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ABWASSER/199: Milchstreik - Kollateralschaden durch Milch in der Kläranlage (BBU AK Wasser)


BBU-WASSER-RUNDBRIEF Nr. 894 vom 24. Juni 2008 27. Jahrgang

Freiburger Arbeitskreis Wasser im Bundesverband Bürgerinitiativen Umweltschutz e.V. (BBU)

Milchstreik: Kollateralschaden in der Kläranlage


Der Milchlieferboykott der Bauern hat Ende Mai und Anfang Juni 2008 mehrere Kläranlagen an den Rande des Kollaps geführt. In Bayern und Baden-Württemberg häuften sich die Fälle, in denen die überschüssige Milch illegal in die Kanalisation gepumpt worden war. Eine der besonders betroffenen Kläranlagen war in Bayern die Reinigungsanlage in Altenmarkt (Kreis Traunstein).

"Es war am Dienstag um 16.30 Uhr, als Betriebsleiter Josef Sieber (55) noch einmal nach dem Rechten schauen wollte. Da sah er, dass das zu klärende Wasser weiß daherkam: Wegen der Milch, die von Bauern weggeschüttet worden war! Das ist aus gutem Grund als Umweltfrevel verboten, denn: Die Milchsäure macht das Wasser sauer, der Fettanteil raubt den Kläranlagen-Bakterien den Sauerstoff - sie ersticken. 'Milch bringt die Biologie in der Anlage total zum Kippen', sagt Sieber. Mit weiterer Konsequenz: Der Klärschlamm setzt sich nicht am Boden ab, sondern schwimmt nach oben und läuft mit dem geklärten Wasser aus. Das stinkt dann buchstäblich zum Himmel! Sieber und seine Kollegen konnten die brisante Situation gerade noch entschärfen, indem bereits überschwappender Schlamm mit dem Schrubber abgezogen wurde", berichtete die online-Ausgabe der tz am 29.05.08.

Die Belüftungspumpen hätten bis zum Anschlag arbeiten müssen, um den Sauerstoffgehalt in den Belebungsbecken trotz der enormen organischen Belastung halbwegs stabil zu halten. Nachdem die Biologie gerade noch vor dem Zusammenbrechen gerettet werden konnte, sei der Klärwärter "auf die Verursacher sauer wie verdorbene Milch" gewesen: "Wenn der Schlamm rausgelaufen wäre, dann hätte ich hier den Staatsanwalt da." Und: "Wenn so was noch mal vorkommt, setze ich mich ins Auto und fahre jeden Bauern einzeln ab und setze ihm den Kopf zurecht!" Altenmarkt sei kein Einzelfall gewesen, berichtete die tz weiter:

"Im Nachbarort Waging wurde ebenfalls notiert, dass Massen an Milch in der Kanalisation gelandet sind. Konkrete Hinweise auf viel Milch in der Kanalisation gibt es im gesamten Allgäu und in Franken. In Gefrees etwa musste die Stadt eindringlich auf das Verbot hinweisen."

Nach Angaben der Südwestpresse musste auch Helmut Weis, stellvertretender Leiter des Wasserwirtschaftsamtes in Kempten, die Landwirte zur Vernunft mahnen und sie auf drohende Schadenersatzklagen hinweisen. In einigen Kläranlagen im Allgäu sei die Milch optisch erkennbar. Milch, die nicht ausgeliefert wird, gehört nach Angaben des Wasserwirtschaftsamtes in Güllegruben oder Biogasanlagen.


Fischtod im Milchbach

Nicht nur in Kläranlagen, sondern auch in Bäche wurde überschüssige Milch entsorgt - so beispielsweise in den Schönbach bei Durchhausen im Kreis Tuttlingen (Ba.-Wü.). Dort wurden am 30. Mai 2008 Dutzende tote Fische gesichtet. Wie die BZ am 31. Mai 2008 meldete was als Ursache zunächst Farbe oder eine andere Chemikalie vermutet worden. Denn das Wasser, in dem die toten Tiere trieben, war weiß gefärbt. Weitergehende Untersuchungen ergaben, dass pure Milch den Fischen den Garaus gemacht hatte. Die Polizei interviewte alle in Frage kommenden Milchbauern im Einzugsgebiet der Schönbachs. "Alle stritten ab, mit der Sache etwas zu tun zu haben", fasste die Polizei lt. Stuttgarter Zeitung das magere Ergebnis ihrer wenig weiterführenden Befragungen zusammen.


Unser umfangreicher Pressespiegel über Pflanzenkläranlagen (Fachterminus: "Bewachsene Bodenfilter") erfüllt zwar keine wissenschaftlichen Ansprüche - hat aber den Vorteil der Allgemeinverständlichkeit. Wer sich über Pflanzenkläranlagen informieren will, bekommt den Pressespiegel gegen Voreinsendg. von 10 (V-Scheck; bar).


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Quelle:
BBU-WASSER-RUNDBRIEF - Nr. 894/2008
Herausgeber:
Freiburger Arbeitskreis Wasser im Bundesverband
Bürgerinitiativen Umweltschutz e.V. (BBU)
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© Freiburger Ak Wasser im BBU


veröffentlicht im Schattenblick zum 20. Februar 2009