 4/2017, S. 11
Menschen für Tierrechte
Bundesverband der Tierversuchsgegner e.V.
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Telefon: 0211 / 22 08 56 48, Fax. 0211 / 22 08 56 49
E-Mail: info@tierrechte.de
Internet: www.tierrechte.de
 
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veröffentlicht im Schattenblick zum 20. Januar 2018

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