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TIERVERSUCH/363: Keine Affenversuche an der Charité! (tierrechte)


tierrechte, Nr. 38 / November 2006


Infodienst der Menschen für Tierrechte

Bundesverband der Tierversuchsgegner e.V.

Tierversuchsgegner Berlin machen mobil
Keine Affenversuche an der Charité!

von Brigitte Jenner

Es fing mit einem anonymen Anruf im September 2005 an - ein Hinweis auf geplante Affenversuche in Berlin. Einen zweiten erhielten die Tierversuchsgegner Berlin und Brandenburg dann im Dezember von wissenschaftlicher Seite. Im Frühjahr 2006 wurde schließlich offiziell die Genehmigung von Hirnforschung an Affen beantragt. Doch die Berliner Tierversuchsgegner machen dagegen mobil!

Durch Internet-Recherchen und aus der Antwort auf eine von Bündnis 90/Die Grünen gestellte Kleine Anfrage an den Senat haben wir dann Näheres erfahren: Der zurzeit noch an der Universität von Newcastle in England tätige Prof. Dr. Alexander Thiele will im Rahmen einer Stiftungsprofessur an der Universitätsklinik Charité Hirnforschung an Rhesusaffen durchführen.

Genehmigung fraglich

Wir protestierten sofort. Wegen des erzeugten Widerstands in der Öffentlichkeit ließ die Charité erkennen, dass sie im Falle eines negativen Votums der Genehmigungsbehörde auf die Einrichtung der Stiftungsprofessur in Berlin verzichten werde.

Ein hoffnungsvoller Satz, denn von verschiedenen Seiten wissen wir, dass die Genehmigungsbehörde erhebliche ethische Bedenken gegen diese Versuche hat. Bündnis90/Die Grünen, CDU und PDS wollen sich nach dem Votum der Genehmigungsbehörde richten. Die SPD hat ähnliches signalisiert, aber noch nicht schriftlich bestätigt.

Die 'Tierversuchsgegner Berlin und Brandenburg' begrüßen diese Haltung sehr, zeigt sie doch, dass in Berlin eine bereits vor 15 Jahren aus ethischen Gründen ausgesprochene behördliche und politische Ablehnung gleicher Versuche sehr wahrscheinlich bestätigt wird. Offen ist noch, ob Prof. Thiele eine Ablehnung akzeptieren oder gerichtlich dagegen vorgehen wird.

Die geplanten Versuche

Thieles Ziel ist, das visuelle System im Hirn von Primaten zu erforschen. Sein Interesse gilt u. a. der Frage, wie die einzelnen Nervenzellen zusammenarbeiten, wenn z. B. Augenbewegungen durchgeführt werden. Die Versuche werden im sogenannten Primatenstuhl durchgeführt. Dabei wird der Körper der Affen festgeschnallt. Nur die Extremitäten sind frei beweglich. Der Kopf ist fixiert.


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"Menschen, die sich freiwillig am Kopf fixieren ließen, baten nach 20 Minuten darum, befreit zu werden, weil sie diese Situation nicht länger ertragen konnten", so Prof. Dr. Christiane Buchholtz von der Universität Marburg, Fachbereich Verhaltensbiologie (1998). Die Tiere jedoch werden bis zu sechs Stunden dazu gezwungen.


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Immer wieder wird von Wissenschaftlern - so auch von Prof. Thiele - behauptet, dass die Affen freiwillig in den Primatenstuhl gehen. Der nachstehende Auszug aus einem von Thiele veröffentlichten Artikel beschreibt den 'Trick' und beweist somit das Gegenteil: "In den Trainings- und Aufnahmesitzungen wurde der Affe in einem Primatenstuhl fixiert (der Kopf selbst wurde nur während der Aufnahmen fixiert), während er für eine Flüssigkeitsbelohnung (Apfelsaft) die Fixations- oder Verfolgungsaufgaben durchführte. Die Belohnungen wurden gegeben, wenn der Affe seinen Blick innerhalb eines elektronisch definierten Rasters, das auf die Fixations- oder Verfolgungsziele zentriert war, behielt. (...) Nach den Trainings- oder Experiment-Sitzungen wurde der Affe in seinen Käfig zurückgebracht. Das Körpergewicht der Affen wurde täglich beobachtet und, wenn notwendig, zusätzliches Obst oder Wasser angeboten."(*)

(*) F. Bremmer, U. J. Ilg, A. Thiele, C. Distler and K.-A Hoffmann: Eye Position Effects in Monkey Cortex. I. Visual and Pursuit-Related Activity in Extrastriate Areas MT and MST, Journal of Neurophysiology Vol. 77 No 2 Feb 1997: 944-961

Quälender Durst

Das heißt, dass die Tiere sich ihren gesamten Flüssigkeitsbedarf während der Versuche holen müssen, vermutlich, damit die Arbeitsintensität maximal ist. Nur bei Gewichtsverlusten wird zusätzliches Wasser oder Obst angeboten, um körperliche Schäden zu verhindern. Mit starkem Flüssigkeitsdefizit gehen die Affen also in den Primatenstuhl, weil sie wissen dass sie hier etwas Flüssigkeit erhalten. Sie versuchen mit aller Kraft, die geringen Mengen Saft pro 'Belohnung' zu erhalten, um ihren Durst zu stillen.

Von einer Freiwilligkeit kann also überhaupt keine Rede sein, quälender Durst zwingt die Tiere in den Primatenstuhl zu gehen und ununterbrochen zu arbeiten!

Durst ist schwerstes Leiden - und jeder von uns weiß, dass damit alles erzwungen werden kann.

Wir kämpfen solange, bis diese tierquälerischen und ethisch absolut unvertretbaren Affenversuche endgültig vom Tisch sind!

BRIGITTE JENNER

Brigitte Jenner ist Vorsitzende der Tierversuchsgegner Berlin und Brandenburg e.V., die seit vielen Jahren aktives Mitglied im Bundesverband sind.

Weitere Informationen: www.tierversuchsgegner-berlin-brandenburg.de


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Quelle:
tierrechte - Infodienst der Menschen für Tierrechte - Bundesverband
der Tierversuchsgegner e.V., Nr. 38 / November 2006, Seite 13
Herausgeber: Menschen für Tierrechte - Bundesverband der
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